Die Formel 1 erlebt in den USA einen Boom. An diesem Wochenenede dreht die Königsklasse des Motorsports erstmals in Miami ihre Runden. Machen Mercedes und Lewis Hamilton einen ersten Schritt aus der Krise?
Lange hatte die Formel 1 einen schweren Stand in den USA. Neben den vier Hauptsportarten Football, Baseball, Basketball und Eishockey spielte sie auf dem grössten Sportmarkt der Welt höchstens eine Nebenrolle. Und wenn sich im Land der unbegrenzten Möglichkeiten jemand für schnelle Autos interessierte, dann pilgerte er oder sie eher zu den Rennen der Nascar oder der IndyCarSerie.
Über viele Jahre versuchte der frühere Chef-Vermarkter Bernie Ecclestone vergeblich, in Nordamerika ein grösseres Publikum zu gewinnen. Erst seit der amerikanische Konzern Liberty Media vor sechs Jahren das milliardenschwere Imperium übernommen hat, änderte sich in dieser Hinsicht etwas. Mittlerweile ist das Interesse an der Formel 1 auch in den USA massiv gestiegen.
Die Fangemeinde ist in den letzten Jahren enorm gewachsen. Das zeigt sich auch bei den TV-Einschaltquoten, die sich den Zahlen der IndyCar- und Nascar-Rennen annähern. Auch die Organisatoren vor Ort dürfen mit den Ticketverkäufen zufrieden sein. Im Vorjahr füllten fast 400'000 Zuschauer die Tribünen beim Grand Prix der USA in Austin.
Premiere in Miami ausverkauft
Auch für die Premiere in Miami an diesem Wochenende ist das Interesse gross. Das fünfte Saisonrennen wird ausverkauft sein. Die 240'000 Eintrittskarten waren im Nu vergriffen. Auch vor den hohen Ticketpreisen – nirgends sonst muss man so tief in die Taschen greifen – schreckten die Fans nicht zurück. Da stört es auch nicht, dass kein Fahrer aus den eigenen Reihen kommt, obschon mit Haas eigentlich ein amerikanisches Team am Start steht.
Die Zuschauer dürfen sich auf ein Spektakel einstellen, auf einem Kurs, der nicht wie ursprünglich geplant durch die Strassen von Downtown Miami führt, sondern von Grund auf aus dem Boden gestampft wurde. Eingebettet ist die Strecke mit ihren 19 Kurven, drei längeren Geraden und ebenso vielen DRS-Zonen in das Stadiongelände des NFL-Teams Miami Dolphins. Die Erbauer der Anlage scheuten keinen Aufwand; sie legten unter anderem eigens einen künstlichen Jachthafen inklusive Sandstrand an. Natürlich durften auch die Palmen im sonnenverwöhnten Florida nicht fehlen.
Findet Mercedes einen Weg aus der Krise?
Unten durch muss derzeit Lewis Hamilton. Die neue Auto-Generation hat aus dem Dominator einen chancenlosen Mitfahrer in den ersten vier Rennen gemacht. Der Rekordweltmeister fährt derzeit auf der Kriechspur. Für den erfolgsverwöhnten Engländer ist im Moment nicht der Sieg, sondern der Weg das Ziel, der Weg, der ihn zurück an die Spitze führen soll.
Dieser Weg hält einige Hindernisse bereit. Der Wagen mit der Bezeichnung W13 kränkelt an vielen Stellen. «Wir haben zu viele Teile am Auto, die nicht funktionieren, die wir nicht verstehen», sagt Teamchef Toto Wolff. «Wir können das Potenzial des Autos, aus welchen Gründen auch immer, im Moment nicht abrufen. Mit Lewis und George (Russell) haben wir zwei der besten Fahrer. Ich werde es deshalb nicht zulassen, dass wir mit einer Sekunde Rückstand im Niemandsland herumfahren.»
Die Schwachpunkte des W13 können, wenn überhaupt, nur schrittweise ausgemerzt werden. Eine Rundum-Lösung halten sie bei Mercedes für unmöglich, und selbst Verbesserungen sind nicht der Weisheit letzter Schluss. Das Gefahrenpotenzial, mit weiteren Anpassungen am Auto wieder in die falsche Richtung zu zielen, ist für Wolffs Leute latent.