«Dann hätte man das Rennen sicher durchgepeitscht» Die Stimmen der Direktbeteiligten auf die aufgeschobene Olympia-Abfahrt 

Luca Betschart

6.2.2022

Bruno Kernen: «Für die Fahrer ist das eine grosse mentale Herausforderung»

Bruno Kernen: «Für die Fahrer ist das eine grosse mentale Herausforderung»

Wegen zu starker Winde wurde die Olympia-Abfahrt der Männer heute erst immer weiter nach hinten verschoben und schliesslich abgesagt. Im Interview mit blue News erzählt der Weltmeister von 1997, was in solchen Momenten in einem Athleten vorgeht.

06.02.2022

Stundenlang warten die Ski-Cracks am Sonntag, um am Ende doch nicht zur Olympia-Abfahrt starten zu können. Die Reaktionen der Direktbeteiligten auf eine Verschiebung mit Konsequenzen. 

Luca Betschart

Während die FIS nach dem abgebrochenen letzten Training von einigen Athleten noch harsch kritisiert wird, erhält sie für ihren Entscheid am Sonntag, die Olympia-Abfahrt zu verschieben, viel Zuspruch. Für ein faires Rennen nehmen die Fahrer und Betreuer offensichtlich auch die stundenlange Warterei gerne in Kauf. Genau wie die Tatsache, dass nun ein dichtgedrängtes Programm mit der Abfahrt am Montag und dem Super-G am Dienstag wartet. Die Reaktionen sprechen für sich.   



Die Fahrer

Abfahrts-Weltmeister Vincent Kriechmayr: «Im Sinne der Fairness ist das sicher die richtige Entscheidung. Da ist keine Tragik dahinter, das ist für uns Abfahrer ein tägliches Brot.»

Österreich-Hoffnung Daniel Hemetsberger: «Ein unfaires Rennen wollen wir nicht. Olympiasieger wird wahrscheinlich trotzdem einer von den fünf grossen Jungs, die können das recht gut kompensieren. Aber wenn einer von denen eine Böe hat, ist das auch nicht fair.»

Rückkehrer Kjetil Jansrud: «Ich glaube, das Warten war für alle okay. Es ist gut für die Athleten, wenn es stündlich Entscheidungen gibt. So wie es heute war, ist es mehr oder weniger perfekt, wenn man mit Rennabsagen zu tun hat. Wir haben Karten gespielt und es ganz ruhig genommen. Mal schauen, wie es morgen weiter geht.»

Deutschlands Aushängeschild Romed Baumann: «Lieber kein Rennen als ein unfaires Rennen.»

Mitfavorit Matthias Mayer: «Wir haben uns darauf eingestellt, dass es länger dauern kann. Die FIS entscheidet da richtig, es ist wirklich sehr windig. (…) In erster Linie ist wichtig, dass es geht. Ob es dann genau zwischen den beiden Riesenslalom-Läufen (der Frauen) geht und windstill ist – windstill wird es sowieso nie sein. Aber dass der Wind so ist, dass es nicht gefährlich und fahrbar ist, wäre schon gut.»

Marco Odermatt: «Morgen der nächste Versuch!»

Marco Odermatt meldet sich nach der Verschiebung der Abfahrt auf Instagram zu Wort.
Marco Odermatt meldet sich nach der Verschiebung der Abfahrt auf Instagram zu Wort.
Bild: Printscreen Instagram

Betreuer, Verantwortliche und Experten

Christian Schweiger, deutscher Bundestrainer: «Das ist eine absolut gute Entscheidung. Es ist nach wie vor extrem windig. Aus Sicht der Sicherheit und auch der Fairness war das die richtige Entscheidung. Die Windböen waren im Bereich von 50, 60 Kilometern pro Stunde.»

Tom Stauffer, Swiss-Ski-Trainer: «Sobald ein Rennen abgesagt ist, ist die Spannung weg. Morgen müssen wir sie wieder aufbauen. Aber das sind wir uns gewohnt aus dem Weltcup. Das ist keine grosse Sache.»

Pistenbauer Bernhard Russi: «Wenn heute die letzte Chance für diese Abfahrt gewesen wäre, hätte man das Rennen sicherlich durchgepeitscht. Aber weil wir ja erst am Anfang dieser Spiele stehen, hat sich die Jury für eine Verschiebung entschieden. In der Hoffnung, dass der Wind am Montag nachlässt.»

Bruno Kernen, Ex-Weltmeister und blue-Experte: «Das sind Profis, die kennen ein solches Szenario und wissen, wie sie damit umgehen müssen. Man muss aber auch sagen, dass es Fahrer gibt, die mit Verschiebungen besser umgehen können als andere. Das ist sehr individuell und nicht immer ganz einfach. Die mentale Herausforderung ist definitiv da.»