Evelina Raselli ist eine von vier Schweizerinnen in Peking, die schon beim Gewinn von WM-Bronze 2012 und Olympia-Bronze 2014 dabei war. Die 29-Jährige spielt als erste Schweizerin in der «Frauen-NHL».
Raselli wurde im Sommer von den Boston Pride gedraftet. Als sie vorgängig davon erfuhr, wusste sie zunächst gar nicht, was das bedeutet. «Ich bin nicht mehr die Jüngste und hatte nicht damit gerechnet», sagt sie im Gespräch mit der Nachrichtenagentur Keystone-SDA.
War es für sie sofort klar, dass sie diesen Schritt wagen würde? «Es war sicher kein Schnellentscheid, schliesslich habe ich in der Schweiz 90 Prozent gearbeitet.» Sie kam jedoch zum Schluss, dass ein Wechsel in die Premier Hockey Federation (PHF), so heisst die 2015 unter dem Namen National Women's Hockey League (NWHL) gegründete Liga seit dieser Saison, die bestmögliche Vorbereitung im Hinblick auf die Olympischen Spiele in Peking sei.
Sie sieht die Saison bei den Pride als Herausforderung und Abenteuer an. «Klar geht es ums Eishockey, aber auch darum, die gesamte Erfahrung zu geniessen», so Raselli.
Ein anderes Gefühl
In Boston ist sie Profi. Der Verein kümmerte sich um alles – sie wohnt zusammen mit einer kanadischen Teamkollegin. Und sie erhält einen kleinen Lohn. Zweimal in der Woche steht am Morgen ein Skills-Training auf dem Programm, ansonsten nutzt sie die Zeit vor dem Mittag, um an ihrer Physis zu arbeiten. Am Abend geht sie dann mit dem Team aufs Eis. An die Auswärtsspiele fliegt die Mannschaft.
«Das Frauen-Eishockey wird in Nordamerika ganz anders wahrgenommen. In der Schweiz habe ich das Gefühl, dass mich die Leute eher schräg anschauen, wenn ich mit der Eishockey-Tasche herumlaufe. In den USA wirst du angesprochen», erzählt Raselli und fährt fort: «In meiner ersten Partie, einem Freundschaftsspiel, kamen 3000 oder 4000 Zuschauer. An unseren Heimspielen am Samstagabend sind es 2000, 3000. Das ist schon schön und gibt dir ein anderes Gefühl.»
Selbstredend ist auch das Niveau deutlich höher als hierzulande. «Es fängt schon im Training an, in dem die Intensität hoch ist. Alle Spielerinnen in der Liga sind gut», sagt Raselli. Allerdings besteht die PHF bloss aus sechs Mannschaften, und da viele Partien wegen Covid verschoben werden mussten, bestritt die in Poschiavo geborene Stürmerin bisher erst elf Spiele, in denen ihr ein Tor gelang.
Noch Steigerungspotenzial
Rasellis Vertrag mit den Pride endet nach der Saison, wie es danach weitergeht, weiss sie noch nicht. Zunächst einmal will sie am Mittwoch mit dem Schweizer Nationalteam im Spiel um Platz 3 gegen Finnland die zweite Olympia-Medaille nach 2014 gewinnen – in der Vorrunde gewannen die Schweizerinnen gegen den WM-Dritten 3:2.
«Wir haben viele verschiedene Persönlichkeiten im Team, die sich gut ergänzen», sagt Raselli, die Centerin des zweiten Blocks. Sie selber hat noch einige Luft nach oben, blieb sie doch bislang ohne Skorerpunkt und verzeichnet sie mit -13 die zweitschlechteste Plus-Minus-Bilanz bei den Schweizerinnen. Vielleicht aber hat sie sich das Beste für den Schluss aufbewahrt.