Flucht nach Polen geglückt Flucht nach Polen geglückt – Timanowskaja ruht sich «an sicherem Ort» aus

DPA / jar

5.8.2021

Weil sie nach kritischen Äusserungen die Rache der belarussischen Behörden fürchtete, suchte Olympia-Sportlerin Kristina Timanowskaja den Schutz der Polizei in Tokio. Nach tagelangen Strapazen ist sie nun im EU-Exil angekommen.

DPA / jar

5.8.2021

Die belarussische Leichtathletin Kristina Timanowskaja ist nach ihrer Abreise von den Olympischen Spielen in Polen an einem sicheren Ort. Die 24-Jährige ruhe sich nun aus, sagt der polnische Vize-Aussenminister Marcin Przydacz nach einem Bericht der Nachrichtenagentur PAP am Donnerstag: «Wir hoffen, dass ihr Ehemann bald zu ihr stösst. Anschliessend wird sie entscheiden, wie es weitergeht.»

Timanowskaja war am Mittwochabend nach einem Zwischenstopp in Wien in Warschau gelandet. Polen hat der Sportlerin und ihrem Mann Arseni Sdanewitsch humanitäre Visa ausgestellt. Dort kann sie nun im Exil bleiben.

«Kristina Timanowskaja ist sicher in Warschau gelandet», schrieb Przydacz nach ihrer Ankunft am Mittwochabend. Die 24-Jährige danke allen Helfern. «Polen hat ein weiteres Mal seine Solidarität und Hilfsbereitschaft unter Beweis gestellt.»

Nach eigenen Angaben sollte Timanowskaja nach einem Konflikt mit Sportfunktionären bei den Olympischen Spielen in Tokio gegen ihren Willen in ihr Heimatland zurückgebracht werden, das von Präsident Alexander Lukaschenko autoritär regiert wird. Timanowskaja wirft den belarussischen Behörden vor, sie hätten sie entführen wollen. Nach öffentlicher Kritik an Sportfunktionären ihres Heimatlandes wäre sie in Belarus in Gefahr gewesen, sagt die 24-Jährige.



Deshalb hatte sie zunächst Schutz bei der japanischen Polizei und dann in der polnischen Botschaft in Tokio gesucht. Polen gewährte ihr – und später auch ihrem Ehemann – ein humanitäres Visum. Das Internationale Olympische Komitee (IOC) setzte eine Disziplinarkommission zur Aufklärung des Falls ein.

Unruhen in Belarus reissen nicht ab

Die belarussische Opposition sieht den Fall Timanowskaja als weiteren Beleg dafür, dass Belarussen auch im Ausland Angst um ihre Sicherheit haben müssen. Ende Mai hatte der Fall des Bloggers Roman Protassewitsch international für Aufsehen gesorgt. Protassewitsch wurde festgenommen, nachdem die Linienmaschine, in der er sich befand, in der belarussischen Hauptstadt Minsk zur Landung gezwungen worden war. Der Westen verhängte danach neue Sanktionen gegen die weitgehend isolierte Ex-Sowjetrepublik.



Am Dienstag wurde ausserdem der in die Ukraine geflohene belarussische Aktivist Witali Schischow erhängt in einem Kiewer Park aufgefunden. Lukaschenkos Gegner sind sich sicher, dass er umgebracht wurde. Die ukrainische Polizei ermittelt wegen Mordes.

Seit Monaten geht der belarussische Machthaber Lukaschenko hart gegen Andersdenkende, unabhängige Medien und Nichtregierungsorganisationen vor. Seit Mittwoch steht in Minsk die prominente Oppositionelle Maria Kolesnikowa vor Gericht, die vor der weithin als gefälscht geltenden Präsidentenwahl vor rund einem Jahr im Trio mit Swetlana Tichanowskaja und Veronika Zepkalo berühmt geworden war. Der 39-Jährigen, die lange als Kulturmanagerin in Stuttgart gearbeitet hat, drohen bis zu zwölf Jahre Haft.

Bei Protesten in den Monaten nach der Wahl gab es in Belarus mehrere Tote, Hunderte Verletzte und Tausende Festnahmen. Die EU erkennt den 66-jährigen Lukaschenko nicht mehr als Präsidenten an.

Kristina Timanowskaja am Mittwoch bei ihrem Zwischenstopp in Wien.
Kristina Timanowskaja am Mittwoch bei ihrem Zwischenstopp in Wien.
Bild: Keystone