Dominic Lobalu, nach seinen Bronze- und Gold-Coups an der EM in Rom jeweils lange in die Schweizer Fahne gehüllt, läuft auch an den Olympischen Spielen jedoch für das Flüchtlingsteam.
Dominic Lobalu blickt auf einen emotionalen und turbulenten Saisonbeginn zurück. Erst Mitte Mai erhält er von World Athletics nach jahrelangem juristischen und verbandspolitischen Gezerre die Startberechtigung an internationalen Titelkämpfen für die Schweiz, einen Monat später ist er bereits Europameister über 10'000 m und Dritter über 5000 m. Viele Menschen interessieren sich jetzt für seine inspirierende Geschichte, Medienanfragen aus der ganzen Welt gelangen an sein Management, diverse Organisatoren von Meetings oder Läufen wollen ihn verpflichten.
Und als Gegenpol versetzt ihm das IOC einen Dämpfer. Weil Lobalu (noch) keinen Schweizer Pass besitzt, darf er im Zeichen der fünf Ringe nicht für die Schweiz starten, sondern wird Teil des olympischen Flüchtlingsteams (EOR) – sofern er das will. Der im Südsudan geborene Lobalu hatte sich 2019 in Genf von dieser Truppe abgesetzt, um in der Schweiz Asyl zu beantragen und sich eine eigene Existenz aufzubauen, was er in der Ostschweiz auch geschafft hat. Lobalu nahm die Einladung für Paris nach Bedenkzeit an, anders hätte er sich seinen Olympia-Traum nicht erfüllen können.
Vom Schweizer Staff betreut
Ob er nun unter der IOC-Flagge oder im Schweizer Dress startet, viel ändert sich in der Praxis nicht. Lobalu wohnt mit dem Schweizer Team im olympischen Dorf, sein erster Ansprechpartner bleibt Trainer Markus Hagmann, die Vorbereitungen fanden in St. Moritz statt, die Akklimatisierung erfolgte in St. Gallen und auch die Wahl der Disziplin legte er mit Hagmann fest. Die 5000 m.
«Viele meinen, Dominic sei wegen der Goldmedaille ein 10'000-Meter-Spezialist. Aber wir haben uns bereits Anfang Jahr auf die 5000 Meter festgelegt», sagt Hagmann. Der Coach betont, für einen 10'000-m-Lauf in Paris hätte Lobalu in den letzten zwei Monaten anders trainieren müssen. 13 (!) Läufer blieben beim 10'000-m-Final vom Freitagabend unter 27 Minuten. Lobalu hat diese Marke noch nie durchbrochen – weil er sich eben noch nie spezifisch auf diese Distanz vorbereitet hat. Von 5000 m auf 10'000 m wechselt man nicht einfach so.
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Beim 5000-m-Vorlauf vom Mittwochvormittag müsste Lobalu den Cut überstehen, auch dank seiner Endschnelligkeit. Im Final vom Samstagabend aber wird die Luft dünn werden. Europa ist nicht gleich Afrika. Lobalu hatte Ende Mai beim Meeting in Oslo gezielt den Schweizer Rekord ins Visier genommen und diesen auf 12:50,90 Minuten gesenkt. Dies reichte in Norwegen zu Platz 7, mit 15 Sekunden Rückstand.
Und bei einem taktischen Rennen sind andere Gegner da, allen voran Jakob Ingebrigtsen. Der 1500-m-Olympiasieger will nach zwei Goldmedaillen bei den Weltmeisterschaften nun erstmals auch bei Olympia über 5000 m triumphieren. Relativ souverän gewann der Norweger bei der WM 2022 und 2023 den Titel. Das dürfte in Paris etwas schwieriger werden. Jacob Kiplimo aus Uganda und die starken Äthiopier um Landesrekordhalter Hagos Gebrhiwet sind in dieser Saison schon absolute Weltklasse-Zeiten gelaufen. Und auch der Kenianer Jacob Krop sowie der Amerikaner Grant Fisher dürften eine Rolle spielen. Oder sorgt gar der in den USA lebende Guatemalteke Luis Grijalva für eine Überraschung?