Tom Pidcock holt Olympia-Gold auf dem Mountainbike. Der Brite hat mit einem Defekt erst Pech – und zeigt kurz vor Schluss ein waghalsiges Überholmanöver, welches ihm doch noch den dramatischen Sieg einbringt.
Keine Zeit? blue News fasst für dich zusammen
- Die Schweizer Trümpfe Nino Schurter und Mathias Flückiger stechen nicht und bleiben beim Cross-County-Rennen ohne Medaille.
- Der Sieg geht an den Briten Tom Pidcock, der nach einem Defekt ein sensationelles Comeback zeigt.
- Den Sieg sicherte sich Pidcock durch eine riskantes Überholmanöver kurz vor Schluss.
Nach den Frauen bleiben auch die Schweizer Männer ohne Medaille im olympischen Cross-Country-Rennen. Mathias Flückiger wird Fünfter, Nino Schurter Neunter. Die Schweizer Mountainbiker bleiben damit erst zum zweiten Mal nach 2004 ohne Edelmetall an den Sommerspielen.
Gold holte sich wie erwartet der grosse Topfavorit Thomas Pidcock, und dies trotz beträchtlichem Zeit- und Positionsverlust aufgrund eines Plattens. Der 24-jährige Brite setzte sich nach einem grenzwertigen Manöver kurz vor dem Ziel vor dem Franzosen Victor Koretzky durch. Bronze ging an den Südafrikaner Alan Hatherly.
Der englische Rad-Allrounder Pidcock, der schon 2021 in Tokio im Cross-Country triumphiert hatte und amtierender Mountainbike-Weltmeister ist, griff bereits in der zweiten von acht Runden an und setzte sich ab. Durch einen Platten fiel wieder zurück und musste zur Aufholjagd ansetzen, um den Anschluss an die Medaillenränge wieder zu schaffen. Im packenden Finish schien Koretzky im Duell mit Pidcock nach einem erfolgreichen Konterangriff zunächst die Nase vorne zu haben. Dann konterte Pidcock jedoch noch einmal, indem er mit einem Antritt im letzten Waldstück sein Vorderrad vor Koretzky brachte und diesem den Weg abschnitt. Von den mehrheitlich französischen Fans wurde Pidcock im Ziel ausgepfiffen.
Für Koretzky, der stark in die Saison startete und den Gesamtweltcup nach vier Stationen anführte, ehe er durch eine Corona-Erkrankung ausgebremst wurde und sich bis Paris vom Wettkampf-Geschehen zurückzog, ist auch Olympiasilber der grösste Karriere-Erfolg. WM-Bronze 2021 war zuvor die einzige Silberware des zweifachen Weltcupsiegers an Titelkämpfen.
Flückiger knapp, Schurter deutlich geschlagen
Flückiger und Schurter fuhren zu Beginn an der Spitze, hatten der Tempoverschärfung von Pidcock zu Beginn der zweiten von acht Runden in der Hitze Frankreichs aber nichts entgegenzusetzen und mussten auch anderen Fahrern den Vortritt lassen.
Während sich Pidcock wieder in die Medaillenränge und an die Spitze zurückkämpfte, musste Flückiger den 24-jährigen Engländer in der drittletzten Runde ziehen lassen. «Ich habe mehr erwartet. Aber mit der Leistung bin ich grundsätzlich zufrieden. Ich hatte nirgends einen grossen Hänger drin, über den ich mich ärgern müsste. Ich und mein Team machten im Vorfeld, was wir konnten. Vielleicht habe ich in den Abfahrten etwas zu wenig riskiert, nachdem ich die vielen Defekte im Rennen der Frauen gesehen habe. Ein 5. Rang ist aber auch kein mega schlechtes Ergebnis», so Flückiger.
Der sichtlich leidende Schurter hingegen büsste früh an Terrain ein. Nach den Rängen 3 (2008), 2 (2012), 1 (2016) und 4 (2021) resultierte für den 38-jährigen Bündner an seinen fünften Sommerspielen als Neunter schliesslich das schlechteste aller guten Olympia-Ergebnisse. Auch ein weiteres Olympia-Diplom blieb dem Mountainbike-Rekordmann verwehrt.
«Es geht mir emotional nahe, weil ich weiss, dass es meine letzten Olympische Spiele waren. Ich habe alles gegeben bis zum Schluss, fand aber von Anfang nicht richtig ins Rennen. Ich war immer ein bisschen hintendrein, fühlte mich von Anfang an nicht wohl auf dieser Strecke und fand nie in den Flow. Irgendwie sollte es heute nicht sein. Im Wissen, dass es mein letztes Mal würde, war es vielleicht alles ein bisschen zu viel. Ich hoffe, dass das letzte Mal nicht überall so sein wird wie hier», meint Schurter.
Überdies verpasste es der ungewohnt fehlerhaft fahrende zehnfache Weltmeister und neunfache Gesamtweltcupsieger, sich mit einer vierten Medaille zum erfolgreichsten Schweizer Olympioniken der Neuzeit zu küren und Fabian Cancellara mit einer zweiten Goldmedaille und dem schon kompletten Medaillensatz als erfolgreichsten Schweizer Radsportler an Sommerspielen abzulösen.