Das Schweizer Olympia-Team ist hochklassig, seine Erfahrung ein grosses Plus. Die nach Peking reisende Equipe errang bereits 16 Olympiasiege – und 37 Olympia-Medaillen. Dafür verantwortlich waren insgesamt 26 Athletinnen und Athleten. So steht es dieses Mal um ihre Chancen.
Dario Cologna (4 x Gold)
An den letzten drei Olympischen Spielen (2018, 2014, 2010) holte der Langläufer Dario Cologna jeweils Gold über 15 km klassisch, dazu kommt ein weiteres Gold mit 2014 in Sotschi im Skiathlon. Damit ist der Bündner zusammen mit Simon Ammann der erfolgreichste Schweizer Olympionik aller Zeiten und auch der erste Langläufer in der Geschichte der Winterspiele, der dreimal in Folge in der gleichen Disziplin Gold gewinnen konnte. Zudem ist Cologna auch der erste Schweizer Langläufer überhaupt, der Olympiasieger wurde.
Zum Abschluss seiner Karriere gehört der Münstertaler an seinen vierten Olympischen Spielen in Peking nicht mehr zu den Favoriten und somit auf dem Papier auch nicht zu den Medaillenkandidaten. Doch unterschätzen sollte man den 35-Jährigen trotzdem nicht. Er selbst sieht seine grössten Chancen auf ein weiteres Edelmetall durch einen Exploit mit der Staffel.
Simon Ammann (4 x Gold)
1998, 2002, 2006, 2010, 2014, 2018 und jetzt 2022: Der Skispringer Simon Ammann bestreitet in Peking seine siebten Olympischen Spiele. Niemand aus der Schweiz hat als Aktiver so viele Olympiateilnahmen zu verzeichnen wie der 40-jährige Toggenburger. 2002 in Salt Lake City und 2010 in Vancouver gewann Ammann jeweils zweimal die Goldmedaille, sowohl auf der Normalschanze wie auch auf der Grossschanze.
Ähnlich wie Cologna muss auch Ammann im Spätherbst seiner Karriere kleinere Brötchen backen, auch er gehört nicht zu den Medaillenanwärtern. Doch bei «Simi» weiss man letztlich nie, 2002 hatte ihn auch niemand auf der Rechnung.
Wendy Holdener (1 x Gold, 1 x Silber, 1 x Bronze)
Die Skifahrerin räumte 2018 in Pyeongchang einen kompletten Medaillensatz ab: Gold mit dem Team, Silber in ihrer Spezialdisziplin Slalom und Bronze in der Kombination. Ähnliches ist ihr auch in der nächsten asiatischen Olympia-Station durchaus zuzutrauen, vom Rückstand nach der durch ihre Hand-Verletzung gestörten Saison-Vorbereitung ist nichts mehr zu sehen, die Formkurve der Schwyzerin zeigt nach oben.
Nevin Galmarini (1 x Gold, 1 x Silber)
Der Alpin-Snowboarder holte sein erstes Edelmetall 2014 in Sotschi mit Silber und schaffte die Krönung 2018 in Pyeongchang mit einer souveränen Gold-Darbietung. Nun würde der im Engadin lebende Ostschweizer im Parallel-Riesenslalom gerne ein drittes Mal zuschlagen, doch die Voraussetzungen dafür sind nicht optimal.
Wegen seiner latenten Rückenprobleme war eine geordnete Saison nicht möglich und zuletzt verunmöglichte eine Covid-Infektion auch noch den Start am Heimweltcup in Scuol. Und trotzdem: Der 35-Jährige ist ein akribischer Perfektionist und auch ein Mann, der weiss, was es braucht, um am wichtigsten Tag der Saison über sich hinauszuwachsen.
Ramon Zenhäusern (1 x Gold, 1 x Silber)
Skifahrer Ramon Zenhäusern schlug 2018 in Pyeongchang doppelt zu. Neben Gold mit dem Team überraschte er mit Silber in seiner Spezialdisziplin Slalom. Der Einstieg in die Olympia-Saison 2021/22 war für den Walliser wegen gesundheitlichen Problemen schwierig, dann gab es ein starkes Zeichen mit dem 4. Rang in Adelboden, doch wirklich auf Touren kommt der Walliser seither nicht mehr, die Resultate waren enttäuschend.
Die Spitze im Slalom ist aber derart breit momentan. Es gibt mindestens 15 Medaillenkandidaten – und an einem guten Tag gehört auch Zenhäusern dazu.
Michelle Gisin (1 x Gold)
Sie gilt als die kompletteste Skifahrerin und hat dies 2018 verdientermassen mit der olympischen Goldmedaille in der Kombination gekrönt. Auch 2022 scheint für die Allrounderin vieles möglich und doch sollte man in sie nicht übertriebene Hoffnungen setzen. Das Pfeiffersche Drüsenfieber hat der Engelbergerin im Sommer arg zugesetzt, unter den Folgen leidet sie noch heute.
Entsprechend wird sie in China mit ihren Kräften haushalten müssen. Wegen der schwierigen Zeit, die Gisin durchmachte, wäre eine weitere Medaille ein fast schon kitschig schönes Olympia-Märchen.
Sarah Hoefflin (1 x Gold)
Mit ihrem Slopestyle-Gold sorgte die Freeskierin 2018 für einen wahren Olympia-Paukenschlag, zumal sie mit Teamkollegin Mathilde Gremaud auch noch einen Doppelsieg feiern konnte. Nun geht die Genferin vier Jahre später die Titelverteidigung an. Dass sie erneut Ambitionen haben darf, zeigen ihre guten Resultate in diesem Winter.
Doch zuletzt erlebte Hoefflin einen Rückschlag. Nach einem Sturz beim Einfahren an den X-Games litt sie unter Kopfschmerzen und trat zu den Wettkämpfen nicht an. Bleibt zu hoffen, dass sie bis zum Olympia-Start wieder bei 100 Prozent ist.
Luca Aerni (1 x Gold)
Auch Skifaher Luca Aerni gehörte zur Equipe, die 2018 Team-Gold holte. Die Spiele 2022 können durchaus für Zuwachs in seiner Medaillensammlung sorgen. Optionen gibt es für ihn mehrere (Slalom, Kombination, Team). Und was für Zenhäusern gilt, das gilt ebenso für den Berner: Auch Aerni ist gut für eine Medaille in seiner Spezialdisziplin Slalom, wenn am Tag X beim Mann mit dem schnellen Schwung alles zusammenpasst.
Daniel Yule (1 x Gold)
Wie Holdener, Zenhäusern und Aerni 2018 beim Ski-Gold im Team-Event dabei. Vom damaligen Erfolgs-Quintett ist einzig die zurückgetretene Denise Feierabend in Peking nicht mehr mit von der Partie. Und auch bei Yule darf man Hoffnungen haben und dies vor allem auch in seiner Spezialdisziplin Slalom. Nach einer schwierigen Saison 2020/21 hat er sich zuletzt wieder seinem Topniveau angenähert und in Wengen den Weg auf das Podest wiedergefunden.
Patrizia Kummer (1 x Gold)
Sie triumphierte 2014 im Parallel-Riesenslalom. Doch zuletzt gehörte die Walliserin aufgrund ihrer jüngsten Ergebnisse nicht mehr zu den heissesten Trümpfen unserer Alpin-Snowboard-Crew. In Peking ist sie nun ein spektakulärer Spezialfall, der auch international für Schlagzeilen sorgt. Mehr noch als ihr Olympiasieg vor acht Jahren.
Da sich Kummer aus persönlichen Gründen nicht gegen Covid impfen lassen möchte, muss sie sich vor Ort einer 21-tägigen Quarantäne unterziehen und kann während dieser Zeit auch nicht auf Schnee trainieren. Ob unter Berücksichtigung all dieser Punkte wirklich ein Top-Resultat möglich sein wird, ist mehr als fraglich, würde aber weit über die Landesgrenze hinaus für viel Beachtung sorgen.
Beat Feuz (1 x Silber, 1 x Bronze)
2018 holte das Ski-Ass in seiner zweiten Disziplin Super-G Silber und in der Abfahrt Bronze. Zu den heissen Eisen im Feuer gehört der Schangnauer auch in China wieder. Nach seinem Sieg am vergangenen Sonntag in Kitzbühel erst recht. Feuz hat mit seinem insgesamt dritten Triumph beim Klassiker rechtzeitig vor den Olympischen Spielen einen zusätzlichen Vertrauensschub erhalten, nachdem zuvor in seiner Saison für einmal nicht alles nach Wunsch lief.
Martin Rios/Jenny Perret (1 x Silber)
Sie waren ein Farbtupfer der Olympischen Spiele 2018. Martin Rios, der sein Herz auf der Zunge trägt und seine ebenfalls nicht um Antworten verlegene Curling-Partnerin Jenny Perret, die bei der olympischen Premiere des Mixed Wettbewerbes zu den «Chiflers» wurden und es dadurch immer wieder in die Schlagzeilen schafften. Letztlich auch mit einem Happy-End durch olympisches Silber. Nun will das Duo erneut nach den Medaillen greifen, die Konkurrenz ist aber zweifellos grösser geworden.
Mathilde Gremaud (1 x Silber)
Neben Olympiasiegerin Sarah Höfflin ist mit Mathilde Gremaud auch die Silber-Frau des Freeski-Slopestyles von 2018 wieder mit von der Partie. Zunächst hatte sie in dieser Saison mit einigen Verletzungen zu kämpfen. Was bei ihr jedoch nichts heissen muss – auch vor vier Jahren kehrte die Freiburgerin frisch von einer Verletzungspause zurück und reüssierte trotzdem. Bei der Generalprobe für Peking lief es für Gremaud bereits wieder sehr gut – an den X-Games holte sie Silber im Slopestyle.
Selina Gasparin (1 x Silber)
Ihre Resultate in dieser Saison waren zumeist äusserst bescheiden, ein wirklicher Exploit ist bislang ausgeblieben. Immerhin kann die 37-jährige Bündnerin in Peking von ihrer Olympischen Erfahrung zehren, sie bestreitet in China bereits ihre vierten Winterspiele. Und eine Biathlon-Legende wird die älteste der Gasparin-Schwestern durch den Gewinn der ersten olympischen Biathlon-Medaille 2014 für die Schweiz ohnehin für immer bleiben.
Fanny Smith (1 x Bronze)
Sie wäre zweifellos einer unserer heissesten Trümpfe und hätte es anhand ihrer konstanten Topleistungen verdient, nach 2018 eine zweite Olympia-Medaille im Skicross einzufahren. Doch Mitte Januar stürzte die Westschweizerin beim Weltcup in Nakiska, zog sich eine Knieverletzung zu und musste anschliessend pausieren. Peking lässt sie sich nicht entgehen – doch wie leistungsfähig wird Fanny Smith bereits wieder sein können?
Lara Gut (1 x Bronze)
Schon so vieles hat unser Ski-Star Lara Gut schon gewonnen, unter anderem ist sie zweifache Weltmeisterin und nennt insgesamt acht WM-Medaillen ihr eigen. Doch auf Stufe Olympia konnte sie ihr Potenzial bislang noch nicht wunschgemäss umsetzen, die Bronzemedaille von 2014 in der Abfahrt ist bislang die einzige Ausbeute.
Nun stehen die Chancen günstig, dass diese sich erhöht, auch wenn die aktuelle Saison für die Tessinerin bislang gesundheitlich und moralisch ein stetiges Auf und Ab war. Aber warum nicht beim Saisonhöhepunkt in Bestverfassung sein? So wie vor einem Jahr an der WM in Cortina?
Peter de Cruz, Valentin Tanner, Benoît Schwarz (1 x Bronze)
Wie 2018 vertritt wieder der CC Genf die Schweiz wieder an den Olympischen Spielen im Curling-Wettbewerb der Männer. Vom damaligen Quartett, das in Südkorea Bronze holte, sind Skip Peter de Cruz, Valentin Tanner und Benoît Schwarz wieder dabei. Anstelle von Claudio Pätz ergänzt neu Sven Michel das Trio. Und klar: Überall wo ein Schweizer Curlingteam antritt, muss eine Medaille das Ziel sein.
Nicole Bullo, Sarah Forster, Alina Müller, Evelina Raselli, Phoebe Stanz, Lara Stalder (1 x Bronze)
2014 holten die Schweizer Eishockey-Frauen sensationell Bronze. Vom damaligen Erfolgsteam sind sechs Spielerinnen noch immer dabei. Darunter mit Nicole Bullo die Rekordnationalspielerin, sie bestreitet bereits ihre fünften Olympischen Spiele. Und mit Alina Müller und Lara Stalder die eigentlichen Stars im Team. Das Ziel ist es, erneut um die Medaillen zu spielen und da Gold und Silber für die USA und Kanada reserviert sein werden, ist es letztlich wiederum ein Kampf um Bronze.
blue News blickt in der Serie «Olympia-Countdown» auf die Spiele in Peking – das war Teil 1 von 7.