Corinne Suter gewinnt als amtierende Weltmeisterin in der Abfahrt auch Olympia-Gold. Der Grosserfolg steht am vorläufigen Ende einer Entwicklung, die vor drei Jahren ihren Anfang genommen hat.
So schnell wirft Corinne Suter nichts mehr aus der Bahn. Der 13. Rang am vergangenen Freitag im Super-G? Schlecht gefahren, abhaken, nach vorne schauen. Das tönt nach einfachem Rezept, ist es aber beileibe nicht, schon gar nicht bei einer Fahrerin wie der Schwyzerin, die lange den Glauben an sich selber hat vermissen lassen, die sich, wie sie sagt, «schlechter gemacht hat, als ich eigentlich bin. Da bin ich mir sehr oft selber im Weg gestanden.»
Selber im Weg steht sich Corinne Suter längst nicht mehr. Die Zeit der unzufriedenen, hadernden und vieles infrage stellenden Fahrerin ist abgelaufen. Die schwierigen Jahre mit der prägenden Ungeduld hat mit der Einsicht geendet, dass der Prozess vom ungestümen Talent, dem es nicht schnell genug hat gehen können, zur erfahrenen Athletin eine Angewöhnungsphase benötigt. Der Weg, den Corinne Suter mittlerweile eingeschlagen hat, hat sie zu einer gleichermassen erfolgreichen und selbstbewussten Athletin gemacht.
Die andere Corinne Suter
Drei Jahre ist es nun her seit der erfreulichen Wandlung. Seit den Weltmeisterschaften in Are ist eine andere Corinne Suter am Werk. Der Gewinn von Super-G-Bronze und Abfahrts-Silber damals hat (fast) alles verändert. Die Welt der Innerschweizerin ist seither nicht mehr die gleiche.
Auf der Piste ist sie von der Jägerin zur Gejagten geworden, abseits der Rennstrecke erheischt sie Aufmerksamkeit. Sie, die nie die Öffentlichkeit gesucht hat, steht nun im Mittelpunkt – und weiss, dass diese Nebenschauplätze Teil ihres Berufes sind.
Sie fühlt sich auch in dieser Rolle wohl, etwa in der der Werbeträgerin, als die sie unter anderem mit einem Schweizer Luxusuhren-Hersteller eine Partnerschaft eingegangen ist.
In neue Sphären auch im Weltcup
Die Welle, die sie mit dem doppelten Erfolg in Schweden losgetreten hatte, trug Corinne Suter auch im Weltcup in neue Sphären. Zwei Wochen nach der Rückkehr aus Skandinavien sicherte sie sich in Crans-Montana als Dritte in der Abfahrt ihren ersten Podestplatz.
Die Basis war gelegt, um in der folgenden Saison endgültig durchzustarten. In der Abfahrt in Zauchensee im Salzburgerland und im Super-G in Garmisch-Partenkirchen errang sie ihre ersten zwei Weltcup-Siege und durfte schliesslich auch die Kristallkugeln als Beste in den beiden Speed-Disziplinen entgegennehmen.
An Grossanlässen am Besten
Im vergangenen Winter war sie auch bei den Weltmeisterschaften in Cortina d'Ampezzo wieder bereit. Im Dolomiten-Ort wurde sie Abfahrts-Weltmeisterin und Zweite im Super-G. Erneut hatte sie ihre Fähigkeit unter Beweis gestellt, die beste Leistung auch unter erhöhtem Druck abrufen zu können, den eine Grossveranstaltung mit sich bringt.
Das Wissen um diese Fähigkeit, gepaart mit ihrem nunmehr üppigen Selbstvertrauen, half Corinne Suter auch bei den Winterspielen in China. Sie liess sich im Vorfeld ihres goldenen Tages nicht verunsichern durch Meldungen über ständig wechselnde Schneeverhältnisse am Berg Xiaohaituo.
Vor dem Start zur Abfahrt galt ihre volle Konzentration der eigenen Fahrt. Dass die Italienerin Sofia Goggia zu jenem Zeitpunkt deutlich in Führung lag, hatte die Innerschweizerin nicht mitbekommen.
Das komplette Abfahrts-Palmares
Den Wert ihrer Fahrt vermochte Corinne Suter vorerst nicht richtig einzuordnen. Der aus verschiedenen Richtungen wehende Wind erschwerte eine erste Einschätzung.
Im Ziel hatte sie dann die Bestätigung, dass die Fahrt gut war, sehr gut sogar, besser als die aller Konkurrentinnen. Sie hatte Gold gewonnen und damit als Abfahrerin ihr Palmares komplettiert. Nur zwei Jahre brauchte sie, um sich Olympiasiegerin, Weltmeisterin und Disziplinen-Weltcupsiegerin nennen zu dürfen.
Die Verletzung nahm sie an
Olympia-Gold gewann Corinne Suter in einer Saison, auf die sie sich nicht wie geplant hatte vorbereiten können. Knochenprellungen an beiden Schienbein-Plateaus als Folgen eines Sturzes im Training in Zermatt zwangen sie Ende September zu einer rund sechs Wochen dauernden Pause.
Corinne Suter haderte nicht, sie nahm die Verletzung an. Es gehöre zu ihrem Sport dazu, dass es auch mal in die falsche Richtung gehe. «Wichtig ist, dass man darauf achtet, dass es einen nicht noch weiter nach unten zieht.» Corinne Suter sagte es im Zielraum in Yanqing mit dem Selbstverständnis einer gefestigten Athletin.
Und eine Olympiasiegerin wirft ohnehin nichts mehr so schnell aus der Bahn.