Rang 4 für die Frauen, Platz 8 für die Männer, Eishockey-Nationalmannschaftsdirektor Lars Weibel zieht im Gespräch mit der Nachrichtenagentur Keystone-SDA Bilanz.
Zu den Männern, die bloss eines von fünf Spielen gewonnen haben und im Viertelfinal mit 1:5 an Finnland gescheitert sind, sagt Weibel: «Die Resultate sind ernüchternd. Das ist ganz klar nicht unser Anspruch.»
Die Verantwortlichen haben bereits mit der Prozessanalyse begonnen. Offensichtlich war für Weibel, dass die Zweikampfstärke und die Präsenz im Slot «noch nicht ganz reichten. Phasenweise machten wir es gut, wir blockten die Schüsse, gingen dorthin, wo es weh tut.» Phasenweise reiche jedoch nicht.
Als gutes Beispiel nennt er die Dänen: «Diese arbeiten Eishockey. Logisch braucht es Spass am Spielen. Auf diesem Niveau gilt es aber, in jedem Einsatz so zu agieren, als wäre es die entscheidende siebente Partie in den Playoffs. Es ist Kampf pur. Wir müssen von der ersten Sekunde an diese Einstellung haben, und zwar alle. Das müssen wir hinbekommen.» Von daher sei wichtig, dass diese Einstellung schon bei den Jungen implementiert und täglich eingefordert werde.
Weibel sah auch positive Punkte
Weibel betonte aber, dass in Peking «nicht alles nur schlecht war». Das war in der Tat so. In der Defensive überzeugten die Schweizer gegen die russische Auswahl (0:1) sowie in den beiden Partien gegen Tschechien (1:2 n.P. und 4:2). Das Powerplay funktionierte mit einer Erfolgsquote von 31,25 Prozent, in den zwei K.o-Spielen betrug sie gar hervorragende 60 Prozent.
Auch an den Torhütern Leonardo Genoni und Reto Berra lag es nicht, dass das Ziel Halbfinals verfehlt wurde. «Viele Parameter stimmten, umso bedauerlicher ist es, dass wir nicht reüssiert haben. Wir waren mit allen Teams auf Tuchfühlung, das zeigt, was möglich gewesen wäre», bedauert Weibel.
Im Mai die Chance auf Wiedergutmachung
Von daher sind für ihn die Halbfinals ein absolut realistisches Ziel. «Auch wenn wir die Viertelfinals als Zielsetzung herausgeben hätten, wären wir nun nicht zufrieden», stellt Weibel klar. «Wir gehen unseren Weg konsequent weiter und das wird sich auszahlen. Aber klar, wir nehmen die Kritik an.»
Bereits im Mai erhalten die Schweizer an der WM in Finnland die Chance zur Rehabilitation. Dann dürfte Nationaltrainer Patrick Fischer ein paar NHL-Spieler als Verstärkung erhalten. «Dann sieht alles ganz anders aus», sagt Weibel. «Wichtig ist, sofort die richtigen Schlüsse zu ziehen und diese von Tag 1 an der WM-Vorbereitung umzusetzen, damit uns der nächste Schritt gelingt.»
Gutes Zeugnis von Weibel für die Frauen
Den Frauen attestiert er «einen super Steigerungslauf nach einem schwierigen Start. Gegen die Finninnen (im Spiel um Rang 3/0:4) bezahlten wir für ein paar individuelle Fehler einen hohen Preis. Alles in allem gesehen war es ein sehr guter Auftritt. Colin (Muller) und der gesamte Staff machten einen sehr guten Job. Es gibt viele Punkte, die Kraft, Motivation und Energie geben, um irgendwann wieder eine Medaille zu gewinnen.»
Weibel sieht die Frauen auf dem richtigen Weg. Er ist sich aber bewusst, dass «noch einiges verbessert werden kann». Konkret braucht es mehr Mädchen, die Eishockey spielen, damit als Folge davon das Niveau in der höchsten Liga steigt. «Es ist schwierig, wenn alle, die ein gewisses Level haben, das Land verlassen müssen», sagt Weibel. So spielen 13 aus dem Olympia-Kader im Ausland.
Diaz' Abgang schmerzt den Verband
Nicht umsonst betonen die Involvierten, dass es wichtig wäre, dass die Grossklubs auch in die Frauen investieren würden. Vonseiten Verband müssen Strukturen geschaffen, die das Frauen-Eishockey noch stärker fördern, umso mehr, als Daniela Diaz, zuletzt die Managerin der Frauen-Nationalmannschaften, die einiges bewirkt hat, Swiss Ice Hockey nach gut sechs Jahren verlässt.
«Wir arbeiten hart daran, dass wir uns so strukturieren, dass wir ihren Ausfall nicht nur kompensieren, sondern für die Zukunft stärker sind», sagt Weibel. Eine separate Frauen-Abteilung ist für ihn allerdings nicht die Lösung, vielmehr gelte es, das vorhandene Know-how bei den Männern auch bei den Frauen einzusetzen und je nach Möglichkeit Synergien zu schaffen. «Die Kunst ist herauszufinden, wo es bei den Frauen und Männern Parallelen gibt und in welchem Bereich es anders gemacht werden muss.»