«Ich bin nicht der Favorit» Cologna kämpft um Gold und gegen den Fünfziger-Fluch

sda

23.2.2018 - 17:01

Dario Cologna zählt in Pyeongchang auch über 50 km zu den Medaillen-Kandidaten.
Dario Cologna zählt in Pyeongchang auch über 50 km zu den Medaillen-Kandidaten.
Source: Getty Images

Dario Cologna zählt im 50-km-Lauf in klassischer Technik zu den Medaillenkandidaten, Favorit auf olympisches Gold ist er in Pyeongchang allerdings nicht.

Glück und Pech gleichen sich im Sport aus, sagt man. Vielleicht verbirgt sich am Samstagmorgen (ab 06.00 Uhr Schweizer Zeit) hinter dieser Floskel Dario Colognas grösster Trumpf. Die Geschichte seiner Fünfziger: 2010 Sturz in der Zielkurve an den Olympischen Spielen in Vancouver, 2012 0,6 Sekunden Rückstand auf Sieger Eldar Rönning beim Weltcup in Oslo, 2013 Sturz an der WM 2013 im Val di Fiemme, 2014 Sturz an den Olympischen Spielen in Sotschi und 2015 Niederlage im Fotofinish auf dem Holmenkollen gegen Sjur Röthe. Colognas Palmarès lässt zwar kaum Wünsche offen: Vier Olympiasiege, ein Weltmeistertitel sowie je vier Triumphe im Gesamtweltcup und an der Tour de Ski bilden die Eckpunkte und zugleich die vier wichtigsten Titel, die es im Langlauf zu gewinnen gibt. Aber ein Sieg in der Königsdisziplin fehlt noch.

Rückblick: Dario Cologna stürzt an den Olympischen Spielen 2010 in Vancouver in der Zielkurve.
Rückblick: Dario Cologna stürzt an den Olympischen Spielen 2010 in Vancouver in der Zielkurve.
Bild: Keystone

«Ich werde nicht aufgeben. Früher oder später gewinne ich einen», hatte Cologna 2015 nach der Niederlage gegen Röthe gesagt – selbst bei der Betrachtung des Zielfilms musste man zweimal hinschauen, um den Sieger zu eruieren. Damals ahnte der Bündner nicht, dass es fast drei Jahre dauern würde, bis er wieder einmal eine echte Chance erhält. Diese bietet sich nun in Südkorea. Dabei fussen seine Siegchancen nicht einzig auf der Hoffnung, dass das Pendel diesmal auf seine Seite ausschlägt.

Für Cologna sprechen einige Punkte, obwohl er selber sagt: «Ich bin nicht der Favorit.» Das sehen auch die Buchmacher so, welche für die ausgewiesenen Klassisch-Spezialisten Alexej Poltoranin aus Kasachstan und Iivo Niskanen aus Finnland eine tiefere Wettquote anbieten. Eben diese Konstellation kommt dem Schweizer entgegen. Cologna muss das Rennen nicht machen, er darf sich anfänglich im Feld verstecken.

Coupierter Parcours

Der coupierte Parcours in Pyeongchang ermöglicht im Gegensatz zu den Spielen in Sotschi Fluchtgruppen. In Russland vor vier Jahren wies das Profil nur einen wirklich langen Anstieg auf – und begünstigte somit Vorstösse nicht, weil die Gegner in flachen Passagen genügend Zeit fanden, den Anschluss zu schaffen. In Südkorea hingegen geht es ständig auf und ab. Wer sich absetzt, ist womöglich weg. Das Feld kann den Flüchtling nicht einfach im Wind stehen lassen und dann mit einer Tempoverschärfung schlucken. Kann Cologna den ersten Ausreissern folgen, steigen seine Chancen auf den Sieg markant.

Die Form des Schweizers stimmt, nun muss er auch einen guten Tag erwischen. Der Skiathlon und der Teamsprint klappten zwar nicht nach Wunsch, das Olympiagold im Fünfzehner hingegen war eine Machtdemonstration. Cologna verfügt über einen Hubraum wie kaum ein anderer Langläufer. Sein Motor ist die Lunge, die Kubikzahl exzellent. Maximale Sauerstoff-Aufnahme und hohes Blutvolumen heissen die medizinisch relevanten Werte für seinen Langlauf-Motor, der insbesondere über grosse Distanzen die Konkurrenz ans Limit bringt. Gemessen an seinen körperlichen Voraussetzungen und der technischen Souplesse zählt er zu den Begünstigten.

Kaum Team-Taktiken möglich

Im Skiathlon schnürten die Norweger ein Taktik-Päckchen. Immer wieder griff einer an, Cologna und Co. mussten die Lücke schliessen. Diese Taktik lässt der Fünfziger in Pyeongchang kaum zu. Jeder dürfte mit sich selbst beschäftigt sein, um mit dem erwartet hohen Tempo Schritt zu halten. Auch Ueli Schnider und Candide Pralong, die zwei weiteren Schweizer im Fünfziger, werden Cologna kaum helfen können.

Oft schon wurden Langläufer bereits im Wachsraum ihrer Chancen beraubt. 2011 an den Weltmeisterschafen in Oslo bekundete die Schweizer Equipe Mühe mit dem Material, 2014 in Sotschi lagen die Norweger zunächst im Hintertreffen. In Pyeongchang hingegen präsentierten sich bislang alle Teams konkurrenzfähig. Grosse Unterschiede waren nicht auszumachen.

Die arktische Kälte, welche zu Beginn der Spiele die Langlaufrennen prägte, verzog sich inzwischen. Kühlschrank statt Gefrierfach, dies kommt Cologna entgegen. Auf zweistellige Minus-Grade schien er nicht vollständig adaptiert. Das Rennen am Samstagnachmittag Ortszeit hingegen findet bei Temperaturen um den Gefrierpunkt statt.

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