Snowboard-Weltmeisterin gewinnt Super-G Ledecka: «Ich habe gedacht, es sei ein Fehler»

sda

17.2.2018 - 11:03

Kann ihr Glück nicht fassen: Super-G-Olympiasiegerin Ester Ledecka.
Kann ihr Glück nicht fassen: Super-G-Olympiasiegerin Ester Ledecka.
Source: KEYSTONE/APA/APA/HANS KLAUS TECHT

Die Snowboard-Weltmeisterin Ester Ledecka aus Tschechien sorgt mit dem Sieg im Super-G für die grösste Sensation der alpinen Olympia-Geschichte. Für ihr Umfeld ist es ein Triumph mit leiser Ansage.

Der Jubel blieb zunächst aus. Stattdessen fragende Blicke. Links, rechts, in die Kamera. Noch einmal der Blick auf die Anzeigetafel - grün, 1. Platz. Unglaublich, aber wahr. Es dauerte eine Weile, bis Ester Ledecka halbwegs realisierte, was sie gerade vollbracht hatte. «Ich hielt es für einen Fehler und wartete darauf, dass die Zeit korrigiert wird», erklärte sie hinterher. Sie, die beste Alpin-Snowboarderin, war in diesem Moment also auch die beste Alpin-Skifahrerin. Das 22-jährige Multitalent düpierte im Super-G sämtliche Favoritinnen. Mit Startnummer 26 verwies sie Anna Veith um einen Hundertstel auf Platz 2 und schubste sie Lara Gut vom Podest.

Einen Gratulations- und Interview-Marathon später erschien sie mit der Skibrille im Gesicht zur Pressekonferenz. «Ich war nicht darauf vorbereitet, bei der Zeremonie zu sein. Ich trage kein Make-up», entschuldigte sie sich mit einem breiten Grinsen und bestätigte damit die Aussage von Atomic-Chef und Ledecka-Fan Christian Höflehner: «Sie ist ein wildes Huhn.»

«Zu allem fähig»

Dass die Snowboard-Weltmeisterin schnell Skifahren kann, war bekannt. In den letzten zwei Jahren bestritt sie parallel zum Snowboard-Weltcup einige Speedrennen bei den Alpinen - mit dem klaren Ziel, an den Winterspielen in beiden Sportarten anzutreten. Einige Male hatte sie aufhorchen lassen, etwa mit der Trainings-Bestzeit beim Saisonauftakt in Lake Louise und den Rängen 13 und 7 in den beiden Weltcup-Abfahrten. In Bad Kleinkirchheim, wo sie Mitte Januar 17. wurde, war sie bis zu einem groben Schnitzer schneller unterwegs als die spätere Siegerin Sofia Goggia.

«Ich wusste immer, dass sie mit einem perfekten Lauf zu allem fähig ist», sagte Tomas Bank, der tschechische Speed-Coach, nach Ledeckas Coup im Olympia-Rennen. Ihren Aufstand gegen das Ski-Etablissement verfolgen einige der Arrivierten indes argwöhnisch; als Quereinsteigerin wurde sie bei den Alpinen nicht mit offenen Armen empfangen. Sie sei mit ihrem Staff recht isoliert, beschrieb Michelle Gisin, die sich über Ledeckas Triumph aber freute und ihr Respekt zollte: «Ich finde es cool. Ester ist eine korrekte, anständige, sehr nette Person, die sehr hart für ihre Erfolge trainiert. Sie hat alles riskiert und den Sieg verdient.»

«Champions treffen ihre Entscheide selber»

Mit ihrem Triumph beendete Ledecka auch die tschechische Goldflaute an den Spielen. Nach den bisher vergebenen grössten Gold-Chancen sehnten die dortigen Gazetten bereits den Parallel-Riesenslalom der Frauen am Schlusstag herbei, in dem Ledecka als grosse Favoritin antritt.

Diesen Druck ist sie nun los. Doch gleichzeitig brachte sie sich in eine neue Zwickmühle. Soll sie nun auch am Mittwoch in der Abfahrt starten? Auf diese wollte sie verzichten, um das Wahlrecht bei der Startposition im Parallel-Riesenslalom nicht aufs Spiel zu setzen. Nun denkt sie womöglich um, lässt sie einen zweiten Start bei den Alpinen offen. Dreinreden wird ihr niemand. Snowboard-Coach Reiter sagte dazu: «Wir tun alles, damit sie ihre Träume verwirklichen kann. Champions treffen ihre Entscheide selber.» Und Bank versicherte: «Für Ester halte ich immer ein Türchen offen.»

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