«Ich will da gar nicht mehr rauf» Manuel Fellers Zaudern vor der grandiosen Aufholjagd

Von Luca Betschart

26.1.2022

Manuel Feller betrachtet seine eingeheimste Trophäe noch etwas ungläubig.
Manuel Feller betrachtet seine eingeheimste Trophäe noch etwas ungläubig.
Bild: Getty

Slalom-Crack Manuel Feller stürmt aus einer zehntägigen Quarantäne direkt auf das Podest des Nachtspektakels von Schladming. Dabei will der Lokalmatador die Übung bereits zur Halbzeit am liebsten abbrechen.

Von Luca Betschart

Vor zweieinhalb Wochen fährt Manuel Feller im Slalom von Adelboden auf Rang zwei und ist mitten drin im Skifest im Berner Oberland. «Die Schweizer gehen da ein bisschen einen anderen Weg. Die versuchen an einem Wochenende gleich alles zu durchseuchen», sagt Feller etwas verwundert auf die rund 12'000 teils ausgelassen feiernden Fans vor Ort angesprochen. Ob der 29-Jährige schon eine böse Vorahnung hat?



Nach einem weiteren Spitzenresultat in Wengen (5.) wird Feller prompt positiv auf das Coronavirus getestet. Am vergangenen Freitag wird bekannt, dass der Lokalmatador beim Klassiker in Kitzbühel deshalb zum Zuschauen verdammt ist. Auch das Rennen vor heimischen Anhang am gestrigen Dienstag in Schladming steht lange auf der Kippe, Feller bekommt erst am Renntag selbst grünes Licht für die Teilnahme, die er schliesslich ohne grosse Erwartungen antritt.

Ein verpatzter Lauf als logische Folge

«Mein Ziel waren die Top-15, als ich hergefahren bin. Ich bin erst in der Früh aus der Quarantäne gekommen. Die Vorbereitung war sicher nicht ideal. Ich bin am Mittag drei Runden auf der Reiteralm skigefahren. Das war's», macht Feller im ORF-Interview klar. Auch mit der kompletten Isolation hat er seine Mühe. «Zehn Tage alleine auf 70 Quadratmeter zu sein, ohne einen Menschen zu sehen, das war nicht leiwand.»

So verpasst Feller sein gesetztes Ziel im ersten Lauf klar, als 28. schafft er den Sprung in den zweiten Durchgang nur hauchdünn. Der Energiehaushalt ist da schon ziemlich angekratzt. «Es ist brutal. Ich gehe da fetzenblau runter, habe zuletzt überhaupt keine Schnellkraft trainiert und der Buckel zwickt auch noch», schildert Feller seine Zweifel. «Nach dem ersten Durchgang habe ich mir schon gedacht: Das gibt es ja nicht, fahrt mich raus. Ich will da gar nicht mehr rauf.»



Die Auferstehung

Wenig später zeigt sich der Österreicher wie verwandelt. Mit vollem Risiko packt er sein ganzes Können aus, zaubert eine Traumfahrt in den Schladminger Schnee und macht dank Laufbestzeit einen riesigen Satz nach vorne. «Ich bin mit dem Rücken zur Wand gestanden. Ob ich zwei, drei Punkte mache oder keinen, war auch schon egal», erklärt Feller seine Risikobereitschaft, die mit Schlussrang drei belohnt wird.

Nur der Deutsche Linus Strasser und der verblüffende 21-jährige Norweger Atle Lie McGrath stehen Feller am Ende vor der Sonne. «Dass es so ausgeht, ist ein Wahnsinn. Das ist eine meiner grössten Leistungen in meinem Leben überhaupt», kann es Feller nach der grandiosen Aufholjagd im Zielraum kaum fassen.

Zugleich verhindert er für die Österreicher auch ein Heim-Debakel historischen Ausmasses. Neben Feller ist mit Marco Schwarz nur ein weiterer Österreicher im zweiten Lauf mit dabei, als 17. spielt dieser bei der Entscheidung aber keine Rolle. Und so gilt Manuel Feller auch der Dank von ÖSV-Präsidentin Roswitha Stadlober: «Feller hat gezeigt, was er drauf hat. Gott sei Dank. Es hätte heute auch eine Nullnummer werden können.»