Beat Tschuor spricht im Interview mit Keystone-SDA über den missglückten Schweizer Auftritt im Team-Wettkampf und die stimmige Team-Zusammenstellung bei den Schweizer Frauen.
Dazu äussert sich der Bündner, der seit Frühling 2018 Cheftrainer des Frauen-Teams von Swiss-Ski ist, zu Tendenzen von Betriebsblindheit und weshalb er seinen Trainern die nötige Freiheit lässt.
Beat Tschuor, obwohl der Team-Wettkampf nicht das wichtigste WM-Rennen ist: Das Abschneiden der Schweiz mit dem Ausscheiden in den Viertelfinals war eine Enttäuschung – auch für Sie?
«Es war schade. Die besten Zeiten kamen bei uns leider nicht im richtigen Augenblick. Auch war Wendy Holdener im Viertelfinal-Duell beim Start leicht zu früh dran und blieb hängen. Doch wir müssen ehrlich sein: Wir waren im Durchschnitt aller ein bisschen zu langsam unterwegs heute.»
Dass es im Team-Wettkampf für die Schweiz keine Medaille gab, lässt sich wohl verschmerzen, umso mehr nach den Grosserfolgen in der Abfahrt zuvor.
«Absolut.»
Sie übernahmen im Frühling 2018 von Ihrem Vorgänger Hans Flatscher ein intaktes Frauen-Team, das seither an jedem Grossanlass für zahlreiche Medaillen gut war. Gibt es dafür ein Erfolgsgeheimnis?
«Das sind natürlich zuallererst die Athletinnen, die es schaffen, auf den Punkt bereit zu sein, mit dem Druck umgehen zu können und ihre Topleistungen abzurufen.»
Da wird es schon noch den einen oder anderen Punkt mehr geben, oder nicht?
«Mittlerweile haben wir im Team natürlich auch gute Erfahrungswerte für solche Anlässe. Dazu ist auch die Zusammenstellung des ganzen Teams, angefangen von den Serviceleuten über die Coaches bis zu den Physiotherapeutinnen und weiteren Betreuern, sehr stimmig. Das führt dazu, dass das gegenseitige Vertrauen vorhanden ist und alle ihre Leistung bringen können.»
War Jasmine Flurys sensationelle Fahrt zu WM-Abfahrtsgold und die von Corinne Suter zu Bronze vielleicht das perfekte Beispiel für das oben Gesagte?
«Das kann ich bestätigen. Das Ganze hat sich über mehrere Tage aufgebaut. Die Piste in Méribel war vergleichsweise wenig bekannt, deshalb waren wir sehr dankbar, dass wir alle drei Trainings fahren konnten. Jeden Tag sind wir – dank der Kamera am Gegenhang – akribisch vorwärtsgekommen, sei es bei der Linie, bei der Abstimmung der Ski und überhaupt dem ganzen Set-up. Es war ein grosser und langer Prozess über die ganze Woche und aller Personen im Team.»
Wie fest ist der Cheftrainer in solche Prozesse involviert, wo nehmen Sie sich vielleicht auch zurück?
«Ich lege extrem viel Wert darauf, die Leute arbeiten zu lassen. Ich will keinesfalls der Kontroll-Freak im Hintergrund sein. Natürlich versuche ich den Leuten nahe zu sein und die Übersicht zu behalten, aber ich gebe ihnen die Freiheit, autonome Entscheide zu fällen. Hinter diesen Entscheiden stehe ich auch, denn ich weiss, dass meine Leute sehr gute Entscheide treffen.»
Aber alles kann nicht immer perfekt vonstatten gehen. Dann kommt wohl der Moment, in welchem Sie eingreifen?
«Durchaus. Die Gefahr besteht aber auch, dass wenn man nahe am Team ist, in der Tendenz betriebsblind wird.»
Wie wirken Sie dem entgegen?
«Mit Walter Reusser (dem Alpin-Direktor von Swiss-Ski – Red.) gibt es im Hintergrund einen Sparringpartner, der mir regelmässig und in unterstützender Art den Spiegel hinhält und immer wieder wichtige Inputs liefert. Das hilft mir, meine Aufgabe mit grossem Selbstvertrauen auszuüben.»
In drei Disziplinen gab es für Ihr Team bislang drei Medaillen. Was ist im Riesenslalom am Donnerstag und im Slalom am Samstag noch möglich?
«Bislang lief es uns in Méribel sehr gut, obwohl bei den Medaillengarantinnen im Vorfeld der WM ja nicht alles perfekt war. Umso schöner, wenn dann sogar noch eine Fahrerin wie Jasmine in die Bresche springen kann. Im Riesenslalom wird Lara Gut-Behrami als Titelverteidigerin und auch nach dieser bislang starken Weltcup-Saison vorne sicher ein Wörtchen mitreden wollen. Ansonsten sind wir eher als Aussenseiterinnen unterwegs.»
Und im Slalom?
«Ist vieles möglich.»