Wendy Holdener im Wechselbad der Gefühle: Am Sonntag in St. Moritz flossen nach dem Parallelslalom Tränen der Enttäuschung. Zwei Tage später in Courchevel – nach dem ersten Weltcup-Podestplatz im Riesenslalom – sind es solche der Freude.
Neun Jahre und fast zwei Monate sind es her, seit Wendy Holdener ihr Weltcup-Debüt gab. Im Oktober 2010 war das Rennen in Sölden nach dem ersten Lauf, bei dem sie mit über acht Sekunden Rückstand den 55. Rang belegte, für die Innerschweizerin beendet. Nur fünf Wochen später reichte es der damals 17-Jährigen im Slalom von Aspen mit Rang 18 bereits zu den ersten Punkten auf oberster Stufe. Doch im Gegensatz zu ihrer Spezialdisziplin, in welcher sie mittlerweile schon fast zwei Dutzend Mal auf dem Podest stand, stellte sich der Erfolg im Riesenslalom erst mit grosser Verzögerung ein. Zweimal war Holdener bislang Vierte geworden: im Februar in Maribor und Anfang Januar 2018 in Kranjska Gora.
Der dritte Platz in Courchevel, erst ihre elfte «Riesen»-Klassierung in den Top 10, konnte keinesfalls erwartet werden. Nach dem höchst enttäuschenden Abschneiden vom Sonntag habe sie sich «fertiggemacht», so Holdener. Doch zum Glück sei ihr nicht viel Zeit zum Überlegen geblieben, da noch am gleichen Abend die Sports Awards stattfanden. Da sammelte sie gleich wieder viele positive Eindrücke, «da ich einmal mehr gesehen habe, dass die Schweiz hinter mir steht».
Und nun bald der erste Slalomsieg?
Nicht minder wichtig war für die Schwyzerin das gute Riesenslalom-Training vom Montag. «Von da nahm ich das gute Gefühl und die nötige Lockerheit mit.» Die knappe Anreise nach Frankreich fiel danach nicht ins Gewicht. Das erste Riesenslalom-Podest sei «so cool», für sie sei «ein Traum wahr geworden», so Holdener, die damit eines ihrer zwei Topziele in diesem Winter ohne grosse Titelkämpfe abhaken kann. Das andere – für sie wohl noch wichtigere – Ziel kann die zweifache Kombinations-Weltmeisterin frühestens in zwölf Tagen erreichen. Dannzumal findet in Lienz der nächste Spezialslalom statt – ein Triumph in ihrer Lieblingsdisziplin blieb Holdener bislang noch verwehrt.
Shiffrin so weit zurück wie zuletzt 2014
Überfahrerin Mikaela Shiffrin erlebte eine Überraschung der negativen Art. Die Amerikanerin, die in den beiden Vorjahren die Riesenslaloms in Courchevel jeweils gewonnen hatte, verlor ohne ersichtlichen Fehler 1,65 Sekunden auf die Siegerin. Als 19. war Shiffrin im Riesenslalom so weit hinten klassiert wie nie mehr seit Anfang März 2014, als sie in Are gar nur 24. geworden war.
Dabei hatte die dreifache Gesamtweltcup-Siegerin durch ihren Startverzicht zum Parallelslalom in St. Moritz noch einen Tag mehr Vorbereitungszeit zur Verfügung als die meisten Konkurrentinnen. Shiffrin konnte sich den ungewohnten Rückschlag nicht erklären: «Es muss nicht immer etwas falsch laufen, wenn ich nicht gewinne. Die anderen Fahrerinnen sind auch schnell. Ich hingegen war einfach nicht schnell genug.»