Die Corona-Pandemie verhindert das traditionelle Skifest am Chuenisbärgli. Die Weltcup-Rennen in Adelboden finden in diesem Jahr ohne Zuschauer statt.
Die Szenerie ist nur schwer vorstellbar: Weltcup-Rennen in Adelboden unter Ausschluss der Öffentlichkeit! Die drei Rennen enden in einem fast menschenleeren Zielraum, in dem auf und neben der imposanten Tribüne im Normalfall Tausende von Zuschauern die Fahrer anfeuern. Es ist nichts mit Hühnerhaut-Atmosphäre diesmal, statt ausgelassene Stimmung wird gespenstische Ruhe herrschen. Der Klassiker mit Volksfeststimmung wird zur nüchternen Veranstaltung.
Das seit Mitte Oktober (wieder) geltende Verbot von Grossveranstaltungen hat auch die Veranstalter in Adelboden vor besondere Herausforderungen gestellt. Der organisatorische Aufwand hat sich verlagert, die gewohnten Abläufe gibt es in diesem Jahr grösstenteils nicht. Der Umsetzung des hohen Sicherheitsstandards zur Minimierung des Ansteckungs-Risikos haben sie im Berner Oberland höchste Priorität beigemessen. Die Verantwortlichen zählen dabei auch auf das Verständnis in der Öffentlichkeit. Ihr Aufruf zum Fernbleiben ans potenzielle Publikum mutet zwar skurril an, ist aber in der aktuellen Situation lediglich Teil des Schutzkonzepts.
Defizit im sechsstelligen Bereich
Das Ausbleiben von Zuschauern bringt eine wichtige Einnahmequelle zum Versiegen und hat entsprechende Auswirkungen auf die Erfolgsrechnung. Das Organisationskomitee, das mit der Hälfte des herkömmlichen Budgets von rund sechs Millionen Franken hantiert, hat ein Minus im sechsstelligen Bereich veranschlagt. Zur Abfederung des Defizits werden Stabilisierungsgelder von Swiss-Ski beantragt.
Im sportlichen Bereich ist das verhinderte Spektakel gerade aus Schweizer Sicht sehr schade. Es fällt in eine Zeit, in der nach den Slalom-Spezialisten auch die Riesenslalom-Fahrer nach jahrelanger Statistenrolle wieder zu Hauptdarstellern geworden sind. Marco Odermatt und seine Kollegen bekommen in diesem Jahr gleich zweimal die Gelegenheit, das lange Warten auf einen Podestplatz im «Riesen» am Chuenisbärgli zu beenden. 13 Jahre sind es her, seit einheimische Athleten dem Klassiker den Stempel aufgedrückt haben. Im Januar 2008 hatten Marc Berthod und Daniel Albrecht für einen Doppelerfolg gesorgt.
Zurbriggens Doppelsieg vor 33 Jahren
Zwei Riesenslaloms in Adelboden in einem Winter sind keine Neuheit. Vor 33 Jahren war innert einer Woche ebenfalls zweimal gefahren worden – jeweils am Dienstag vor und nach den Rennen am Lauberhorn. Pirmin Zurbriggen hatte beide Male gewonnen. Mit insgesamt drei Siegen liegt der Walliser in der vom Schweden Ingemar Stenmark mit fünf ersten Plätzen angeführten Statistik weit vorne. Der Erfolgreichste überhaupt in Adelboden ist Marcel Hirscher. Der Österreicher hat den Riesenslalom viermal und den Slalom fünfmal für sich entschieden.
In der Siegerliste des Slaloms ist seit dem vergangenen Winter auch Daniel Yule verewigt. Der Walliser dominierte im Stangenwald am Chuenisbärgli als erst zweiter Schweizer nach Marc Berthod. Der mit der Nummer 60 gestartete Bündner hatte sich 13 Jahre zuvor und zwölf Monate vor seinem Erfolg im Riesenslalom zu einem der überraschendsten Gewinner in der Weltcup-Geschichte überhaupt gemacht.
Wie Yule hatte auch Berthod das Publikum in Ekstase versetzt und für Jubelstürme gesorgt. Der Coup des Bündners hatte auch erlösende Wirkung. Es war der erste Sieg eines Schweizers im Männer-Weltcup seit fast drei Jahren. Damals, als der Zielraum in Adelboden noch ein Hexenkessel war.
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