Beat Feuz bestätigte erneut seine hervorragende Verfassung in der Abfahrt. Der Berner musste sich in Beaver Creek, Colorado, einzig dem Norweger Aksel Lund Svindal geschlagen geben.
Wiederum konnten sie sich auf dem Podium über ihre umfangreiche Krankenakte austauschen, über ihre Knieprobleme und deren Konsequenzen in Training und Wettkampf. Wie schon vor einer Woche in Lake Louise, als Feuz die Abfahrt gewonnen hatte und Svindal Dritter geworden war, durften sich zwei, die einander schätzen und sich höchsten Respekt zollen, aber auch zu einer weiteren aussergewöhnlichen Performance gratulieren.
Entscheidung ganz oben
Den entscheidenden Vorteil verschaffte sich Svindal im obersten flachen Teil, in dem er Feuz um vier Zehntel distanzieren konnte. Der Berner seinerseits war auf den folgenden Abschnitten der Schnellste, vermochte von der eingehandelten Hypothek aber nur noch 25 Hundertstel wettzumachen. Feuz sollte mit seiner Einschätzung im Vorfeld der zweiten Abfahrt also recht behalten. Der Nachteil, in Flach-Passagen mit geringem Tempo nicht der begnadetste Gleiter zu sein, wog im Vergleich zum Norweger um einen Deut zu schwer.
Die besten Werte bei den weiteren Zwischenzeitmessungen bestätigen Feuz aber, auf dem richtigen Weg zu sein. "Ich bin sehr zufrieden, wie ich im Moment skifahre." Der neuerliche Podestplatz ist umso höher einzustufen, zumal der Emmentaler die Strapazen der vergangenen drei Wochen spürt und sich eine gewisse Müdigkeit breit macht. "Ich fühle mich nicht mehr so fit wie vor zwei Wochen. Zudem habe ich das linke Knie zuletzt wieder gespürt."
Sieg für den Hinkenden
Svindal krönte mit seinem vierten Sieg in der Abfahrt in Beaver Creek und dem insgesamt sechsten auf der "Birds of Prey" ein weiteres beeindruckendes Comeback. Noch am Mittwochabend hatte er sich im Teamhotel hinkend bewegt. Typisch Svindal! Erneut verneigt sich der gesamte Skizirkus vor diesem Phänomen.
Für den Norweger hatte die vergangene Saison im Januar geendet - zum dritten Mal in Folge war für ihn auf den Rennpisten vorzeitig Schluss gewesen. Die nicht optimal verlaufene Genesung des rechten Knies, in dem er zwölf Monate zuvor bei einem Sturz in der Abfahrt in Kitzbühel einen Kreuzband- und Meniskusriss erlitten hatte, erforderte einen weiteren operativen Eingriff.
Auch die erfolgreiche Rückkehr in Beaver Creek ist für Svindal kein Novum. In der vorletzten Saison hatte er nach seinem Doppelschlag in Lake Louise auch im Resort in Colorado die Abfahrt für sich entschieden. Vor neun Jahren hatte er sowohl die Abfahrt als auch den Super-G gewonnen - zwölf Monate, nachdem ihn die Piste brutal abgeworfen und er sich schwere Verletzungen zugezogen hatte. Ein Jochbeinbruch, ein doppelter Nasenbeinbruch und vor allem eine tiefe Wunde am Gesäss verunmöglichten in jenem Winter weitere Einsätze.
Nur reduziertes Training
Das rechte Knie erfordert bei Svindal besondere Behandlung wie das linke bei Feuz. Trainings sind für beide nur noch in reduziertem Umfang möglich. Svindal sitzt täglich zwei-, dreimal auf dem Ergometer, um der Schwellung im havarierten Knie nach Training oder Wettkampf entgegenzuwirken. Ab und zu muss er auch zu Schmerzmitteln greifen, allerdings nur im äussersten Notfall. "Ich versuche, so gut als möglich ohne Medikamente über die Runden zu kommen."
Obwohl Svindal und Feuz beide in der Nähe von Innsbruck wohnen, beschränkt sich ihr Kontakt auf die Wintermonate. Dann ist zwangsläufig ihre körperliche Verfassung das Hauptthema. Es wird nicht nur über die eigenen Erfahrungen diskutiert, es werden auch Ratschläge weitergegeben. Ähnliche Schicksale verbinden eben.
Der Unfall-Tod des Vaters
Mit einem ganz anderen Schicksal sah sich einst Thomas Dressen konfrontiert, der unerwartete Dritte der Abfahrt in Beaver Creek. Im September 2005 hatte der damals zwölfjährige Bub auf dramatische Weise seinen Vater und grössten Förderer verloren. Dirk Dressen hatte mit einer Jugendtrainingsgruppe in Sölden in einer Gondel gesessen, als an einem Helikopter das Tragseil riss und über der Seilbahn ein 750 Kilogramm schwerer, mit Beton gefüllten Kübel niederging. Das Unglück forderte neun Todesopfer, unter ihnen war Dirk Dressen.
Mit seiner ersten Klassierung unter den ersten drei im Weltcup bestätigte Thomas Dressen seine Fortschritte und sorgte zudem für den ersten Podestplatz eines Speed-Fahrers des DSV seit 13 Jahren. Im Dezember 2004 hatte Max Rauffer nicht minder überraschend die Abfahrt in Val Gardena gewonnen.
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