Am Freitag starten die alpinen Speedfrauen in Lake Louise in den Weltcup-Winter. Die Schweizer Trainer trauen ihre Team viel zu, nicht nur wegen der Abwesenheit von Lindsey Vonn und Sofia Goggia.
Das Team ist klein, aber die Zuversicht ist gross im Schweizer Lager vor den ersten drei Speedrennen von Freitag bis Sonntag in den kanadischen Rocky Mountains. Beat Tschuor, der neue Chef der Frauen, und Roland Platzer, der Speedtrainer, geraten geradezu ins Schwärmen nach dem reibungslos verlaufenen Sommer. Beide sprechen von einem "sehr guten Bauchgefühl".
Tschuor, der vormalige Nachwuchs-Chef, der im Sommer die Rolle mit Hans Flatscher getauscht hat, sagt: "Was ich in den Trainings gesehen habe, stimmt mich optimistisch. Die Fahrerinnen sind sehr gut drauf." Platzer meint über seine Schützlinge Jasmin Flury (25), Corinne Suter (24), Priska Nufer (26) und Joana Hählen (26): "Rufen sie das Vorhandene in den Rennen ab, kommt es gut. Sie haben einen weiteren Schritt vorwärts gemacht."
Die Fahrerinnen seien physisch auf einem sehr hohen Level, sagt Tschuor. Das gelte auch für Hählen, die durch den nicht operativ behandelten Kreuzbandriss keinerlei Einschränkungen verspürt. Auch technisch ermöglichten die vielerorts guten Trainingsbedingungen Fortschritte - mitunter dank überdurchschnittlich vielen Riesenslalom-Trainings.
Corinne Suter erstarkt
Mit Blick auf die letzte Saison würde man von den hiesigen Speedfahrerinnen in der Abfahrt nicht unbedingt Glanztaten erwarten. Einzig Michelle Gisin schaffte es 2017/18 als Dritte in Lake Louise aufs Podest. Als Sechste in der Gesamtwertung war die Allrounderin die beste Schweizerin, gefolgt von Lara Gut - nun Gut-Behrami - auf Gesamtrang 10 und Jasmine Flury auf Platz 15. Im Weiteren schaffte es nur noch Corinne Suter als 20. unter die besten 30. Dafür schnitten die Swiss-Ski-Fahrerinnen im Super-G mit Lara Gut als Gesamtzweite, Michelle Gisin als Vierte und drei weiteren Fahrerinnen in den Top 15 bedeutend besser ab. Sechs Podestplätze sprangen in dieser Disziplin heraus.
In der Vorbereitung auf die neue Saison tat sich insbesondere Corinne Suter hervor. Mit starken Trainingsleistungen deutete die 24-jährige Schwyzerin an, dass sie ihre Probleme bei der Materialabstimmung und im mentalen Bereich überwunden hat. Nach durchzogenen anderthalb Saisons ist das Vertrauen zurück. "Sie ist um einiges weiter als vor einem Jahr", sagt Platzer. Der Südtiroler, bei Swiss-Ski seit 2013 für die Speedgruppe der Frauen zuständig, erkannte bei Suter auch die während längerer Zeit vermisste Lockerheit wieder.
Platzers Ausführungen zufolge ist also denkbar, dass Suter zu Michelle Gisin und Lara Gut-Behrami aufschliessen kann. Letzteren beiden ist ohnehin viel zuzutrauen. Die Instinktfahrerin Gisin verblüffte letzte Saison mit je einem Podestplatz in der Abfahrt (Lake Louise) und im Super-G (St. Moritz) und meistert ihr Mammutprogramm bislang ohne grösseren Energieverlust, Lara Gut fand an der Seite von Ehemann Valon Behrami inneren Frieden.
Vonns verpasste Chance
Die Schweizer Chancen in Lake Louise steigen durch die Abwesenheit der beiden besten Abfahrerinnen der letzten Saison. Lindsey Vonn musste wegen eines Trainingssturzes für die Rennen in Lake Louise Forfait erklären, Sofia Goggia kann wegen eines Knöchelbruchs im Fuss wohl erst im Januar ins Geschehen eingreifen.
Besonders für Vonn ist das Verpassen der Speed-Ouvertüre schmerzlich. In Lake Louise hätte die 34-Jährige die grössten Chancen gehabt, auf der Jagd nach dem Rekord von Ingemar Stenmark weiter Boden gutzumachen. Nicht weniger als 18 ihrer 82 Weltcupsiege errang die amerikanische Speed-Queen auf ihrer Lieblingsstrecke am Whitehorn Mountain. Zum Rekord des Schweden fehlen ihr noch vier.