Lara Gut-Behrami holt an der WM in Cortina ihre zweite Goldmedaille und die dritte an diesen Titelkämpfen. Sie freut sich so ausgelassen wie lange nicht mehr und sagt: «Ich habe meinen Weg gefunden.»
Lara Gut-Behrami, Ihr Vater Pauli Gut sagt, diese WM-Goldmedaille im Riesenslalom sei die Medaille, die Ihnen am meisten bedeutet. Warum?
Ich habe immer davon geträumt und darauf gehofft, einmal im Riesenslalom eine Medaille zu holen. Bis jetzt hat es nie wirklich gereicht. Es ist für mich immer das letzte Rennen an Weltmeisterschaften, und ich war zu diesem Zeitpunkt mental und körperlich jedes Mal sehr müde. Dass ich es jetzt in dem wohl längsten Riesenslalom meiner Karriere ganz nach vorne schaffte, macht mich sehr glücklich. Es dauerte lange, bis es klappte. Umso schöner fühlt es sich an.
So ausgelassen hat man Sie auch selten im Ziel gesehen.
Es war nicht so, dass ich mich nach dem Sieg im Super-G nicht gefreut hätte. Es war aber auch nicht so, dass ich etwas verborgen hätte. Ich bin keine Schauspielerin. Man kann auch glücklich sein, ohne es nach aussen zu tragen. Ich reagierte dieses Mal wohl auch emotionaler, weil es mein letztes Rennen an dieser WM war und ich wirklich die allerletzte Energie aus mir herausholen konnte. Wie fit ich am Tag danach bin, spielte keine Rolle.
Sie setzten sich im Ziel in den Schnee, dehnten die Beine und blieben länger sitzen. In einem TV-Interview sagten Sie, Sie seien vor dem zweiten Lauf extrem müde gewesen.
Ich hatte vor dem Start tatsächlich vor allem damit zu kämpfen, wie müde ich war und wie sehr ich mich anstrengen musste. Auf der Piste fühlte es sich zum Glück leichter an. Ich fühle mich wohl zurzeit, und wenn du gut fährst, hilft dir der Ski gewissermassen mit. Aber der Lauf war schon sehr lang und nach der Hälfte konnte ich kaum mehr. Das ging aber nicht nur mir so. Alle waren am Kämpfen.
Nach der Abfahrt am Sonntag gingen Sie zwei Tage nach Hause nach Udine. Wie gut gelang es, abzuschalten von der WM? Und wie hilfreich war es?
Es half auf jeden Fall. Ich genoss es, zu Hause mein normales Leben zu führen. Das werde ich jetzt auch bis nächsten Dienstag vor den Rennen in Val di Fassa wieder tun. Entscheidender ist aber, dass ich mein Gleichgewicht allmählich gefunden habe. Ich hatte immer Lust aufs Skifahren, aber das ganze Drumherum raubte mir lange so viel Energie. Jetzt habe ich meinen Weg gefunden. Ski fahren, heimgehen, geniessen – so passt es für mich. Mit 20 findest du es schön, fünf Wochen unterwegs zu sein. Jetzt will ich nach fünf Tagen wieder nach Hause. Meine Werte haben sich verändert.
Schafft es diese Balance, auch langfristige Perspektiven zu sehen als Skirennfahrerin?
Keine Ahnung, das kann ich jetzt nicht abschätzen.
Sie mussten nach der Verletzung vor vier Jahren hart daran arbeiten, um wieder auf dieses Niveau zu kommen. Wie viel Spass macht es jetzt, wo es wieder so läuft?
Sehr viel. Wenn es beim Skifahren läuft, spürst du die Müdigkeit fast nicht und erholst du dich viel besser. In Crans-Montana hatte ich starke Rückenschmerzen, auf der Piste fühlte ich mich trotzdem wohl. Hier in Cortina kämpfte ich vor dem zweiten Lauf gegen das Einschlafen, auf der Piste lief es trotzdem gut. Wenn es nicht läuft, ist jede Kurve ein Kampf und fühlen sich zweieinhalb Minuten wie vier Minuten an. Wenn es läuft, fällt alles leicht.
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