Kritik an Gut-Behrami Russi: «Auch wenn du müde bist, musst du eine andere Visage aufsetzen»

lbe

23.12.2023

Für Bernhard Russi könnte Lara Gut-Behrami als Botschafterin des Skisports eine bessere Figur abgeben.
Für Bernhard Russi könnte Lara Gut-Behrami als Botschafterin des Skisports eine bessere Figur abgeben.
Bild: Keystone

Lara Gut-Behrami fährt der Konkurrenz auch in dieser Saison um die Ohren und wird für ihre Leistungen von Bernhard Russi gelobt. Die Auftritte neben der Piste dagegen gefallen dem einstigen Olympiasieger weniger.

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  • Lara Gut-Behrami fährt in ihren ersten acht Saisonrennen viermal auf das Podest und beweist, dass sie nach wie vor zur absoluten Weltspitze gehört.
  • Während Bernhard Russi die Tessinerin für ihre Leistungen in höchsten Tönen lobt, machen ihm die Auftritte neben der Piste etwas Sorgen.
  • Für Marco Odermatt hat Russi dagegen ausschliesslich lobende Worte – ob auf oder neben der Skipiste.

Zwei Riesen-Siege zum Saisonauftakt in Sölden und Killington, ein zweiter Platz im Riesenslalom von Tremblant und Rang drei beim Super-G in St.Moritz – Lara Gut-Behrami schafft es in der noch jungen Saison bereits viermal auf das Podest und liefert so den Beweis, nach wie vor zur absoluten Weltspitze zu gehören.

«Sie ist selten so gut Ski gefahren wie jetzt am Anfang des Winters. Du hast kein grosses Driften mehr gesehen, der Kanten-Einsatz war von allem Anfang an dabei», lobt auch Ex-Profi und Experte Bernhard Russi beim «Blick» und bezeichnet die 32-Jährige als beste Skifahrerin der Welt – gemeinsam mit Mikaela Shiffrin.

«Gut-Behrami müsste für ihren Sport mehr machen»

So sehr sich Russi auch von Gut-Behramis Fahrten begeistern lässt, findet der einstige Olympiasieger an ihren Auftritten neben der Piste weniger Gefallen. «Ich habe etwas Angst, dass sie technisch einen riesigen Fortschritt gemacht hat, aber nicht in den anderen Funktionen, nämlich im Psychischen, in ihrem Denken und Verhalten. Da ist sie mir leider wieder etwas zurückgefallen in die alten Sünden.»

Dazu gehöre, dass Gut-Behrami viel reklamiere und oft unzufrieden sei. «Das ist eigentlich schade. Sie ist mit Shiffrin zusammen die beste Skifahrerin der Welt und müsste eigentlich für ihren Sport selber mehr tun», macht Russi auch auf die Rolle als Botschafterin des Ski-Sports aufmerksam und erinnert an den Auftritt bei den Sports Awards, wo Gut-Behrami vor knapp zwei Wochen zur Schweizer Sportlerin des Jahres ausgezeichnet wird.

«Sie wirkte abgestellt», so Russi, der klarmacht: «Sie repräsentiert den alpinen Skisport, der in der Schweiz etwas ganz Wichtiges ist. Sie repräsentiert den Schweizer Skiverband, ihre Trainer und Coaches, ihre Mitkonkurrentinnen. Auch wenn du etwas müde und nicht gerade in dieser Laune bist, musst du ein bisschen eine andere Visage aufsetzen. Du musst Freude zeigen, auch wenn sie nicht aus dem Innern kommt.»

Odermatt als Vorzeigebeispiel – auf und neben der Piste

Der ehemalige SRF-Experte kann sich gar vorstellen, dass der Verband möglicherweise auf den Auftritt reagiert hat. «Ich nehme schwer an, dass Urs Lehmann das auch auf eine Art und Weise gemacht hat», sagt Russi und begründet: «Das schadet nicht nur ihr, sondern der ganzen Bewegung.»

Bernhard Russi beobachtete die Ehrungen von Marco Odermatt und Lara Gut-Behrami bei den Sports Awards vor Ort.
Bernhard Russi beobachtete die Ehrungen von Marco Odermatt und Lara Gut-Behrami bei den Sports Awards vor Ort.
Bild: Keystone

Ganz anders nimmt Russi dagegen Marco Odermatt wahr, der neben der Piste als Vorzeigebeispiel gilt: «Das war eine gewaltige Präsenz, die er dort ausgestrahlt hat. Er fand die richtigen Worte, man nahm ihm alles ab und es war alles authentisch.»

Odermatt kann Russi aber nicht nur neben, sondern vor allem auch auf der Piste begeistern. «Wenn ich Marco in seinem jetzigen Zustand analysiere, frage ich mich selbst immer wieder, wie das möglich ist oder wo das Geheimnis ist», gesteht Russi und schwärmt: «Er ist ein Artist. Er ist wie ein Seiltänzer ohne Netz. Er ist derjenige, der immer zentral über dem Ski steht. Das ist unglaublich.»