Absturz mit Ansage Das sind die Gründe für die Krise beim FC Basel

Von Syl Battistuzzi

25.9.2023

Die FCB-Spieler müssen sich nach der Pleite gegen Yverdon ihren Fans erklären. 
Die FCB-Spieler müssen sich nach der Pleite gegen Yverdon ihren Fans erklären. 
KEYSTONE

Für den FC Basel hat es nach dem XXL-Umbruch im Sommer einen weiteren Dämpfer abgesetzt. Gegen Aufsteiger Yverdon gibt es eine verdiente 2:3-Auswärtspleite. blue Sport nennt die Gründe für den Absturz.

Von Syl Battistuzzi

Keine Zeit? blue News fasst für dich zusammen

  • Der FC Basel leistet sich bei Aufsteiger Yverdon die dritte Auswärtspleite in Serie in der Super League. 
  • Der FCB ist nur dank des besseren Torverhältnisses im Vergleich zu Stade-Lausanne-Ouchy nicht Tabellenletzter.
  • blue Sport macht sich auf die Suche nach Gründen für den Absturz von Basel.

Bei der Einweihung des umgebauten Stade Municipal kommt am Sonntagnachmittag der grosse FC Basel nach Yverdon. Für die Matchvorbereitung ziehen sich die FCB-Spieler ein ganz spezielles Trikot an. Das Warm-Up-Shirt wurde zusammen mit den Fans entwickelt und umgesetzt und soll «ein Design-Mix aus Trikotdesigns, die den Club in den letzten Jahrzehnten geprägt haben» darstellen. Auf dem Rücken prangt «Sali zämme!».

Das Aufwärmshirt symbolisiert perfekt den Zustand des Klubs. Statt Klarheit und Einheit auszustrahlen, verkörpern die Bebbi ein wirres Potpourri. Die Farben und Linien gehen in alle Himmelsrichtungen – wie die Spieler auf dem Platz gegen Yverdon, die gegen den Aufsteiger wie ein Hühnerhaufen agieren. Dani Wyler, Kommentator für blue Sport beim Spiel, resümiert: 

«Schlampiges Abwehrverhalten, alles irgendwie blutleer, saft- und kraftlos, kaum Emotionen, miserables Zweikampfverhalten, kein Aufbäumen. Basel hatte keine Idee, wie sie Yverdons Spiel durchbrechen könnten. Der FCB ist mit drei Gegentoren noch gut bedient.»

Dani Wyler

Kommentator blue Sport beim Spiel Yverdon-Basel

Basels Fabian Frei mit seinem kunterbunten Trikot (Archiv).
Basels Fabian Frei mit seinem kunterbunten Trikot (Archiv).
Keystone

Blamable Vorstellung gegen Yverdon

«Yverdon war uns in allen Belangen überlegen», stimmt ihm Mohamed Dräger nach dem Spiel im Interview zu. Mit dem 2:3 seien sie noch gut weggekommen, so der Rechtsverteidiger, der selbst beim ersten Gegentreffer eine unglückliche Figur abgab. 

«Jede Statistik» würde für den Gegner sprechen, hält der 27-Jährige fest. In der Tat gewann Yverdon etwa mehr Zweikämpfe (56,8 Prozent) oder hatte mehr Abschlüsse im Strafraum. 

Mohamed Dräger: «Ist einfach schlecht»

Mohamed Dräger: «Ist einfach schlecht»

FCB-Spieler spricht beim Interview mit blue Sport über die 2:3-Niederlage gegen Aufsteiger Yverdon.

24.09.2023

Zwei der drei Gegentreffer fielen nach einer Ecke. Dabei hat FCB-Coach Timo Schultz die Standardsituationen von Yverdon vor dem Spiel mit seinen Schützlingen ausführlich besprochen. Richtig zugehört haben sie ihrem Chef wohl nicht. Auch die Pausenansprache blieb offensichtlich bei einigen Profis nicht hängen. Statt nach dem mauen Auftritt in der ersten Hälfte zu reagieren, dauerte es nicht mal zwei Minuten bis zum zweiten Gegentreffer.

Du hast eine Frage an David Degen?

  • Sende deine Frage per Sprachnachricht (WhatsApp oder SMS) an 079 ‎893 40 62. Am 5. Oktober geht der FCB-Präsident im Fussball-Talk «Heimspiel» ganz persönlich auf einige Fragen ein.

Stösst Schultz auf taube Ohren?

Die mangelnde Kommunikation ist womöglich gar nicht absichtlich. Schultz gibt dem Team achtzig Prozent seiner Anweisungen in Deutsch mit, die restlichen Befehle und Tipps erfolgen in anderen Sprachen, wobei man mit Co-Trainer Davide Callà ein Sprachtalent in den eigenen Reihen hat. Doch ob wirklich alle Spieler die Herangehensweise und Taktik ihres Chefs verstehen, ist zweifelhaft. Ungeklärt ist auch, was die Spielphilosophie des FCB ist – oder zumindest sein soll. Hoch anlaufen wie St. Gallen unter Zeidler? Defense first wie gewünscht von Henriksen beim FCZ? Spielkontrolle wie YB?

Schultz will taktisch flexibel sein, der Fokus liege bei ihm bei den Umschaltmomenten, wie es im modernen Fussball immer wichtiger werde, erläuterte er bei seinem Amtsantritt. Auch Degen schwärmte immer vom Red-Bull-Kosmos, wo alle Teams eine Spielphilosophie aus einem Guss verfolgen. In Basel ist davon selbst im Ansatz nichts zu sehen. Nicht mal eine billige RB-Leipzig-Kopie gibt man aktuell ab. 

Timo Schultz mit Assistent Davide Callà.
Timo Schultz mit Assistent Davide Callà.
IMAGO/Geisser

Die Resultate zeichnen ein düsteres Bild. Durch die vierte Niederlage im sechsten Spiel rutschte Basel auf den zweitletzten Platz ab, punktgleich mit dem Schlusslicht Stade Lausanne-Ouchy. Für den FCB ist es der schlechteste Saisonstart seit Einführung der Super League vor 20 Jahren.

Bei einer solchen Negativserie steht normalerweise der Trainer im Fokus. Der 46-Jährige übernahm Ende Juni den Posten – notabene von Heiko Vogel, der nun als Sportchef über ihn wie ein Damoklesschwert hängt. Der Ostfriese kam mit Vorschusslorbeeren aus St. Pauli nach Basel. Auch am Rheinknie hört man bisher trotz der ausbleibenden Erfolgserlebnisse aus dem Umfeld des Klubs keine bösen Worte über den neuen Mann. Schultz ist nur das letzte Glied in der (Fehler-)Kette, heisst es unisono.

Kaufwut statt Kontinuität

Kein Wunder, die Probleme liegen im Klub schon länger brach. Nach der missglückten Ära mit Bernhard Burgener bekam David Degen von den Fans viel Kredit bei seinem Amtsantritt im Mai 2021. Der neue Präsident ging seinen Job an wie früher als Spieler: offensiv, ambitioniert – und manchmal etwas zu ungestüm. Die Konsequenz: Ein Auf und Ab – sowohl auf als auch neben dem Rasen.

Eine klare Linie gab es bisher nicht unter seiner Führung. Das Konzept, auf junge und entwicklungsfähige Spieler zu setzen, tönt auf dem Papier gut. Der FCB glich bisher einer Durchlaufstation, bei der die Spieler ein und aus gehen. Das Resultat: Basel hat in diesem Sommer weltweit am meisten Spieler gekauft. 

Positiv: Schultz wollte nach der Yverdon-Pleite nicht den Umstand geltend machen, dass er viele neue Spieler integrieren muss. Tatsächlich hätte dieses Argument gegen Yverdon nicht ins Feld geführt werden können. Auch die Waadtländer hatten zahlreiche Wechsel im Sommer zu verzeichnen.

Der Shopping-Wahn hat zwar heuer die Finanzen wieder etwas ins Lot gebracht, doch die Kosten für den ständigen Umbruch sind aus sportlicher Sicht hoch. Wie eine Mannschaft so zusammenwachsen soll, ist schwierig vorstellbar. Einzelne Spieler – Beispiel Renato Veiga – besitzen augenscheinlich Talent und versprechen Aussichten auf eine fette Rendite.

FCB-Boss David Degen und Transfers – eine unendliche Geschichte. 
FCB-Boss David Degen und Transfers – eine unendliche Geschichte. 
IMAGO

Die Mehrheit der Sommer-Transfers hat überwiegend noch nichts gezeigt. Es ist für die Neuzugänge aber auch schwierig Leistung zu zeigen, wenn keine Leaderfiguren auf dem Platz sind, welche die meist jungen Fussballer führen können. Gegen Yverdon standen mit Goalie Hitz, Captain Fabian Frei und Arnau Comas nur drei Spieler in der Startelf, die letzte Saison schon das FCB-Trikot trugen. Dominik Schmid und Mohamed Dräger kennen die Super League zwar bereits, noch zeigen sie aber nicht ihre Qualitäten, welche sie an ihren früheren Stationen unter Beweis stellten. 

Leaderfiguren sucht man aktuell vergeblich

Eine Achse, die das Team tragen kann, ist derzeit weit und breit nicht zu sehen. Die designierten Leistungsträger Fabian Frei, Taulant Xhaka, Michael Lang und Marwin Hitz sind mit Ausnahme von Goalie Hitz auf der Suche nach ihrer Bestform. Auffällig: Bei allen drei Feldspielern war die jeweilige Vertragsverlängerung ein Politikum. Wie man routinierte Kräfte einbinden will, darüber scheinen sich die Klub-Verantwortlichen jeweils nicht wirklich im Klaren zu sein. 

Für Insider gleicht die Aussendarstellung des Klubs den gezeigten Leistungen auf dem Platz. Degen war teilweise medial auf Tauchstation, ehe er sich wieder auskunftsfreudig zeigte. 

Vogel übernahm im Februar den Trainerposten von Alex Frei. International führte er das Team ins Conference-League-Halbfinale, national konnte er den Abwärtstrend nicht stoppen. Am Ende verpasste der FCB das europäische Geschäft – und wies in der Meisterschaft 30 Punkte Rückstand auf YB auf. Die Interimsrolle wollte Vogel aber abgeben, um wieder als Sportchef zu agieren.

Heiko Vogel: «David Degen wird immer auf diese einzelne Aussage reduziert»

Heiko Vogel: «David Degen wird immer auf diese einzelne Aussage reduziert»

Nach einer hektischen Transferphase soll der FC Basel nun sportlich wieder in die Gänge kommen. Sportchef Heiko Vogel blickt im Interview mit blue Sport auf die wilden Wochen zurück und nimmt David Degen in Schutz.

24.09.2023

Das Mäandrieren in seiner Personalie hatte zur Folge, dass Vogel sich zuerst auf den Trainerjob konzentrieren musste – und damit seine eigentliche Rolle als Sportchef vernachlässigen musste. Kein Wunder, folgten in der Sommerpause die Transfers tröpfchenweise. Eine solche Konstellation bei YB unter Christoph Spycher? Undenkbar. 

Wie sich Vogel in der sportlichen Krise verhält, wird spannend zu beobachten sein. Zurücklehnen auf seinen Sessel und dem ganzen Treiben tatenlos zusehen, liegt definitiv nicht in der Natur des impulsiven Deutschen. Klar ist: Jede Aktion von ihm wird mit Argusaugen verfolgt werden. Schliesslich ist der 47-Jährige der Vorgänger von Schultz – und stünde höchstwahrscheinlich auch bei seiner Ablösung bereit. 


Yverdon – Basel 3:2

Yverdon – Basel 3:2

Credit Suisse Super League, 7. Runde, Saison 23/24

24.09.2023