blue Sport macht auf Spycher und Chapuisat Wer wird der neue YB-Trainer? Hier kommt der grosse Kandidaten-Check

Michael Wegmann, Jan Arnet

16.4.2024

Wie heiss sind Giorgio Contini und Peter Zeidler auf den Trainerposten bei YB? 
Wie heiss sind Giorgio Contini und Peter Zeidler auf den Trainerposten bei YB? 
KEYSTONE

Welcher Coach ist wie heiss auf den begehrtesten Trainerposten des Schweizer Klubfussballs? blue Sport checkt Kandidaten und verteilt Flammen anhand eines realistischen Anforderungsprofils für den neuen YB-Trainer. Wer ist dein Lieblingskandidat? 

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Michael Wegmann, Jan Arnet

16.4.2024

Auch wenn Joël Magnin (52) mit YB den Titel holt, übernimmt er nach der Saison wieder die U21. Dies kommunizierte YB bereits bei der Entlassung von Raphael Wicky. 

Die grosse Frage also: Wer kriegt den wohl attraktivsten Trainerposten im Schweizer Klubfussball? Das Anforderungsprofil an den Wicky-Nachfolger sieht nach Informationen von blue Sport in etwa so aus:

Titel holen, logisch! Doch Siege allein reichen in Bern längst nicht mehr, das Publikum ist nach all den Erfolgen anspruchsvoll geworden und will auch unterhalten werden. Und die starke Führungsriege um Mitbesitzer Christoph Spycher, Sportchef Steve von Bergen, Chefscout Stéphane Chapuisat und Ausbildungschef Gérard Castella hat klare Vorstellungen wie: Red-Bull-Fussball soll's sein. Aggressiv, intensiv, schnell, dominant und spektakulär. Ziel: in zehn Sekunden nach Balleroberung zur Torchance. Junge Spieler entwickeln können und auch wollen, gehört auch ins Anforderungsprofil. 

Französisch-Kenntnisse wären auch von Vorteil, da YB traditionell frankofon geprägt ist. Auch internationale Erfahrung hilft. Hinzu kommt ein anständiges Auftreten, Charisma, Gelassenheit und Ruhe an der Seitenlinie. Der Neue sollte zudem ein Teamplayer sein, da die sportliche Leitung um Spycher sehr präsent ist. Eine One-Man-Show ist undenkbar. Bei einem zu starken Charakter ist das Konfliktpotenzial gross.

Welcher Trainer ist wie heiss auf die YB-Bank und warum? blue Sport spielt YB-Führung und checkt Kandidaten. Dass der Neue drunter ist, ist nicht garantiert. Die Chance dafür ist aber durchaus gegeben.

Soll Augsburger Top-Kandidat auf den Trainerposten sein: Peter Zeidler.
 

FC St.Gallen

Peter Zeidler (61) 🔥🔥🔥

Kein Trainer in der Schweiz stellt seine Mannschaft offensiver ein als Zeidler. In St. Gallen ist der 61-Jährige seit 2018, besitzt noch einen Vertrag bis 2027. Doch mit Sportchef Alain Sutter hat kürzlich sein langjähriger Ansprechpartner den Klub verlassen. YB wünscht sich den Zeidler-Fussball. Was sonst noch für ihn spricht: Er kennt die Super League bestens und war einst gar Französisch-Lehrer. Eloquent neben dem Platz, an der Seitenlinie jedoch ein steter Unruheherd. Da wünschen sich Spycher & Co. wohl ein wenig mehr Gelassenheit. 

 

Vereinslos

Lucien Favre (66) 🔥

Seit 15 Monaten und dem Ende bei Nizza ist Favre ohne Verein. Klar gehört ein Trainer seines Formats beim Liga-Krösus auf die Liste. Die Chance dürfte jedoch gering sein. Laut Informationen von blue Sport soll Favre derzeit kein Interesse mehr am Job eines Klubtrainers haben. Doch vielleicht überlegt es sich der 66-jährige Waadtländer auch wieder einmal anders. Kann vorkommen.  

 

FC Lugano

Mattia Croci-Torti (41) 🔥🔥🔥

Unter dem authentischen Tessiner mit seiner Kult-Mütze ist Lugano innert zweieinhalb Jahren zum Top-Team gereift. Mit dem Cup-Sieg 2022 bewies Croci-Torti auch, dass er Titel holen kann. Er redet die Sprache der Spieler, kann seine Ideen vermitteln und gilt als exzellenter Motivator. Croci-Torti weiss, dass er irgendwann das Tessin verlassen muss, will er sich weiterentwickeln. Was den Kader angeht, dürfte YB der einzige Klub in der Super League sein, der für den Lugano-Coach ein Schritt vorwärts ist. Fragen, die man sich stellen kann: Wie stark muss er sich in der Hauptstadt verbiegen? Passt seine Mentalität nach Bern? Und ist sein Deutsch gut genug? 

 

FC Luzern

Mario Frick (49) 🔥🔥

Er versteht es mit seinem Fussball, die Fans zu begeistern. In Luzern gehen wieder mehr Leute ins Stadion als vor der Frick-Ära. Zudem scheut sich der Liechtensteiner nicht davor, Junge ins kalte Wasser zu werfen. Unter ihm haben viele Nachwuchsspieler den Sprung geschafft. Was gegen Frick sprechen dürfte: Schlussendlich verpasste er mit dem FCL sowohl im Cup wie auch in der Liga beide Saisonziele. Zudem ist er an der Seitenlinie eher impulsiv unterwegs und stellte sich zuletzt nach Niederlagen mehr als einmal nicht vor seine Spieler. 

 

FC Winterthur

Patrick Rahmen (55) 🔥🔥🔥🔥🔥

In Basel sind sich längst alle einig: Rahmens Entlassung im Februar 2022 war ein Fehler. Beim FCB ging es seither bergab – und bei Rahmen steil bergauf. In Winterthur macht er einen herausragenden Job, zieht mit dem Abstiegskandidaten Winti in die Championship Group ein und steht auch im Cup-Halbfinal. Der ehemalige Bayern-Star Markus Babbel sagte zuletzt zu blue Sport über seinen ehemaligen Assistenztrainer beim FC Luzern: «Wären keine grösseren Klubs auf ihn aufmerksam geworden, wäre man ja bescheuert.» Rahmen ist erfahren, rhetorisch stark und auch an der Seitenlinie meist gelassen. Er gilt auch als grosser Teamplayer. Gegen Rahmen spricht ... fast nichts. Höchstens, dass sein Fussball, den er mit Winterthur praktiziert, nicht ganz Red-Bull-like ist. 

René Weiler bleibt als Trainer auf Wanderschaft
 

Servette

René Weiler (50) 🔥🔥

Attraktiver Fussball, internationale Erfahrung, Französisch-Kenntnisse und sehr erfolgreich. Weiler bringt ganz viel von dem mit, was sich die YB-Bosse von ihrem neuen Trainer wünschen. Zudem ist er redegewandt, spricht Klartext, hat ein gutes Auftreten. Weiler ist selbstsicher, er gibt viel, fordert aber auch viel ein. Spricht überhaupt etwas gegen ihn? Am ehesten sein Charakter. Er hat hohe Ansprüche und ist einer, der gerne selbst entscheidet. In Bern, mit dieser einflussreichen sportlichen Führungscrew im Rücken, nicht ganz so einfach. Weiler hat 2018 bereits mit YB verhandelt, da kriegte Seoane den Job.

 

Nati-Assistenztrainer

Giorgio Contini (50) 🔥🔥🔥

Contini verhandelte schon mal mit YB. Doch im Sommer 2021 entschieden sich die Berner für David Wagner. Ein Fehler, wie sich im Nachhinein herausgestellt hat. Contini ist ein vielsprachiger, redegewandter und loyaler Teamplayer. Er zeigte zuletzt bei GC und Lausanne, dass er auch unter schwierigen Bedingungen abliefern kann. Contini würde viele Kriterien erfüllen. Gegen ihn spricht sein aktueller Job. Er hat kürzlich als Assistenztrainer von Murat Yakin unterschrieben – bis und mit EM in Deutschland. Will YB so lange auf den neuen Cheftrainer warten? Kaum. 

Thomas Häberli findet in Estland offenbar die richtigen Töne
 

Estland

Thomas Häberli (50) 🔥

Sucht YB einen Trainer mit grosser YB-Vergangenheit, könnte auch Thomas Häberli zum Thema werden. Der frühere Top-Stürmer (288 Spiele für YB) war nach seiner Spielerkarriere noch einige Jahre als Trainer im Nachwuchs der Berner tätig, wo er überzeugte. Seine bisher einzige Station als Super-League-Trainer in Luzern endete schon nach zehn Monaten unglücklich. Seit drei Jahren ist Häberli Nationalcoach von Estland, sein Vertrag dauert bis Ende 2024.

 

SC Freiburg II

Thomas Stamm (41) 🔥🔥

Im Sommer wird der 41-jährige Schaffhauser den SC Freiburg nach neun Jahren verlassen. Stamm galt vor einem Jahr als heisser Kandidat für den Trainerjob beim FC Basel, entschied sich aber dagegen. Auch jetzt steht er bei einigen Klubs auf der Liste, so wird er auch beim 1. FC Kaiserslautern als Nachfolger von Feuerwehrmann Friedhelm Funkel gehandelt. Stamm wird schon länger eine grosse Trainerkarriere vorausgesagt, bisher hat er aber erst im Nachwuchs gearbeitet. 

 

Lausanne

Ludovic Magnin (44) 🔥🔥

Überzeugt mit Lausanne von der Spielweise her bereits die ganze Saison, zuletzt kamen auch noch die Resultate hinzu. Magnin kennt die YB-Führungsriege bestens, spricht perfekt Französisch und Deutsch. War nach dem Cupsieg mit dem FCZ 2018 schon einmal unter den Kandidaten als YB-Trainer. Wurde damals als zu impulsiv eingestuft. Obwohl er ruhiger geworden ist, gilt das wohl heute noch. 

Wa seit Januar 2021 Cheftrainer des FSV Mainz 05: Bo Svensson.
 

Vereinslos

Bo Svensson (44) 🔥🔥🔥

Der Däne wäre die internationale Lösung. Und er steht für die Red-Bull-Schule, coachte er doch bei Farmteam Liefering und kurz im Nachwuchs von RB Salzburg, ehe er im Januar 2021 Mainz übernahm. Mit den Mainzern schaffte Svensson erst sensationell den Ligaerhalt in der Bundesliga, 2022 coachte er Mainz gar auf Rang 8 und 2023 auf Rang 9. Er war schon Spieler in Mainz – seine Trainer da hiessen einst Jürgen Klopp und Thomas Tuchel. Nach seiner Entlassung im letzten November ist er ohne Klub. 

Thuns Trainer Mauro Lustrinelli verfolgt das Geschehen. (Archivbild)
 

FC Thun

Mauro Lustrinelli (48) 🔥

Der ehemalige U21-Nati-Trainer – er kann gut mit Jungen – liefert sich mit Absteiger Sion ein heisses Rennen um den Aufstieg in die Super League. Den Barrage-Platz hat er mit Thun bereits auf sicher. Auch wenn es nicht mit dem Aufstieg klappt, gilt Trainer Lustrinelli als heisser Anwärter auf die Super League. Akribisch in seiner Arbeit, gut im Auftritt. Gegen ihn spricht, dass er noch kein Team in der Super League trainiert hat. 

Sehnt sich  nach einem Erfolgserlebnis mit Union Berlin: Trainer Urs Fischer.
 

Vereinslos

Urs Fischer (58) 🔥🔥🔥

Im November hat sich Union Berlin schweren Herzens nach fünfeinhalb Jahren von Urs Fischer getrennt. Der Vertrag von Unions Trainerlegende läuft noch bis Sommer 2025. Laut Informationen von blue Sport wollte Fischer nach der Trennung nicht sofort einen neuen Klub übernehmen, ab Sommer soll es dann anders aussehen. Dass YB an Fischer denkt, der vor seiner erfolgreichen Union-Zeit während zwei Saisons mit dem FC Basel die Liga dominierte, ist klar. Doch wie realistisch ist eine Fischer-Verpflichtung? Das dürfte hauptsächlich von Fischer abhängen. Kann er es sich überhaupt vorstellen, in die Super League zurückzukehren? Und: Kann und will YB sich Fischer leisten. Er ist der Kandidat mit dem mit Abstand höchsten Marktwert auf der Liste. Anders formuliert: YB dürfte heiss sein auf Fischer. Doch wie heiss ist Fischer? 

Alain Geiger ist bei Servette unter Druck
 

Vereinslos

Alain Geiger (63)  🔥🔥🔥

Geigers Rucksack ist gut gefüllt, der Walliser ist seit 27 Jahren im Trainerbusiness tätig. Dass er noch längst nicht zum alten Eisen gehört, hat er zuletzt bei Servette bewiesen. In seinen fünf Jahren in Genf führte er den Klub zurück in die Super League und sogar auf einen europäischen Platz. Dennoch wurde er letzten Sommer durch René Weiler ersetzt. Geiger coachte auch schon in Algerien, Ägypten und in Saudi-Arabien – und wäre ablösefrei.