Nicht lange her, da träumte man beim FCZ noch vom Titel. Dann riss man ohne Not sein Abwehrbollwerk ein, destabilisierte Leistungsträger, stellte das System um und den Verein auf den Kopf.
Keine Zeit? blue Sport fasst für dich zusammen
- Die ersten 12 Spiele blieb der FCZ ohne Niederlage, die Fans träumten vom Titel, die Gegner hatten Respekt.
- Bo Henriksens Team war zwar leicht zu lesen, weil er kaum wechselte und immer im selben System spielen liess, aber es war äusserst erfolgreich.
- Bis man alles auf den Kopf stellt: die Hierarchie in und rund um die Mannschaft. Jetzt ist man raus aus dem Cup und zittert um die Finalrunde.
Die FCZ-Dreierabwehr um Daprelà, Katic und Kamberi war ein Bollwerk. Trainer Henriksen nannte Katic «meinen General», lobte die Schnelligkeit von Kamberi und Daprelà's ausgefuchste Spielweise. Der Däne redete seine Dreierabwehr nicht nur ab dem ersten Spiel stark – sie war es auch. Statistisch gab's in der Liga zum Auftakt keine bessere Defensive.
Mit dem Trio blieb der FCZ die ersten 12 Runden ohne Niederlage. Klubrekord. Auch das defensive Mittelfeld mit Condé und Mathew funktionierte ausgezeichnet. Der FCZ beeindruckte selbst die Gegner. Nachdem der FC Luzern in Runde 9 zu Hause mit 1:4 gegen die Henriksen-Jungs verloren hatte, rief FCL-Trainer Frick den FCZ gar als Titelkandidaten Nummer 1 aus.
Unter Henriksens war der FCZ einfach zu lesen, aber stark
Obwohl Henriksens Team leicht zu lesen war, da dieser kaum rotierte und immer im gleichen System spielen liess, punktete und punktete man. Selbst Meister YB wurde in Runde 15 beim 3:1 Ende November im Spitzenspiel in die Schranken verwiesen. Spätestens da träumte jeder FCZ-Fan vom Titel.
Heute, nur zehn Spieltage später, fürchtet jeder Fan den Fall in die Abstiegsrunde! YB und auch Servette sind davongezogen, nur noch 3 Zähler sind's bis zum Strich. Und am Mittwoch verabschiedete sich der FCZ auch aus dem Cup – 0:2 zu Hause gegen Winterthur.
Wer hat den FCZ aus dem Meisterrennen genommen? Er sich selbst. Denn er hat sich ohne Not selbst destabilisiert – und zwar gleich auf mehreren Ebenen.
Da ist das Hick-Hack mit Fabian Rohner. Der 25-jährige eigene Nachwuchsspieler mit dem Hammerantritt war als Stammspieler in die Saison gestartet und wurde zwischenzeitlich gar aus dem Kader geworfen. Er durfte nicht mal mit ins Trainingslager nach Spanien. Mittlerweile ist er wieder Teil des Teams, darf sogar wieder spielen. Eine Aktion, die keiner versteht. Rohner selbst wohl am wenigsten.
Sein Abwehrbollwerk hat der FCZ selbst eingerissen
Sein Abwehrbollwerk hat der FCZ in Eigenregie selbst eingerissen. Denn das Trio Katic, Daprelà und Kamberi ist noch immer ungeschlagen. Bei allen sieben Saisonpleiten (inkl. Cup) standen sie nie zusammen auf dem Feld, beim 1:2 gegen GC fiel der Siegtreffer von Schürpf kurz vor Abpfiff, da ist Daprelà bereits ausgewechselt.
Zudem hat der FCZ zuletzt sein System umgestellt. Erstmals wird in Yverdon (Trainer Henriksen fehlte krank) mit Viererkette gespielt, was schief geht: 0:3-Pleite. Mässig erfolgreich gehts mit Viererkette weiter: 1:0 gegen Luzern, 0:2 gegen Lugano, 0:2 gegen Winterthur. Zudem scheint Daprelà mit dem Systemwechsel seinen Platz in der Defensive verloren zu haben – bei der Cup-Pleite gegen Winterthur ist er nicht mal mehr im Kader.
Auffallend seit dem Henriksen-Abgang ist auch, dass seine Nachfolger Murat Ural, Umberto Romano und Milos Malenovic (der Sportchef sitzt auf der Bank und ist in den Trainings dabei) vermehrt auf junge Spieler wie Di Giusto (18), Junior Ligue (18), Tsawa (17) oder Reichmuth (22), Oko-Flex (21) oder Dante (23) setzen.
Nachwuchsförderung um jeden Preis
Längerfristig sicher eine vorbildliche Strategie, doch in der Gegenwart riskant. Cheveyo Tsawa zum Beispiel, der in Lugano aufläuft, hat bis dahin vorwiegend in der U19 gespielt. Es scheint, als wollten die Verantwortlichen quasi über Nacht kompensieren, was Henriksen über Wochen offensichtlich vernachlässigt hat: die Nachwuchsförderung. Im Idealfall werden Talente sachte herangeführt und nicht einfach ins kalte Wasser – und dann noch in dieser Anzahl.
Zudem wird FCZ-Ikone Alain Nef auf die Tribüne verbannt, weil's auf der Bank mittlerweile zu wenig Platz hat.
Die vielen Umstellungen im Team passen ins Gesamtbild des Vereins. Denn seit der Ernennung von Malenovic zum neuen Sportchef bleibt kaum ein Stein auf dem anderen. Der ehemalige Spielerberater wirbelt an allen Ecken und Enden und stellt den Klub komplett neu auf: Bisher sind's rund 25 Personalmutationen.
Der neue Wind, der auf dem FCZ-Campus weht, gleicht bisher eher einem Orkan. Rückenwind hat dieser FCZ derzeit auf jeden Fall nicht.
So 03.03. 16:00 - 19:35 ∙ blue Sport Live ∙ UHD HDR FC Zürich - BSC Young Boys
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