Sportlich beeindruckt der junge Italiener Lorenzo Musetti gegen Novak Djokovic auf ganzer Linie. Seine späte Aufgabe im fünften Satz bringt ihm allerdings Kritik ein.
Über zwei Stunden lang bewegt sich die 19-jährige italienische Tennishoffnung mit Novak Djokovic auf Augenhöhe und knüpft dem Serben gar die beiden ersten Sätze ab. Anschliessend hat Lorenzo Musetti in seinem Achtelfinale der French Open aber einen ganz schweren Stand. «Die Spielweise von Musetti ist sehr vielseitig. Er macht alles ganz gut. Er hat jetzt nicht die ganz grosse Waffe», sagt Experte Boris Becker bei «Eurosport» über den Italiener und bezeichnet ihn gemeinsam mit Jannick Sinner, der am Montag Nadal unterliegt, als besten Teenager auf der Tour.
Nach dem Fünfsatz-Krimi gegen Landsmann Cecchinato in der Runde zuvor hat Musetti mit zunehmender Dauer des Spiels auch mit körperlichen Beschwerden zu kämpfen. Nachdem er die Sätze drei und vier mit 1:6 und 0:6 verliert, gibt er die Partie im entscheidenden Durchgang beim Stand von 0:4 auf.
An der Pressekonferenz sagt der Teenager: «Es ist keine Verletzung. Es waren nur ein bisschen Krämpfe und ein bisschen Schmerzen im unteren Rücken.» Dennoch hält Musetti ein vorzeitiges Ende des packenden Duells für das Beste. «Ich konnte keinen Punkt mehr gewinnen und so war es auch nicht wirklich dankbar für die Menge, die da war», lautet Musettis etwas überraschende Erklärung, die anschliessend für Wirbel sorgt.
«Es ist eine Reifeprüfung»
Für Becker ist das die falsche Entscheidung. «Wenn man sich mit den Grössten der Szene auseinandersetzt, dann muss man körperlich und geistig bereit sein. Und das verstehen die Jungen nicht. Es ist nicht nur Tennis spielen, es geht um Charakter und Persönlichkeit», so der 53-Jährige. «Ich hab jetzt keine ganz schlimme Verletzung gesehen. Er hätte noch zwei Games spielen können. Deshalb finde ich es nicht gut, bei 0:4 im fünften Satz aufzuhören. Da muss man auch den Respekt gegenüber dem anderen zeigen und sagen: Du hast mich heute geschlagen. Und dann gibt es ein 6:0. Es ist eine Reifeprüfung», findet Becker klare Worte.
Musettis späte Aufgabe sorgt auch auf Twitter für Diskussionen, nicht zuletzt auch aufgrund des Turnier-Rückzugs von Roger Federer am Sonntag. «Wenn Federer mitten im Turnier zurückzieht, was können wir dann von einem 19-Jährigen erwarten?», schreibt ein User. Boris Becker lässt allerdings auch jenes Argument nicht gelten. Seine prompte Antwort: «Du willst wirklich Federer mit Musetti vergleichen?»