Roger Federer analysiert an der Pressekonferenz seine bitte Niederlage gegen Stefanos Tsitsipas (ATP 15) und gibt seine Pläne für die kommenden Monate bekannt.
12 Breakbälle konnten Sie nicht verwerten…
Es gibt immer mehrere Faktoren, die in einer Partie wie dieser eine Rolle spielen. Aber es lief bei den Breakbällen definitiv nicht so, wie ich es mir erhofft habe. Ich habe Tsitsipas auch beim Hopman Cup nicht breaken können, also stimmt offensichtlich etwas nicht – wie ich anschliessend retourniere und was ich gegen ihn mache. Er machte es da aber auch jeweils sehr gut. Trotzdem ist es sehr frustrierend, ja.
Was haben Sie sich bei den Breakbällen gedacht?
Ich habe einfach einen Punkt nach dem anderen genommen, die ganzen dreieinhalb Stunden lang. Es geht im Tennis auf und ab, so ist der Sport. Natürlich habe ich versucht, ruhig zu bleiben, ich habe ja auch Chancen kreieren können. Ich war genau da, wo ich sein wollte. Aber Tsitsipas' Stärke ist, dass er den Ball früh nimmt und dir so wenig Zeit gibt. Also war es auch manchmal wegen ihm, dass es nicht klappte.
Es war ein tolles Niveau heute beim Spiel, oder? Wie beurteilen Sie Ihre eigene Leistung?
Ich denke, es war ganz okay. Ich habe gegen einen besseren Spieler verloren, der heute Abend einfach sehr gut gespielt hat. Er blieb im Match drin, kam zu Chancen und blieb ruhig. Das ist nicht immer einfach, besonders für die jüngeren Spieler. Doch er hat dies geschafft, was man ihm hoch anrechnen muss.
Die Bedingungen haben sich auch im Laufe des Spiels verändert, wie jedes Jahr, wenn man um 19 Uhr beginnt und es Nacht wird. Die Bedingungen sind dieses Jahr definitiv etwas langsamer als im letzten Jahr. So war nicht viel Variation möglich. Aber er hat gute Halbvolleys gezeigt, was ihm vielleicht das Match heute Abend eingebracht hat.
Wie haben Sie Tsitsipas erlebt?
Sehr stark. Ich habe es lieber, gegen einen Spieler zu verlieren, der auch gut spielt. Ich habe ja auch nicht schlecht gespielt oder so. Ich fühlte mich auch physisch top, auch im Hinblick für die weitere Saison. Aber das Leben geht weiter. Ich werde vielleicht noch mit meinem Team analysieren müssen, was bei den Breakbällen schiefgelaufen ist.
Er sprach von Ihnen als Idol. Sehen Sie in ihm sich selber?
Ja, ich denke schon. Er hat eine einhändige Rückhand und ich hatte auch mal lange Haare. Also kann man vielleicht schon von Parallelen sprechen. Und er hat einen mehr kontinentalen Griff als die meisten Spieler heutzutage. Das ist auch ein bisschen mehr meine Art als etwa Rafas Art.
Haben Sie sich beim Match nie gefragt, wann bei ihm eine kleine Krise kommen wird?
Als er 2:1-Sätze vorne lag und er die Ziellinie sah, wurde die Situation natürlich für ihn einfacher. Eigentlich müsste ich 2:1-Sätze vorne sein, ich hatte in den ersten drei Sätzen mehr Chancen. Aber er hat sich das Ganze ja auch erarbeitet in diesen drei Stunden. Natürlich wollte ich dann alles geben, dass er sich nicht den Sieg holt. Dass ihm das trotzdem gelang, ist natürlich enttäuschend.
Waren Sie heute mit dem Schiedsrichter und den Linienrichtern zufrieden? Es gab einige späte Aus-Rufe…
In engen Situationen wird es immer enge Calls geben und bei einigen knappen Entscheidungen wird es automatisch zu Fehlern kommen, das ist menschlich und Teil des Spiels. Ich werde nicht anfangen, mich über Schiedsrichter und Linienrichter zu beschweren. Ich habe früher immer tagsüber gespielt, wo es kein Hawk-Eye gab, es gab zig solche Situationen da. Da spieltest du auch einfach weiter.
John McEnroe nannte dies eine Wachablösung. Sehen Sie Tsitsipas als einen der Leader der neuen Generation, welche die alte Garde ablöst?
Er steht halt vor dem Mikrofon, da muss man immer Dinge sagen. Ich liebe John. Ich habe solche Sachen in den letzten zehn Jahren schon häufiger gehört. Also nichts Neues. Zu Stefanos: Es ist offensichtlich, dass er in den letzten anderthalb Jahren wirklich gute Arbeit geleistet hat. Auch schon davor natürlich. Gegen Novak in Toronto, gegen Anderson und Zverev, jetzt gegen mich hier. Das ist es, was du tun musst, um auf die nächste Stufe zu kommen. Er macht das, was wirklich schön für ihn ist. Er war lange Zeit auf hohem Niveau in diesem Spiel. Das war eine gute Nacht für ihn.
Wie empfanden Sie das Publikum heute Abend? Ziemlich laut und teilweise störend, nicht?
Störend? Es war grossartig. Ich liebte das Publikum. Sie waren fantastisch. Dass manchmal ein aufgeregter Kerl mit dabei war, der beim Ballwechsel hineinrief, ist okay. Ich bevorzuge lieber so jemand als einer, der die ganze Zeit keinen Ton von sich gibt. Es hat Spass gemacht. Ich habe es genossen.
Gab es einen Moment in diesem Match, indem Sie das Gefühl hatten, dass Sie das Spiel wieder im Griff haben. Oder eher Gefühl, dass es vom ersten bis zum letzten Punkt hart werden würde?
Diesen Abend bedauere ich massiv. Ich sehe vielleicht nicht so aus, aber das tut es. Ich hatte das Gefühl, dass ich den zweiten Satz gewinnen müsste. Es ist mir egal, wie ich es mache, aber ich muss es einfach tun. Das hat mich das Spiel heute Abend gekostet.
Was hat die Niederlage für einen Einfluss für die Turnierplanung in den kommenden Monaten für Sie?
Eigentlich keinen, ich weiss bis Wimbledon, welche Turniere ich bestreite. Ich werde sicher auf Sand spielen, also auch in Roland Garros. Das habe ich aber schon vor den Australien Open entschieden.