Auch beim zweiten Auftritt in Wimbledon legt Roger Federer einen harzigen Start hin und muss gegen Richard Gasquet hartes Brot essen. Dann aber platzt der Knoten – und wie!
Gleich in seinem ersten Aufschlagsspiel sieht sich Roger Federer gegen Richard Gasquet mit drei Breakbällen konfrontiert. Zwar kann er diese allesamt abwehren, dennoch tut sich der Baselbieter in der Startphase des Matches ähnlich schwer wie in der Auftaktrunde gegen Adrien Mannarino. Nur: Dieses Mal kann sich Federer befreien.
Rechtzeitig zum Tiebreak – wie so oft in der Vergangenheit – findet der Schweizer einen zusätzlichen Gang und gewinnt dieses gleich mit 7:1. «Wichtig war, dass ich ein gutes Tiebreak gespielt habe», sagt Federer im Anschluss an der Pressekonferenz. Richtig befreit aufzuspielen beginnt er allerdings erst nach einem Zauberschlag von Gasquet. «Als er die unglaubliche Backhand longline auf meinen Smash schlug, habe ich mir gesagt: Jetzt will ich auch mal schauen, wie gut ich durchziehen kann. Es hat mich inspiriert», erklärt Federer.
«Es fühlte sich an wie früher»
Der Maestro gewinnt daraufhin fünf Punkte am Stück, schnappt sich das erste Break und von da an nicht mehr zu stoppen. «Dann lief es fast wie von alleine, das habe ich unbedingt gebraucht. Wieder einmal eine Stunde lang die richtigen Entscheide treffen, gute Bälle und Winner schlagen. Es fühlte sich an wie früher, das war ein wunderbares Gefühl», so Federer.
Er hoffe darauf, auch in den kommenden Partien ähnlich starke Phasen einzuziehen. Selbst BBC-Kommentator Becker anerkennt: «Er hat den Touch in allen Bereichen seines Spiels wiedergefunden. Der zweite Satz war perfekt.» Und auch Michael Stach sagt im Gespräch mit «blue Sport» (im Video oben): «Er hat echt die Wende geschafft. Das muss man klar sagen.»
Hohe Hürde im Sechzehntelfinal
Schlussendlich braucht Federer weniger als zwei Stunden, um gegen Lieblingsgegner Gasquet den 19. Sieg im 21. Duell einzufahren. Der Franzose dagegen verliert gegen den Maestro den 27. Satz am Stück – und ist an diesem Tag wohl der perfekte Aufbaugegner. Denn Federer macht klar: «In den ersten beiden Runden geht es nur darum, nicht auszuscheiden. Man muss noch nicht bei 100 Prozent sein, das bin ich noch nicht.»
Zum 18. Mal steht Federer in Wimbledon in der dritten Runde und ist damit nun alleiniger Rekordhalter vor Jimmy Connors. Zudem ist er der älteste Spieler seit dem Australier Ken Rosewall, der den Sprung ins Sechzehntelfinal schafft. Dort trifft er voraussichtlich am Samstag auf die formstarke, einheimische Hoffnung Cameron Norrie. Stach warnt: «Diese dritte Runde wird der Gradmesser. Cameron Norrie ist ein ganz anderes Kaliber.»
Federer weiss ganz genau, dass ihm am Samstag mit Gegner Norrie ein anderer Wind entgegenweht: «Er hatte ein starkes Jahr. Es wird hart und ich freue mich für ihn, dass es so gut läuft», lobt Federer im Platzinterview. «Aber jetzt ist es genug, er muss raus, ich muss weiterkommen.»