Die erste Austragung des Billie Jean King Cups ist Geschichte. Den Schweizerinnen blieb das Happy End verwehrt. Sie scheiterten in einem von Nebengeräuschen überschatteten Final am russischen Team.
Das Beste einer sportlich durchzogenen Premiere des in einem neuen Kleid daherkommenden Teamwettbewerbs kam zum Schluss. Belinda Bencic und Ludmila Samsonowa boten sich am Samstagabend in der zwar nur knapp zur Hälfte gefüllten, trotzdem aber stimmungsvollen O2-Arena im zweiten und letztlich entscheidenden Einzel des Finals einen hochklassigen Schlagabtausch, den die Russin nach 2:22 Stunden zu ihren Gunsten entschied.
Samsonowa avancierte am Finalturnier in Prag, auf den viele Top-Spielerinnen verzichtet hatten, zum Star des russischen Teams, das mit fünf Spielerinnen aus den Top 40 über die grösste Breite verfügte. Die nominelle Nummer 5 des Teams, die in Rom trainiert, gewann alle ihre fünf Partien und war im Halbfinal und im Final die Matchwinnerin. «Ich weiss nicht, was ich hätte anders machen sollen», sagte Bencic, die nach zuvor vier Siegen im Lauf der Woche in Samsonowa ihre Meisterin fand.
Russische Trickserei
Dass Samsonowa überhaupt gegen Bencic, die sie 2021 schon zweimal bezwungen hatte, antreten konnte, sorgte im Anschluss für eine grosse Kontroverse. Der russische Captain nutzte ein Schlupfloch im Regelwerk und ersetzte kurz vor Beginn der Begegnung Anastasia Pawljutschenkowa durch Samsonowa wegen einer angeblichen Verletzung der russischen Nummer 1. Dass sich Pawljutschenkowa kaum beim Aufwärmen verletzte, ist aufgrund der teils widersprüchlichen Aussagen der Russinnen anzunehmen.
«Das hat nichts mit smart tun», sagte ein verärgerter Heinz Günthardt. «Entweder ist es unglücklich, wenn sie sich tatsächlich verletzt hat, oder es ist falsch gespielt – es gibt nichts dazwischen.» Und Bencic fragte: «Wäre jemand anderes als die Russinnen auf diese Idee gekommen?» Den unsportlichen Winkelzug hätten diese aufgrund ihrer Spielstärke, die auch Günthardt lobend anerkannte, nicht nötig gehabt.
Auch René Stammbach fand klare Worte. «Die Regeln sind massiv unfair ausgelegt worden», sagte der Präsident von Swiss Tennis und Vizepräsident des Internationalen Tennisverbandes ITF. Eine mögliche Regel-Anpassung wurde bereits am Sonntag an einem ITF-Board-Meeting aufgegriffen. Stammbach stellte aber auch klar: «Wenn man im Sport verloren hat, muss man das akzeptieren.»
Lukrative Woche für Swiss Tennis
Für den Präsident von Swiss Tennis war es dennoch eine sehr erfreulich Woche: «Für eine Final-Qualifikation hätte ich vor Beginn des Events unterschrieben.» Dank dem Vorstoss in den Final wurde das Ganze nicht nur für die Spielerinnen, die sich 900'000 Dollar teilten, sondern auch für den Schweizer Verband zu einem lukrativen Geschäft. Neben den 200'000 Dollar Startgage kassierte Swiss Tennis weitere 272'000 Dollar, die laut Stammbach in den Nachwuchs investiert werden sollen.
Auch die Teilnahme am nächsten Finalturnier im November 2022 haben die Schweizerinnen bereits auf sicher. Sechs potenzielle Bewerber haben laut Stammbach ihr Interesse als möglicher Austragungsort bereits bekundet, darunter Städte aus Asien, den USA und Europa. Prag war eine Notlösung, nachdem der ungarische Verband die Veranstaltung nach zweimaliger Verschiebung aufgrund der Corona-Pandemie kurzfristig zurückgegeben hatte. «Die Tschechen haben einen hervorragenden Job gemacht», sagte Stammbach.
Tolle Arbeit verrichtete auch das Schweizer Team. «Wenn wir eines Tages zurückblicken werden, können wir sehr stolz auf uns sein», sagte Günthardt. «Wir haben sehr viele sehr gute Teams geschlagen.» Die Energieleistung, die es brauche, um in den Final zu kommen, sei enorm. Sein Team habe am absoluten Maximum gespielt. Bencic hob noch einmal den hervorragenden Teamgeist hervor, der während der ganzen Woche geherrscht habe. «Gerade deswegen tut es noch mehr weh. Wir haben alles gegeben.» Die Tränen in den Augen der Olympiasiegerin verrieten die Wut und Enttäuschung. Letztlich habe bei diesem Märchen einfach das Happy End gefehlt. «Aber ich hoffe, wir können dies in den nächsten Jahren einmal nachholen.»