Mit dem Ausscheiden von Dominic Stricker und Belinda Bencic in den Achtelfinals ist die Schweiz am US Open nicht mehr vertreten. Die Gefühlslage der beiden könnte aber unterschiedlicher nicht sein.
Dominic Stricker genoss den Auftritt vor rund 14'000 Zuschauern im Louis Armstrong Stadium sichtlich. «Ich weiss natürlich, dass sie nicht in erster Linie wegen mir gekommen sind», sagte der 21-jährige Berner nach der 6:7, 4:6, 4:6-Niederlage gegen die Weltnummer 9 Taylor Fritz im Interview mit SRF. «Aber man hat gesehen, dass sie mich auch ein wenig gern bekommen haben. Es war eine coole Atmosphäre, und ich habe es von A bis Z genossen.»
Stricker enttäuschte auch in seinem ersten Grand-Slam-Achtelfinal nicht. Es war für ihn das siebente Spiel in 13 Tagen – in der 2. Runde der Qualifikation hatte er einen Matchball abwehren müssen. Der Linkshänder steckte auch zwei emotional wie körperlich fordernde Fünfsatz-Siege gegen Stefanos Tsitsipas und Benjamin Bonzi weg. «Die Müdigkeit hat glaub keine grosse Rolle gespielt», fand der Schweizer.
An Details gescheitert
Gegen Fritz entschieden Details. Der 25-jährige Kalifornier, der nun Novak Djokovic fordern wird, stiess nach dem verwerteten Matchball einen lauten Siegesschrei aus. Stricker war der Aussenseiter, er hat sich aber auch bei den Besten seines Fachs grossen Respekt erkämpft. «Es waren drei extrem intensive Sätze, es entschieden einige wenige Punkte», zeigte sich Taylor Fritz, der an diesem Turnier noch keinen Satz abgegeben hat, erleichtert. «Er spielte wirklich gut, es war riesig für mich, dass ich so stark aufschlug.» Hätte Stricker einen seiner zwei Breakchancen bei 5:5 im ersten Satz genutzt, wäre es wohl noch enger geworden.
Dennoch musste sich der Schweizer wenig vorwerfen. «Es war eine mega tolle Erfahrung», stellte er fest. Dabei soll es aber nicht bleiben. «Warum ist der nicht besser klassiert», fragten sich viele Beobachter in den letzten Tagen. Nun wird sich Stricker von Position 128 in die Top 90 verbessern. «Es geht weiter», ist er sich bewusst. «Wir sind auf einem super Weg.»
Mehr Konstanz gefragt
Zu was er fähig ist, hat der Juniorensieger des French Open 2020 sich und der Welt nun bewiesen. Die wichtigste Aufgabe für Stricker und den deutschen Coach Dieter Kindlmann ist es fortan, solche Leistungen konstant abzuliefern und nicht nur dann, wenn es 14'000 Fans im Stadion hat. Bis Ende Jahr hat Stricker nur 109 seiner neu 685 ATP-Punkte zu verteidigen. Gelingt ihm dies, steht er am Australian Open im Januar erstmals ohne Qualifikation im Hauptfeld.
Dominic Stricker ist der grosse Lichtblick aus Schweizer Sicht am diesjährigen US Open. Daneben bleibt aber der Fakt, dass wie immer seit über zwei Jahren und seit Roger Federers letztem Wimbledon-Triumph kein Schweizer Mann oder Frau in den Viertelfinals eines Major-Turniers steht.
Bencic nach Fehlerflut ratlos
Dies ist nicht zuletzt für Belinda Bencic eine grosse Enttäuschung. Die als Nummer 15 gesetzte Ostschweizerin verpasste bei der deutlichen Niederlage gegen Sorana Cirstea (WTA 30) eine grosse Chance. Die Olympiasiegerin scheiterte zum dritten Mal in diesem Jahr in einem Grand-Slam-Achtelfinal.
«Ich habe gefühlt keinen Ball ins Feld gespielt», konstatierte Bencic nach der Flut von 32 unerzwungenen Fehlern. Dabei habe sie sich körperlich und mental gut gefühlt. Sie suchte in einem gewissen Fatalismus Trost. «Ich habe schon Millionen Chancen verpasst und werde noch Millionen Chancen erhalten», sagte sie.
Irgendwann sollte sie eine solche aber auch mal packen. Verlor sie am Australian Open und in Wimbledon noch gegen die spätere Siegerin (Aryna Sabalenka) respektive die Weltnummer 1 (Iga Swiatek), war sie gegen Cirstea die klare Favoritin.