Nachdem Jannik Sinner in Paris-Bercy bis um halb drei Uhr morgens rackern muss, bleibt ihm aufgrund der Spielansetzung zu wenig Erholungszeit. Der Rückzug des Italieners löst harsche Kritik an den Organisatoren aus.
Keine Zeit? blue News fasst für dich zusammen
- Jannik Sinner gewinnt seinen Sechzehntelfinal in Paris-Bercy um halb drei Uhr morgens, muss sich nur Stunden später aber aus dem Turnier zurückziehen, weil ihm zu wenig Erholungszeit bleibt.
- Der Rückzug des Italieners schlägt hohe Wellen und bringt den Organisatoren harsche Kritik ein.
- Stan Wawrinka, der am Montag ähnlich lange auf dem Platz steht, schaltet sich ebenfalls in die Diskussion ein und sagt: «Es ist immer die gleiche Geschichte.»
Einmal mehr erhitzen die Spielansetzungen auf der ATP-Tour die Gemüter. Beim Turnier in Paris-Bercy wird aufgrund des dichtgedrängten Programms gleich mehrfach bis weit nach Mitternacht gespielt. Am Mittwoch etwa stehen sechs Partien auf dem Centre Court auf dem Programm, weshalb Jannik Sinner und Mackenzie McDonald den Platz in der französischen Hauptstadt gar erst um Mitternacht betreten.
In einer hart umkämpften Partie setzt sich der favorisierte Italiener in drei Sätzen durch. Den Matchball verwandelt Sinner erst kurz nach halb drei Uhr morgens – und sagt schon unmittelbar danach: «Ich weiss nicht, ob ich den Achtelfinal spielen werde. Ich schaue, wie es mir geht, wenn ich aufwache.»
Prompt zieht Sinner am Donnerstagmittag die Reissleine. Weil sein Achtelfinal bereits um 17 Uhr steigen soll, reicht die Zeit nicht, um sich bis dahin genügend zu erholen. «Ich hatte weniger als zwölf Stunden Zeit, mich auszuruhen und mich auf das nächste Spiel vorzubereiten», erklärt Sinner seinen Rückzug. «Ich muss die richtige Entscheidung für meine Gesundheit und meinen Körper treffen.»
«Was für ein Witz»
Sinners Trainer Darren Cahill nimmt die ATP aufgrund der fragwürdigen Spielansetzung in die Pflicht. «Sie kümmern sich überhaupt nicht um die Gesundheit der Spieler», wirft der 58-Jährige dem Tennis-Weltverband vor und erhält viel Zustimmung.
Auch Casper Ruud (ATP 8) ärgert sich gewaltig. «Bravo ATP-Tour. Wie kann einer der besten Spieler der Welt sich erholen und so bereit wie möglich sein, wenn er sein letztes Spiel am Morgen um 2:37 Uhr beendet hat», schreibt der Norweger auf X (ehemals Twitter). Und weiter: «14,5 Stunden, um sich zu erholen – was für ein Witz.»
Auch Wawrinka, Gilbert und Pospisil äussern ihren Ärger
Stan Wawrinka pflichtet Ruud bei und fasst sich an den Kopf: «Es ist verrückt. Das Turnier kümmert sich nicht und die ATP macht einfach, was das Turnier will. Es ist immer die gleiche Geschichte.» Der Schweizer spricht aus Erfahrung, muss er sich doch in der ersten Runde Dominic Thiem tief in der Nacht geschlagen geben. «Am Montag war ich um 2:30 Uhr fertig und sollte am nächsten Tag um 15 Uhr spielen», so Wawrinka.
Auch Ex-Profi und Trainer Brad Gilbert meldet sich zu Wort und kritisiert die Organisatoren, welche die Partie von Sinner offensichtlich unbedingt auf dem Centre Court austragen wollten. «Verrückt. Sie hätten genug Zeit gehabt, Sinner auf Platz 1 zu verlegen», schreibt Gilbert und ergänzt: «Schlicht und einfach eine grauenhafte Entscheidung, den Court nicht zu wechseln.»
Vasek Pospisil, einst die Weltnummer 25, schliesst sich der Kritik an: «Die ATP hat sich noch nie um Spieler gekümmert. 2018 beendete ich eine dreistündige Schlacht um 00:45 Uhr und sollte am nächsten Tag um 13 Uhr spielen. Kein Scherz.» Am Beispiel des Kanadiers wird auch klar, wieso Sinner womöglich goldrichtig entschieden hat. «Am nächsten Tag habe ich mir nach vier Games einen Bandscheibenvorfall zugezogen, wurde operiert und fiel neun Monate aus.»