Federers Wermutstropfen Federer nach geglücktem Grand-Slam-Comeback: «Schade ist nur, dass meine Familie nicht hier ist»

Luca Betschart

1.6.2021

487 Tage nach seinem letzten Auftritt gibt Roger Federer am Montag in Paris sein Grand-Slam-Comeback und spielt sich ohne Mühe in die zweite Runde. Einige Fragezeichen und ein Wermutstropfen aber bleiben.

Luca Betschart

«Ich habe das Adrenalin wieder gespürt, auf dem Center Court hier in Paris spielen zu dürfen. Ich habe noch nie mit dem neuen Dach gespielt. Es war schön», sagt ein sichtlich zufriedener Roger Federer nach dem verwandelten Matchball gegen Denis Istomin im Interview mit «SRF». Nur 95 Minuten brauchte Federer zuvor für seinen nie gefährdeten 6:2, 6:4 und 6:3-Sieg zum Start in die French Open, über die gesamte Partie muss der Schweizer gegen den Usbeken keinen einzigen Breakball abwehren.

«Ich habe jetzt wieder einmal ein Spiel gewonnen, konnte ein kleines Erfolgserlebnis feiern. Ich muss schauen, dass ich mich über das freue», macht der 39-Jährige klar und relativiert den klaren Sieg: «Es war sicher nicht der stärkste Gegner. Gleichzeitig habe ich gut angefangen, im ersten wie im zweiten Satz auch. Danach konnte ich die Sache immer ohne Probleme heimbringen.»

Die Fortschritte im Vergleich zur jüngsten Auftaktniederlage in Genf sind nicht zu übersehen. «Insgesamt fühlte ich mich viel klarer im Kopf. Natürlich hat mir auch die Art und Weise des Gegners erlaubt, so zu spielen, wie ich wollte», bestätigt Federer diesen Eindruck und fügt an, dass er gegen Istomin über zahlreiche Möglichkeiten verfügte, den Punkt für sich zu entscheiden: «Ich konnte ans Netz kommen, einen Stoppball spielen, den Ball früh nehmen.»



Frühe Niederlage in Kauf genommen

Ohnehin ist die Pleite in der Heimat vor zwei Wochen längst abgehakt. «Ich wusste, ich muss das Risiko früher Niederlagen auf mich nehmen, wenn ich jetzt zurückkehre. Wie in Doha, in Genf, vielleicht auch in Paris. Die Alternative wäre gewesen, zu warten, bis ich wieder bei 100 Prozent bin», erklärt Federer im Interview mit dem «Tages-Anzeiger».

Der 20-fache Grand-Slam-Champion gibt auch zu, dass es womöglich geholfen hätte, noch weitere Trainingsblöcke anzuhängen. Aber: «Ich habe genug Reha gemacht, genug trainiert, ich will spielen. Und solange ich damit kein Risiko eingehe, die Situation mit dem Knie zu verschlechtern, und auf einem akzeptablen Niveau spiele, ist das für mich okay.»

Niederlagen wie in Genf gegen Andujar, der in Paris sensationell Dominic Thiem ausschaltete, dürften ihn deshalb auch nicht aus der Bahn werfen. «Ich muss positiv bleiben, meinem Weg vertrauen. Auch wenn es für einige Leute, für Journalisten oder Experten, komisch aussehen mag. Aber das stört mich nicht.»

Ein Wermutstropfen

Schwer tut sich Federer dagegen mit einem anderen Umstand: «Schade ist nur, dass meine Familie nicht hier ist. Und wahrscheinlich wird sie in Wimbledon auch nicht dabei sein. Und in Tokio wäre sie es wohl auch nicht», bedauert der vierfache Familienvater.

Und auch an die Pariser «Bubble» müsse er sich zuerst noch gewöhnen. «Ich musste zuerst einmal verstehen, was wir hier alles dürfen und was nicht. Bis jetzt kann ich mich nicht beklagen. Es ist alles okay», beruhigt der Maestro.

Unter dem Strich bleiben auch nach dem geglückten Auftakt noch zahlreiche Fragezeichen hinter Federers Formstand – auch für den Baselbieter selbst: «Ich bin selber gespannt, wie ich in der zweiten Runde spielen werde», sagt er vor dem Duell mit Marin Cilic am Mittwoch, fügt aber an: «Ich habe grosse Hoffnung, dass es noch besser laufen wird.»