Heute vor 23 Jahren 270 Schläge für die Ewigkeit

SDA

13.4.2020 - 04:34

Heute vor 23 Jahren, am 13. April 1997, stellt der junge Tiger Woods die Golfwelt auf den Kopf. Sein Sieg der Rekorde am US Masters in Augusta löst einen Erdrutsch aus.

Um das aussergewöhnliche Talent des Eldrick «Tiger» Woods wusste man schon vor dem April 1997. Als er im August 1996 Profi wurde, war er bereits berühmt, nicht nur bekannt. Von seinem Vater Earl Woods, einem farbigen Vietnam-Veteranen, praktisch von Geburt an gefördert und forciert, trat Woods als Knirps mit Schläger und Ball in verschiedenen voyeuristischen TV-Shows auf. Mit acht Jahren gewann er sein erstes Amateur-Turnier, 1994 gewann er als erster Sieger im Junioren-Alter die US-Amateurmeisterschaft. Beim Wechsel zu den Profis beschenkte ihn der Sportartikelhersteller Nike mit einem Werbevertrag im Wert von kolportierten 40 Millionen Dollar.

Woods benötigte nicht einmal ein halbes Jahr, um drei Turniere des US-Proficircuits zu gewinnen. Aber mit den sensationellen Ereignissen am US Masters im April 1997 konnte trotzdem niemand rechnen.

18 Schläge unter Par

Woods verbesserte am prestigeträchtigsten Golfturnier 26 Rekorde. Sechs weitere Bestleistungen egalisierte er. Vier Rekorde stechen besonders ins Auge. Mit 21 Jahren, 3 Monaten und 14 Tagen war Woods der jüngste Sieger in Augusta, und er ist es immer noch. Auch hatte nie vor ihm ein afroamerikanischer Golfer das US Masters gewonnen. Die 270 Schläge (18 unter Par) waren und sind ein Turnierrekord, ebenso die 12 Schläge, um die er seinen ersten «Verfolger», den Amerikaner Tom Kite, distanzierte.

Trotz des satten Vorsprungs von neun Schlägen hatte Woods vor der Schlussrunde seine Zweifel. Er erinnerte sich an ein grosses Amateurturnier in Nashville im Frühling 1996. Dort führte er vor dem letzten Tag ebenfalls um neun und mehr Schläge, bevor er mit einer miserablen 80er-Runde abschloss. Er gewann das Turnier immer noch, aber er wusste, dass er sich ein solches Versagen in Augusta nicht leisten konnte. Er spielte am Sonntag nicht mehr so brillant auf wie am Freitag und am Samstag, als er mit 65 und 66 Schlägen die Basis zu dem historischen Triumph gelegt hatte. Aber mit immer noch sehr soliden 69 Schlägen geriet er nie in Gefahr.

Jahre später hielt Woods schriftlich fest, was ihm während der weit über vier Stunden der Schlussrunde am 13. April 1997 alles durch den Kopf gegangen war. Er fragte sich, ob sein Sieg, wenn es denn einer werden würde, Minderheiten in den USA den Zugang zum Golfsport erleichtern würde. Er wusste, dass es in der Vergangenheit kaum erfolgreiche farbige Spieler auf dem amerikanischen Circuit gegeben hatte. Würde der Sieg also eine gesellschaftliche, soziale Bedeutung bekommen?

«Mein Vater war krank und wäre beinahe gestorben»

Woods erinnerte sich in den Memoiren auch, dass er auf dem 18. Green weinen musste, als er von seinem Dad Earl und seinem Caddie Mike «Fluff» Cowan umarmt wurde. «Ich hatte vorher in meinem Leben nur sehr selten geweint. Mein Vater war ein paar Monate vorher krank gewesen und wäre beinahe gestorben. Ich musste weinen.»

Golf ist in den USA noch heute ein Spiel, das überwiegend von Weissen betrieben wird. Dennoch hat Woods' denkwürdiger Sieg vieles bewegt. Weit über 40 Millionen Amerikaner hatten die Schlussrunde vor den Bildschirmen verfolgt. Es war bis dorthin der grösste je registrierte Zuspruch an einem Golfturnier. Woods' Sieg setzte eine Spirale in Bewegung, die sich immer noch dreht. Fernsehstationen multiplizierten in den nachfolgenden Jahren ihre Angebote für die TV-Rechte an den Turnieren. Titelsponsoren für die Turniere im elf Monate umfassenden Jahreskalender schossen wie Pilze aus dem Boden. Die Preisgelder selbst an Turnieren ohne grosse sportliche Bedeutung stiegen und stiegen dank dem Woods-Effekt. Woods selber wurde sehr reich, und zugleich machte er viele seiner Berufskollegen zu Millionären.

Heute ist die Entwicklung der US-Tour so weit gediehen, dass man sie schwerlich noch als gesund bezeichnen kann. Sogar an Turnieren ohne besondere Bedeutung in Randmonaten gibt es nie weniger als sieben Millionen Dollar an Preisgeld zu verdienen.

Ob die Coronavirus-Pandemie die vor 23 Jahren von Tiger Woods ausgelöste Entwicklung stoppt, wird man sehen.

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