Die niederländische Top-Sprinterin Madiea Ghafoor wollte angeblich Dopingmittel über die Grenze schmuggeln. Erwischt wurde sie mit über 50 Kilo Drogen. Dafür ist die 27-Jährige zu langer Haft verurteilt worden.
Sportlich an der Spitze trifft die Profi-Sprinterin Madiea Ghafoor das Urteil wie ein Schlag: Das Landgericht Kleve hat die 27-Jährige wegen Einfuhr von Drogen und Beihilfe zum Drogenhandel zu acht Jahren und sechs Monaten Haft verurteilt. Die Niederländerin habe im Juni wissentlich rund 50 Kilogramm Ecstasy und rund zwei Kilogramm Crystal Meth im Auto über die Grenze gebracht, stellten die Richter am Montag fest. Die Behauptung der Angeklagten, sie habe nichts von den Drogen gewusst, sei unglaubwürdig.
Eine «gewaltige Menge»
Niemand würde einem Kurier Drogen im Strassenverkaufswert von 1,5 Millionen Euro überlassen, wenn der nichts davon wisse, sagte der Vorsitzende Richter Jürgen Ruby in seiner Urteilsbegründung: «Ein solches Risiko geht kein Drogenhändler ein.» Ghafoor habe zumindest billigend in Kauf genommen, die «gewaltige Menge» Drogen über die Grenze zu bringen. Mit dem Urteil lag das Gericht über dem von der Anklage geforderten Strafmass. Die hatte auf sieben Jahre und sechs Monate Haft plädiert.
Mit einem Moment Zeitverzögerung, nach der Übersetzung, begann die zierliche Frau mit dem hochgebundenen Pferdeschwanz – so wie man sie von Wettkampffotos kennt – still zu weinen. Als sie nach der Urteilsverkündung aufstand, stützte sich die Frau einen Moment an einem Stuhl ab. Sie und ihr Anwalt hatten mit einem deutlich niedrigeren Strafmass gerechnet, wie Verteidiger Norman Werner danach sagte. Er will nach eigenen Angaben das Urteil anfechten.
Abenteuerliche Stellungnahme
Für seine Mandantin hatte er in einer Stellungnahme eine ganz andere Version vorgetragen: Vor der WM in Doha hatte Ghafoor, die in der 4x400 Meter Staffel starten sollte, ein Formtief. In ihrer Verzweiflung entschied sie zu dopen. Sie wandte sich an «zwielichtige Gestalten», die als Referenz Kontakte in der niederländischen Radsport- und Leichtathletikszene angaben.
Im Gegenzug sollte sie Dopingmittel auch für andere Sportler über die Grenze bringen, wie ihr Anwalt erklärte. Ohne Wissen seiner Mandantin hätten Unbekannte aber Drogen in das Auto gepackt. Die junge Frau wolle sich nicht weiter äussern, weil sie ansonsten um ihr Leben und das ihrer früheren Lebenspartnerin und deren Kinder fürchten müsse.
Das Auto war der Läuferin nach Angaben eines Zollbeamten vom niederländischen Olympischen Komitee gestellt worden. Seine Kollegen schilderten vor Gericht, wie sie den Wagen im Juni routinemässig bei Emmerich im Kreis Kleve überprüften. Sie sei auf dem Weg nach Düsseldorf zum Training, erzählte die Sprinterin den Beamten demnach. Im Gepäck im Kofferraum seien Laufschuhe. Stattdessen fanden die Leute vom Zoll in Koffer, Sporttasche und Kartons zum Teil doppelt eingeschweisste Drogenpäckchen und Bargeld.