IOC-Präsident Thomas Bach wendet sich per Email an die Athleten. Der Deutsche wirbt um Verständnis und schilderte den Zwiespalt.
Bach versicherte den Athleten, dass Menschenleben Vorrang haben, auch vor der Durchführung der Spiele. «Das IOC will Teil der Lösung sein. Deshalb haben wir es zu unserem Leitprinzip gemacht, die Gesundheit aller Beteiligten zu schützen und zur Eindämmung des Virus beizutragen. Ich möchte Ihnen versichern, dass wir uns bei allen unseren Entscheidungen bezüglich der Olympischen Spiele Tokio 2020 daranhalten werden.»
Er wisse um die spezielle Situation, in der sich die Athleten befinden. «Viele von Ihnen können sich nicht so vorbereiten und trainieren, wie Sie es gewohnt sind, oder sogar überhaupt nicht, wegen der Anti-COVID-19- Massnahmen in Ihrem Land. Viele von Ihnen sind im Training und freuen sich darauf, ihren olympischen Traum zu verwirklichen. Viele von Ihnen sind bereits für die Spiele qualifiziert; eine beträchtliche Anzahl ist es nicht.» Was alle teilen würden, sei die Unsicherheit. In manchen Fällen gehe es sogar um die Existenz.
Szenarien fast täglich angepasst
Die Unsicherheit rühre daher, dass im Moment niemand wirklich völlig zuverlässige Aussagen über die Dauer dieses Kampfes gegen das Virus machen können. «Deshalb kann auch das IOC leider nicht alle Ihre Fragen beantworten. Deshalb sind wir auf den Rat einer Task Force angewiesen, der auch die Weltgesundheitsorganisation (WHO) angehört.»
«Als erfolgreiche Sportlerinnen und Sportler wissen Sie, dass wir niemals aufgeben sollten, auch wenn die Chance auf Erfolg sehr gering erscheint. Unser Engagement für die Olympischen Spiele Tokio 2020 basiert auf dieser Erfahrung», erklärte Bach das Festhalten des IOC an der im Sommer geplanten Durchführung der Sommerspiele. Es gebe aber verschiedene Szenarien, die fast täglich angepasst würden.
Bach, dem als Florettfechter 1980 die Teilnahme an den Olympischen Spielen in Moskau wegen des Boykotts verwehrt geblieben war, sprach jene Erfahrung an: «Ehrlich gesagt hätte ich es vorgezogen, wenn sich die Entscheidungsträger dann mehr Zeit genommen hätten, um auf einer solideren Informationsbasis zu entscheiden. Unsere heutige Informationsgrundlage ist, dass eine endgültige Entscheidung über den Termin der Olympischen Spiele Tokio 2020 jetzt noch verfrüht wäre.»
Die Hoffnung auf ein Licht am Endes des Tunnels
Eine Absage schloss Bach aus: «Sie würde kein Problem lösen und niemandem helfen. Deshalb steht sie nicht auf unserer Tagesordnung.» Bei einer Verschiebung könne man zum jetzigen Zeitpunkt keinen neuen Termin festlegen, da man nicht wisse, wie sich die Situation in den einzelnen Ländern entwickeln werde. Zudem betonte er die Komplexität einer Neuansetzung. Eine Reihe von Austragungsorten könnten zu einem späteren Zeitpunkt nicht mehr zur Verfügung stehen. Millionen von bereits gebuchten Hotel-Übernachtungen müssten storniert werden. Und der internationale Sportkalender für mindestens 33 Sportarten müsste überarbeitet werden.
Bach hoffte in seinen Schlussworten auf die Unterstützung und Akzeptanz der Athleten. «Ich wünsche mir, und dafür arbeiten wir alle, dass sich die Hoffnung so vieler Athleten, der nationalen und internationalen Sportverbände aller fünf Kontinente erfüllt: Dass am Ende dieses dunklen Tunnels, durch den wir alle gemeinsam gehen, ohne zu wissen, wie lang er ist, die olympische Flamme ein Licht am Ende dieses Tunnels sein wird.»