Vendée Globe «Das sollte er nicht sagen, verdammt» – Fischer kontert Herrmanns Vorwürfe

lbe

29.1.2021

Klassierte sich an der Vendée Globe trotz Kollision auf Rang 5: Boris Hermann.
Klassierte sich an der Vendée Globe trotz Kollision auf Rang 5: Boris Hermann.
Bild: Keystone

Nach der verhängnisvollen Kollision mit einem Fischerboot sucht der deutsche Weltumsegler Boris Herrmann den Fehler bei den spanischen Anglern. Der baskische Fischer Josu Zaldumbide will davon aber nichts wissen.

Kurz vor dem Ende der Vendée Globe befindet sich der Deutsche Segler Boris Herrmann noch immer auf Podestkurs, sogar der Sieg liegt im Bereich des Möglichen – bevor ein Zwischenfall jegliche Hoffnungen raubt.

Auf den letzten Seemeilen reisst eine heftige Kollision mit einem Fischerboot den deutschen Skipper aus dem Schlaf. Schnell realisiert er, was passiert ist: «Das war der schlimmste Albtraum», schildert Herrmann die bangen Momente. Unter anderem verfängt sich ein Vorsegel in den Kränen des Trawlers, eines seiner Foils (Tragflügel) bricht. Dazu hört er seinen Ausleger mehrfach in die Bordwand des anderen Bootes hämmern. «Es waren echte Schockmomente», erzählt er.



Glücklicherweise gleitet seine Rennjacht am Fischerboot vorbei, auch der Mast bleibt stehen. Der Hamburger kann sich mit reduzierter Geschwindigkeit als Fünfter ins Ziel in Les Sables-d'Olonne retten – dennoch bleibt die Frage: Wie konnte das passieren?

«Unser AIS war eingeschaltet!»

Im Ziel beginnt Herrmann, über mögliche Fehler der Besatzung des Fischerboots zu spekulieren. Schliesslich habe sein eigenes Alarmsystem an Bord funktioniert, beteuert er. Sein Verdacht: Die spanischen Fischer hätten möglicherweise ihr automatisches Identifikationssystem ausgeschaltet – um sich so vor unerwünschter Konkurrenz zu schützen. Es sind heftige Vorwürfe, die sich der Beschuldigte nicht gefallen lässt.

Im Gespräch mit dem «Tages-Anzeiger» darauf angesprochen, wehrt sich der baskische Fischer Josu Zaldumbide, der den Kutter steuerte: «Das habe ich auch gelesen. Und das sollte er nicht sagen, verdammt! Unser AIS war eingeschaltet. Zu jedem Zeitpunkt. Das garantiere ich. Erstens sind wir dazu verpflichtet, zweitens lässt es sich sehr einfach überprüfen, weil: Das wird automatisch aufgezeichnet. Mal ganz abgesehen davon, dass bei uns immer einer Wache schieben muss, rund um die Uhr.»

Zudem hätten sie alle Schweinwerfer angehabt und seien gut sichtbar gewesen. «Ich weiss nicht, ob er einen AIS-Sender haben muss, oder ob dieser defekt war, oder ob er geschlafen hat ... Keine Ahnung. Aber unser AIS war eingeschaltet!», macht Zaldumbide klar.



Herrmann reagiert nicht auf Funkkontakt

Nach der Kollision versuchen die Fischer, den Segler per Funk zu kontaktieren. «Wir haben bei der Seewacht angerufen und sind hinter ihm her. Aber da hatten wir keine Chance, er war langsamer, aber für uns zu schnell. Ich habe versucht, über die Notfallfrequenz mit ihm in Kontakt zu treten», erzählt Zaldumbide.

Der Versuch ist allerdings nicht von Erfolg gekrönt. «Er hat zu keinem Zeitpunkt geantwortet. Ehrlich gesagt: Wäre schon gut gewesen, wenn er sich gemeldet hätte. Hat er aber nicht. Wir haben uns echt Sorgen gemacht.» Erst später realisieren die Spanier, wieso es das Segelboot so eilig hatte. «Der war so schnell weg, dass ich dachte: Ist das ein Schmuggler? Ich habe mit einem Freund telefoniert, und er antwortete: Da ist doch diese Regatta! Womöglich ist das ein Segler!»

Zum Schluss wendet sich Zaldumbide mit einer Botschaft an Herrmann selbst: «Richten Sie ihm aus, dass er nicht sagen soll, wir hätten unser AIS nicht eingeschaltet. Und dann, dass es mir echt leidtut, dass er nicht gewonnen hat, und dass ich hoffe, dass er beim nächsten Mal gewinnt. Er soll dann auch ruhig Bescheid sagen, wenn er wieder vorbeikommt, dann gehen wir auch alle an Deck und applaudieren ihm – aber aus der Ferne.»

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