Der Golfplatz ist ein Ort der Begegnung. Die Begegnungen sind nicht selten so zufällig und zahlreich, dass sie in den Zeiten des Coronavirus fatale Wirkungen haben könnten.
Seit nunmehr fast drei Wochen fliegen auf den Schweizer Golfplätzen keine Bälle mehr. Es darf nicht mehr gespielt, es darf nicht einmal mehr trainiert werden. Der Verband Swiss Golf, die vormalige ASG, umfasst 98 Klubs, von denen die meisten auf einer Anlage mit 18 Löchern und einige auf einer mit neun Löchern beheimatet sind. Es gibt auch Anlagen mit 27 oder 36 Löchern. Das ganze Tummelfeld des Golfspiels in der Schweiz erstreckt sich über etwa 80 Quadratkilometer. Dies entspricht nahezu der Fläche der Stadt Zürich.
Die gut 80 Quadratkilometer müssen eventuell noch lange verwaist bleiben. Denn die Golfplätze sind ausserhalb der Seuchenzeiten Orte vieler friedlicher, oft spontaner, zufälliger und deshalb derzeit gefährlicher Begegnungen. Am meisten frequentiert sind normalerweise die grossen Golfparks der Migros. Es sind allgemein zugängliche Plätze, auf denen sich die Spieler nicht über eine Klubmitgliedschaft ausweisen müssen. Solche Anlagen unterhält der Grossverteiler in Holzhäusern ZG – es war das 1995 mit grossem Erfolg gestartete Pilotprojekt –, Waldkirch SG, Otelfingen ZH, Oberkirch LU, Münchenbuchsee BE und Signal de Bougy VD.
Nicht selten sind diese Anlagen auch unter der Woche ausgebucht. Wer spielen will, muss eine Startzeit reservieren. Von morgens bis abends startet alle zehn Minuten eine Vierergruppe. Oftmals lernen sich die vier Hobbygolfer erst am Abschlag des ersten Lochs kennen. Wenn die vier in den nachfolgenden fünf Stunden den Platz abschreiten, ergeben sich erfreuliche Begegnungen, nicht selten sogar Freundschaften. Der Tag klingt üblicherweise im Selbstbedienungsrestaurant der Migros-Anlage aus. Während die sogenannten Greenfee-Spieler im Akkord über den Platz gehen, tummeln sich Hunderte weitere Golferinnen und Golfer auf den Übungsanlagen desselben Platzes. An all dies ist derzeit nicht zu denken.
Profiturniere mit bis zu 40'000 Fans
Die Durchführung grosser Profiturniere wäre die noch weit grössere Virenschleuder – um etwa den Faktor tausend gefährlicher. Die Turniere mit den meisten Zuschauern werden in den USA gespielt. Am prestigeträchtigen US Masters in Augusta beispielsweise, das für die Zeit vom 9. bis zum 12. April im Kalender stand, starten die Profis wie Tiger Woods oder Rory McIlroy zwar nur in Dreier- oder Zweiergruppen. Dafür werden die Könner an jedem der vier Tage von 40'000 Fans begleitet. Es könnten auch 80'000 sein, aber mehr als 40'000 werden nicht hereingelassen. Anders als etwa in einem Fussballspiel sitzen die wenigsten Zuschauer an fest zugewiesenen Tribünenplätzen. Die meisten nomadisieren den Fairways entlang. Sie wollen immer gerade dort sein, wo es am interessantesten ist. Das Coronavirus fände zahllose neue Wirte. Profiturniere in der bekannten Art dürfte es noch lange Zeit nicht wieder geben.
«Ich bin nicht dein Held»
Derweil unterstützen prominente Profis der europäischen Tour mit einem Video die Weltgesundheitsorganisation (WHO) im Kampf gegen das Coronavirus. In dem Beitrag in den sozialen Netzwerken halten unter anderen der Spanier Sergio Garcia (Spanien), der Italiener Francesco Molinari, der Engländer Tommy Fleetwood und der nordirische Weltranglisten-Erste Rory McIlroy fest: «I am not your Hero» («Ich bin nicht dein Held»).
«Eure Helden sind die gleichen wie unsere Helden», sagt Europas Ryder-Cup-Captain Padraig Harrington. Es seien diejenigen, die täglich helfen, das Virus in den Griff zu bekommen: Ärzte, Krankenschwestern, Supermarktmitarbeiter, Strassenreiniger. «Bitte, helft unseren Helden. Beachtet die Ratschläge der WHO und die Vorgaben der Regierungen auf der gesamten Welt», appelliert Fleetwood. «Wenn wir das tun, dann können wir Leben retten und so zu Helden werden», sagt McIlroy.