Simon Ehammer kehrt an den Ort seines bislang grössten Erfolges zurück. Der Appenzeller beschliesst seine Saison am Sonntagabend Schweizer Zeit als Weitspringer beim Diamond-League-Final in Eugene.
«Diese Reise ist eine Belohnung und eine Bestätigung zugleich. Ein cooles Geschenk dafür, dass Simon zu den besten Weitspringern der Welt zählt», sagt Karl Wyler, der Ehammer jeweils an die Wettkämpfe begleitet. Eugene ist für das Duo selbstredend mit positiven Emotionen verbunden. Dort, an der Westküste im Mekka der US-Leichtathletik, hatte der Mehrkämpfer aus dem Appenzell im Sommer 2022 den Weitsprung-Spezialisten ein Schnippchen geschlagen und WM-Bronze gewonnen.
Die Teilnahme in Eugene hat sich der 23-Jährige redlich verdient. Unter anderem mit dem Diamond-League-Sieg in Oslo sammelte er in der prestigeträchtigsten Meeting-Kategorie der Leichtathletik genügend Punkte, um sich für das Finale der Top 8 zu qualifizieren – als einziger Vertreter von Swiss Athletics neben Jason Joseph.
Wyler, einer von mehreren Trainern Ehammers, hebt als Plus die Konstanz seines Athleten in den diesjährigen Events als Weitspringer hervor: «Fast alle Wettkämpfe über 8 m, ein Bestwert von 8,32 m, einzig der Grieche Miltiadis Tentoglou steht besser da.» Ehammer zähle zu den besten Weitspringern der Welt, betont er nochmals.
Ehammer verbessert sich weiterhin
Die Öffentlichkeit urteilt im Sport brutal über Erfolg und Misserfolg. In den Augen vieler hatte Ehammer, dem 2022 mit drei Medaillen an drei Grossanlässen und zahlreichen Rekorden alles geglückt war, eine schlechte Saison. Weil er zwei Mehrkämpfe wegen Nullern im Weitsprung abbrach. Weil an den Weltmeisterschaften in Budapest ein Top-Sprung wegen Übertretens um sieben Millimeter für ungültig erklärt wurde. Weil ihn eine Schulterverletzung daran hinderte, im Zehnkampf sein Potenzial voll auszuschöpfen.
Wyler tritt dieser Einschätzung vehement entgegen: Er verweist auf persönliche Bestzeiten im 100-m-Lauf oder im Kugelstossen, auf einen Top-Zehnkampf (8436 Punkte) unter erschwerten Bedingungen, auf eine egalisierte Besthöhe im Stabhochsprung (5,20 m) oder auf insgesamt mehr Power. «Ich weiss, im Sport gibt es keinen Konjunktiv. Trotzdem: Wäre Simon an den Schweizer Meisterschaften an der letzten Hürde nicht gestürzt, hätte er über 110 m Hürden eine Olympia-Limite geschafft. Wäre er an der WM in Budapest im Zehnkampf gestartet, hätte er nach acht Disziplinen geführt. Wegen des Handicaps mit der Schulter wäre er nach dem Speer und dem 1500-m-Lauf auf Platz 5 durchgereicht worden, gesund hätte er Bronze gewonnen.»
Ehammer selber hatte bei Weltklasse Zürich «von einer Saison der Bestätigung» gesprochen. «2023 sieht für mich besser aus, als es gegen aussen den Anschein macht», betont er. Wyler hebt die Fortschritte hervor. 8600 Punkte habe sein Schützling bestimmt drauf. «Es war bis jetzt eine coole Saison. Es fehlte einzig das Highlight einer Medaille.»
Paris 2024 mit Doppelstart
Nach Eugene stehen Ferien an, aber die Trainings- und Wettkampf-Planung für das nächste Jahr ist in groben Zügen gemacht. Die Olympischen Spiele in Paris erlauben eine Teilnahme am Zehnkampf und im Weitsprung – allerdings unter erschwerten Bedingungen. Denn am Morgen nach dem Zehnkampf steht bereits die Qualifikation für den Weitsprung an. Vor dem Final dürfte Ehammer dann einen Ruhetag einziehen.
Auf dem Weg nach Paris ragen drei Events heraus. Zunächst folgt die Indoor-Saison mit Schwerpunkt Mehrkampf, in Glasgow winkt wie schon 2022 in Belgrad eine Medaille an der Hallen-WM. Danach soll Mitte Mai in Götzis der Schweizer Rekord (8468) fallen. Im Juni an den Europameisterschaften in Rom plant er etwas, das nur wenige schaffen. Ehammer tritt als Mehrkämpfer an, obwohl er nicht den Zehnkampf bestreitet – er startet bei den Spezialisten im Weitsprung und über 110 m Hürden.
hle, sda