Erst als zweite Schweizer Leichtathletin überhaupt holt Mujinga Kambundji eine WM-Medaille. Die Freude über den Coup ist riesig – auch wenn die 27-Jährige kurz nach dem Rennen gar nicht realisiert, was sie in Doha soeben erreicht hat.
Drei enttäuschende vierte Plätze an der Europameisterschaft im letzten Jahr, am letzten Sonntag wegen fünf Hundertstelsekunden nicht im WM-Final über 100 Meter – und auch sonst hatte Mujinga Kambundji an internationalen Wettkämpfen in Vergangenheit selten Glück. Entmutigen liess sich die Bernerin nie – und wird jetzt in Doha für ihren Willen belohnt.
Nach einer starken Parforceleistung holt die 27-Jährige über 200 Meter überraschend Bronze und gewinnt als erste Schweizerin seit Anita Weyermann, die es in Athen über 1'500 Meter aufs Podest schaffte, eine WM-Medaille. Endlich geht es auf für Kambundji – verblüffenderweise aber in ihrer Zweitdisziplin: «Endlich und waaaas? Damit habe ich nicht gerechnet. Ich hoffte, dass ich den Final erreiche – aber niemals hätte ich mit einer Medaille gerechnet. Ich habe mega Freude», zeigt sich Kambundji bei «SRF» überglücklich.
Das Glück für einmal auf Kambundjis Seite
Für einmal behält die Schweizerin auf den letzten Metern das besser Ende für sich, obwohl sie sich nur mit Mühe über die Ziellinie rettet. Ausserdem profitiert Kambundji auch davon, dass gleich mehrere Topathletinnen verletzt fehlen. Das ist der Bernerin durchaus bewusst: «Es ist aufgegangen. Ich hatte Glück und bekam eine sehr gute Chance. Ich bin sehr froh, konnte ich diese nutzen. Das ist nicht selbstverständlich.»
In Doha sei ihr die Unterstützung eine grosse Hilfe gewesen – vor Ort, aber auch aus der Heimat. «Es bedeutet mir viel, dass meine Familie hier ist. Ich habe so viele Nachrichten bekommen, so viele positive Rückmeldungen. So viele haben mir die Daumen gedrückt, vor allem nach dem Sonntag. Das hat mir so viel gebracht. Es freut mich, dass ich das für alle geschafft habe, die an mich geglaubt und die Daumen gedrückt haben.»
Dazu gehören selbstverständlich die Eltern, die ihre Mujinga im Stadion unterstützen – und nach dem Rennen kaum zu halten sind. «In mir sind gerade sehr, sehr viele Emotionen – zwischen Tränen und Lachen und allem. Ich habe wahnsinnig Freude. Sie hat es so fest verdient. Ich zittere immer noch», sagt Mutter Ruth und merkt an: «Sie ist sehr oft ganz knapp daneben gewesen. In diesen zehn Jahren, in denen sie international startet, war das oft der Fall. Das Glück auf ihrer Seite ist schön und fühlt sich gut an.»
«Es ist ein grosses Geschenk»
Wohl auch aus diesem Grund freut sich sogar die Konkurrenz mit Kambundji. Rennsiegerin Dina Asher-Smith etwa sagt: «Ich bin sehr glücklich für sie. Mein erster internationaler Wettkampf war in Zürich an der Europameisterschaft 2014. Ich erinnere mich, dass Mujinga dort der Star war. Es ist schön zu sehen, wie sie immer schneller und schneller wird.»
Der ebenfalls angereiste Vater Safuka zeigt sich enorm dankbar: «Ich will danke sagen an Swiss Athletic und an den ganzen Staff. An alle, die dazu beigetragen haben, dass sie heute dort ist, wo sie ist. Vielen Dank.» Das Erreichte einordnen, kann er allerdings nicht. «Ich habe keine Worte dafür. Aber es ist ein grosses Geschenk.»
Ähnlich geht es Tochter Mujinga, die dafür noch etwas Zeit braucht. «Ich realisiere es noch nicht ganz. Jetzt kommt eines nach dem anderen – Ehrenrunde, Foto, Interview. Es ist irgendwie noch surreal. Ich begreife es wohl erst später. Oder morgen.» Zuerst wird dieser Erfolg bei den Kambundjis aber in vollen Zügen genossen, auch wenn für die Bronzegewinnerin vor dem Staffel-Rennen am Freitag eine allzu grosse Party nicht drinliegt. Anders bei ihrer angereisten Familie. «Jetzt feiern wir«, kündet Vater Safuka an. Und Mutter Ruth legt nach: «Heute Nacht wird nicht geschlafen.»