Corona Vieles bleibt unklar – wie der Sport mit dem Impfen umgeht

mal/dpa

27.10.2021 - 13:58

Thibault Fatton, Goalie des HC Lugano, bei der Impfung. Die Spieler des HC Lugano, des HC Ambri-Piotta und des FC Lugano liessen sich in einer gemeinsamen Aktion anfangs Juli gegen das Coronavirus impfen.
Thibault Fatton, Goalie des HC Lugano, bei der Impfung. Die Spieler des HC Lugano, des HC Ambri-Piotta und des FC Lugano liessen sich in einer gemeinsamen Aktion anfangs Juli gegen das Coronavirus impfen.
Bild: Keystone

Welche Sportler scheinen beim Thema Impfen besonders zögerlich? Welche Folgen drohen Ungeimpften? Über wen wird diskutiert? Ein Überblick.

27.10.2021 - 13:58

Für hitzige Debatten rund um die Corona-Impfung im Sport hätte es die Aussagen von Joshua Kimmich nicht gebraucht. Inzwischen hat sich auch sein trotz Impfung mit Corona infizierter Bayern-Trainer Julian Nagelsmann dazu geäussert (siehe Video). Mit dem Druck durch Gehaltsverluste wie in US-Ligen, mit klaren Nachteilen für Ungeimpfte und der Gefahr, Chancen auf Triumphe zu verpassen, gibt es Themen genug.

Das sagt Nagelsmann zur Impf-Debatte rund um Kimmich

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Bayern-Star Joshua Kimmich erklärte kürzlich in einem Interview, dass er nicht gegen Covid-19 geimpft ist. Nun äussert sich sein Trainer Julian Nagelsmann zu dieser Thematik.

27.10.2021

Die Konsequenzen, die aus dem Impfstatus resultieren können, sind unterschiedlich. Manchmal scheint die Impfung für den sportlichen Erfolg Pflicht, wie für die Winterspiele in Peking 2022 oder die Australian Open.

Vieles bleibt unklar

Im Tennis wird besonders heftig diskutiert. Eine solche Klarheit wie jetzt beim deutschen Nationalspieler Kimmich, der am Samstag einräumte, bislang nicht gegen Corona geimpft zu sein, würde sich beim Topstar Novak Djokovic mancher wünschen.

Der Weltranglistenerste, genesen von einer Corona-Erkrankung im vergangenen Jahr, will seinen Impfstatus nicht offenbaren und gibt Rätsel auf: Ist er tatsächlich ungeimpft oder längst geimpft? «Das ist eine Privatsache», erklärte der 34 Jahre alte Serbe in einem Interview. Die Frage danach sei unangemessen.

Dass man über Ungeimpfte zumeist nichts erfährt, ist nicht ungewöhnlich. So ist es beispielsweise auch in der Formel 1, bei Clubs der Fussball-Bundesliga oder auch bei unseren Sport-Ligen oder Einzelsportarten in der Schweiz. Kimmich redete erst nach einem Medienbericht.

Im Tennis rückt diese Frage immer stärker in den Fokus je weiter das Jahr voranschreitet, weil die Reise zu den Australian Open näher kommt. Dass Djokovic seinen Titel ohne Corona-Piks verteidigen kann, ist mittlerweile fast ausgeschlossen. Dies nachdem der australische Bundesstaat Victoria am Mittwoch ausgeschlossen hat, ungeimpften Spielern eine Ausnahmegenehmigung für die Teilnahme in Melbourne im Januar zu erteilen.

Ohne Impfung an Olympia chancenlos

«Ich habe das Problem nicht», bekräftigte derweil der deutsche Olympiasieger Alexander Zverev und liess seinen Geimpften-Status durchblicken. Bei Roger Federer weiss man, dass er geimpft ist, aber nicht, ob sein Knie nach neuerlicher OP eine Teilnahme in Australien erlaubt. Auch der aktuell rekonvaleszente Rafael Nadal sowie Andy Murray haben sich zum Piks bekannt. Die Geheimniskrämerei über Djokovic nimmt womöglich erst ein Ende, wenn er definitiv absagt oder doch überraschend antritt.

Die Folgen können je nach Sportart gravierend sein. Fällt beispielsweise ein Rennfahrer der Formel 1 aus, wirkt sich das auf die WM-Wertung aus und könnte seinem Team Millionen-Einnahmen kosten. Bei Djokovic steht neben dem Preisgeld auch Tennis-Historie auf dem Spiel. Eigentlich will er mit Grand-Slam-Titel 21 an Federer und Nadal vorbeiziehen. Der Druck zur Impfung ist hoch.

Der Druck auf Novak Djokovic steigt.
Der Druck auf Novak Djokovic steigt.
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Ebenso für die Olympia-Teilnehmer. Denn für die Winterspiele in Peking, die am 4. Februar eröffnet werden sollen, sehen die Regeln für Ungeimpfte eine dreiwöchige Quarantäne nach der Ankunft vor. Die unmittelbare und seriöse Vorbereitung auf die Wettkämpfe wäre nicht nur empfindlich gestört, sondern kaum noch machbar. Wer in Peking effektiv um die Medaillen kämpfen will, muss realistischerweise geimpft sein.

Ein Grossteil der für Peking vorgesehenen Schweizer Olympioniken sollen dem Vernehmen nach bereits vollständig geimpft sein. Auch im Ski-Weltcup soll die Quote unter den Topfahrern sehr hoch sein, weil sonst neben den Problemen an den Olympischen Spielen auch die Einreise nach Kanada, wo ab Ende November insgesamt sechs Speed-Rennen stattfinden, ohne 14-tägige Quarantäne nicht möglich wäre.

Hohe Impfquoten in den Teamsportarten

Im Tennis ist diese Quote aber noch verhältnissmässig gering. Insgesamt sind bisher rund ein Drittel der Männer auf der ATP-Tour und um die knapp 40 Prozent der WTA-Tour der Frauen ungeimpft.

In anderen Sportarten lief es deutlich besser. In der Fussball-Bundesliga ist Kimmich natürlich nicht der einzige ungeimpfte Profi, gehört aber bei einer Quote von mehr als 90 Prozent unter Spielern und Trainern der 1. und 2. Liga zu Ausnahmen. In der Schweizer Super League dürfte diese in einem ähnlichen Bereich liegen, nachdem bereits im September gemäss einer Umfrage des Blick 85 Prozent geimpft waren.

Ähnliche Zahlen weisst das Schweizer Eishockey auf. Anfangs Juli liessen sich im Tessin die Spieler des HC Lugano, des HC Ambri-Piotta und des FC Lugano anlässlich einer speziellen Aktion sogar gemeinsam impfen. Dass solche Efforts jedoch nicht alle Probleme lösen, zeigte sich letzte Woche. Der EV Zug hatte trotz einer Impfquote von 100 Prozent mehrere Corona-Fälle und es kam zu einer Spielabsage.

Für die impfwilligen Spieler des HC Lugano, hier Thibault Fatton, hiess es anfangs Juli antraben.
Für die impfwilligen Spieler des HC Lugano, hier Thibault Fatton, hiess es anfangs Juli antraben.
Bild: Keystone

Egal in welcher Liga und in welchem Land, letztlich geht es bei der Thematik um den Teamerfolg darum, Wettbewerbsnachteile zu vermeiden. «Das grosse Ziel ist, den Titel zu gewinnen. Und das beginnt mit Gesundheit als der Nummer eins», sagte NBA-Superstar LeBron James, der nach eigenen Angaben skeptisch war, sich aber für den Schutz entschied. Er freue sich, «dass wir uns die Gelegenheit gegeben haben, verfügbar zu sein füreinander».

Grosser finanzieller Schaden für Ungeimpfte

In der NHL galten vor Kurzem nur vier der mehr als 700 Eishockey-Spieler als nicht geimpft. Ungeimpfte können im Spielbetrieb nicht zwischen Kanada und den USA pendeln, sondern werden für diese Zeit suspendiert. Wer in NBA und NHL eine Partie verpasst, weil er sich nicht hat impfen lassen, bekommt während dieser Zeit kein Gehalt.

In der NBA gelten 95 Prozent der Profis als geimpft. Prominente Ausnahme ist Kyrie Irving. Weil die Brooklyn Nets in New York trainieren und ihre Heimspiele austragen, gelten auch die lokalen Regeln – und die verpflichten Irving zu einer Impfung, sollte er sich in einer Sporthalle aufhalten wollen. So lange er seinem Team nicht komplett zur Verfügung steht, verzichten die Nets auf ihn.

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Jean Marks, Brooklyn Nets-GM, spricht über die Konsequenzen des NBA-Stars Kyrie Irving. Künftig wird er nämlich mit seinem Team weder trainieren noch spielen können, denn er ist offensichtlich nicht geimpft.

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Pro Heimspiel verpasst er US-Medien zufolge 380 000 US-Dollar. In der NHL gehört Detroits Stürmerstar Tyler Bertuzzi der raren Spezies von Spielern an, die eine Impfung ablehnen. Dies kostet den Teamkollegen des Schweizers Pius Suter in dieser Saison aufgrund seiner Absenzen voraussichtlich rund 400 000 Dollar. Auch im Tennis kann es ohne Impfung ins Geld gehen. Allein für einen Erstrunden-Teilnehmer gibt es am Australian Open rund 75 000 Dollar.

mal/dpa