Jeannine Gmelin, die erfolgreichste Schweizer Ruderin der Geschichte, gab in einem Interview intime Einblicke über die Momente, als ihr Trainer und Lebenspartner unerwartet aus dem Leben schied.
Die Skifferin Jeannine Gmelin, Weltmeisterin von 2017, erklärte am Mittwoch im Rahmen einer bewegenden Medienkonferenz in Kägiswil ihren Rücktritt vom Rudersport.
Ursprünglich wollte die 32-jährige Zürcher Oberländerin bis nach den Olympischen Spielen 2024 in Paris weitermachen, der unerwartete Tod ihres Trainers Robin Dowell machte ihrem Plan jedoch einen Strich durch die Rechnung. Der Epileptiker Dowell war am 16. Dezember 2022 während eines Trainings, das er mit dem Motorboot begleitete, völlig unerwartet im Alter von 40 Jahren aus dem Leben geschieden.
Gegenüber dem «Tages Anzeiger» beschreibt Gmelin den Unfallhergang: «Wir sind ganz normal zur Trainingseinheit gestartet, und plötzlich habe ich gesehen, dass das Motorboot nicht so im Wasser liegt, wie es sollte. Robin war nicht an seiner üblichen Position im Boot, und ich habe relativ schnell gemerkt, dass etwas nicht stimmt. In diesem Moment schiesst nur Adrenalin ein, und der Urinstinkt übernimmt. Ich weiss noch ganz genau: In meinem Kopf ging ab, dass ich nicht zu nahe zu seinem Motorboot fahren kann, weil ich sonst mein Boot kaputt mache. Zudem sind auch meine Ruderkolleginnen Patricia (Merz) und Frédérique (Rol) herangefahren. Ich wusste, dass ich mich selber auch noch in Gefahr bringe, wenn ich ins Wasser gehe, denn die Wassertemperatur betrug ja nur etwa drei Grad, und ich würde dadurch für sie die Situation noch schlimmer machen. Ich bin dann trotzdem losgeschwommen, habe keine Kälte und nichts gespürt, und sobald ich im Motorboot war, habe ich mit der Reanimation begonnen.»
Dankbar für eine ganz spezielle Beziehung
Sie sei froh gewesen, dass sie im Moment des Unglücks vor Ort gewesen sei, bekannte sie danach. «Natürlich wünsche ich mir, ich hätte etwas an der Situation ändern können. Ich habe aber keine Schuldgefühle, dass ich beim Wiederbeleben etwas falsch gemacht habe oder mehr hätte machen können», so Gremlin.
Der Verlust ihres Lebenspartners – oder wie Gremlin es ausdrückt «teammates for life» – hat nun auch zum Abschied vom Rudersport geführt. Sie sei trotzdem dankbar für ihre Karriere und die damit verbundenen Emotionen und schönen Momente, welche sie auch mit Robin habe teilen können. «Es ist etwas Aussergewöhnliches, von dem ich weiss, dass nicht sehr viele Menschen auf dieser Welt jemals so etwas erleben dürfen», betont sie im Gespräch mit dem «Tages Anzeiger».
Die ganze Tragödie lasse auch keine negativen Gefühle in ihr zurück. «Da ist nur die Frage, weshalb an diesem Tag alles so passieren musste. Diese Frage wird mir nie beantwortet werden können, und da ist sicher eine gewisse Verzweiflung drin, aber das ist wirklich das Einzige», meint Gremlin. Sie würde nichts bereuen, da sie zusammen ihre Träume miteinander leben durften.
Im Interview mit Keystone-SDA sprach sie auch über ihre Zukunftspläne: «Es gibt verschiedene Optionen, die ich am Prüfen bin. Grundsätzlich ist es mir wichtig, im Sport oder allgemein anderen Menschen dabei zu helfen, ihre Träume zu verwirklichen. In welcher Form das sein wird, werde ich sehen. Zudem werde ich schauen, ob es Möglichkeiten für eine weitere Zusammenarbeit mit meinen Partnern gibt, damit ich ihnen nach wie vor etwas zurückgeben könnte, was ja während der Karriere schwieriger ist. In einem allerersten Schritt geht es nun allerdings darum, dem Trauerprozess, der da ist, den ich nicht ignorieren kann, einen gewissen Raum zu geben.»
«Ein Freund, ein grossartiger Mensch, mein Seelenverwandter und der Grund, dass ich zu der Sportlerin geworden bin, die ich bin.»
über Robin Dowell