Sports Awards Stucki: «Habe nicht damit gerechnet» – Kambundji triumphiert doppelt

SDA

16.12.2019 - 00:31

Schwingerkönig Christian Stucki kam, sah und siegte: Der Berner Hüne wird bei seinen ersten Sports Awards gleich zum Sportler des Jahres gekürt und sorgt damit für eine Premiere.

Seit 1950 in der Schweiz jährlich der Sportler des Jahres geehrt wird, ging in 69 Jahren nie ein Schwinger als Gewinner hervor. Dies änderte sich nun mit Christian Stucki. Der Berner setzte sich in der Wahl gegen Weltstars wie Roger Federer oder Mountainbike-Olympiasieger Nino Schurter durch.

Nach der TV-Gala zeigte sich Stucki überglücklich und sichtlich überrascht: «Die Konkurrenz war so gross, dass ich den Award jetzt entgegen nehmen kann, ist umso schöner», meinte der Schweizer Sportler des Jahres 2019. Die Wahl verdankt Stucki vor allem den zahlreichen Publikumsstimmen des Tele-Votings.

«Der Stucki» wird im Alter noch König

Christian Stucki, der populärste Schwinger, hat mit dem am Eidgenössischen Schwing- und Älplerfest in Zug errungenen Königstitel etwas erreicht, das unerreichbar zu sein schien. Nicht nur im Bernbiet, in der ganzen Schweiz freute man sich mit dem Seeländer Hünen.



34 Jahre, 7 Monate und 15 Tage nach seiner Geburt meisterte Christian Stucki am gigantischen Anlass in Zug das 276-köpfige Feld. Andere 34-jährige Böse sind schon zurückgetreten, oder sie sammeln noch eifrig Kränze, ohne Ambitionen auf grosse Festsiege. Nach 1940 war kein Schwingerkönig älter als 29-jährig, bis Matthias Glarner 2016 in Estavayer mit 30 Jahren, 8 Monaten und 9 Tagen triumphierte. Unter allen 47 Königen in der 124-jährigen Geschichte der Eidgenössischen hält Stucki jetzt den einsamen Altersrekord. Er löste Gottlieb Salzmann ab, der im Jahr 1919 mit 31 Jahren gewonnen hatte.

Auch aus weiteren Gründen darf man den grandiosen Sieg des (fix) 198 cm grossen und (schwankend) 145 kg schweren sanften Riesen aus Lyss als Sensation bezeichnen. Von allen Siegesanwärtern hatte Stucki den mit Abstand härtesten Parcours am ESAF zu meistern. Bis zum Sonntagmittag besiegte er Pirmin Reichmuth und stellte er gegen Joel Wicki und Armon Orlik. Älteren Spitzenschwingern, so die landläufige Meinung, würden am einzigen zweitägigen Fest gegen Schluss Kraft und Spritzigkeit fehlen. Aber in den entscheidenden Stunden hatte Stucki beides noch. Er überdrehte den zähen Domenic Schneider am Boden und wirbelte Wicki im Schlussgang durch die Luft, bevor er ihn in der explodierenden Arena ins Sägemehl wuchtete.


Dreieinhalb Wochen vor dem Eidgenössischen war noch nicht klar, ob «der Stucki», wie er liebevoll genannt wird, überhaupt würde mitmachen können. Eine Knieverletzung hatte ihn ausser Gefecht gesetzt. Nach Jörg Abderhalden ist Christian Stucki nun der zweite Inhaber des «Grand Slam» des Schwingsports. Der Berner triumphierte am Kilchberger Schwinget 2008, am Unspunnenfest 2017 und am Eidgenössischen Schwing- und Älplerfest 2019 jeweils im Schlussgang.

Die Chance beim Schopf gepackt

Mit Mujinga Kambundji triumphierte auch bei den Frauen eine Sportlerin aus dem Kanton Bern. Die schnellste Sprinterin der Schweiz hat bei ihrem vierten Anlauf als Nominierte in der Einzelkategorie zwar nicht mit dem Sieg gerechnet. «Ich wusste jedoch, dass meine Chancen dieses Mal besser stehen als auch schon.» Dass sie mit ihren Staffel-Kolleginnen in der Kategorie «Teams des Jahres» ebenfalls gewann, sei «umso schöner».

Ihren Einzel-Award verdankt Mujinga Kumbundji ihrem Coup im Wüstenstaat Katar. Zu Saisonbeginn noch als Sorgenkind abgestempelt, gewann die 27-Jährige an den Weltmeisterschaften in Doha über 200 m die Bronzemedaille.

Kambundji, die mit ihrer wehender Lockenmähne auf Anhieb überall erkannt wird, packte die Gelegenheit beim Schopf. Als die Bernerin im klimatisierten Stadion in Doha aus den Startblöcken schoss, war ein Resultat zwischen den Positionen 2 bis 8 realistisch. Kambundji hielt dem Druck stand, beendete die Durststrecke der Schweizer Frauen, die sich seit Anita Weyermanns Premiere 22 Jahre lang nach einer weiteren WM-Medaille sehnten, und streifte das Verlierer-Image ab, das ihr seit den Europameisterschaften 2018 in Berlin anhaftete.

Die Medaille – die zweite auf Weltniveau nach Bronze im März 2018 an den Hallen-WM in Birmingham über 60 m – entschädigte die Sprinterin für viele bittere Momente in der jüngeren Vergangenheit: An den Europameisterschaften in Berlin im August 2018 resultierten gleich drei 4. Ränge, beim 5. Platz über 60 m an den Hallen-EM im März 2019 in Glasgow verfehlte Kambundji das Podest um einen Hundertstel und in Doha verpasste sie den 100-m-Final gar nur um fünf Tausendstel.



Kambundji ist trotz ihrer erst 27 Jahre schon seit einem Jahrzehnt über die Leichtathletik hinaus national bekannt. 2009 wurde die in Bern aufgewachsene Tochter eines Kongolesen und einer Schweizerin erstmals nationaler Champion über 100 und 200 m. Die Athletin verbesserte ihre Bestleistungen kontinuierlich und gewann 2016 EM-Bronze in Amsterdam über 100 m. Vor zwei Jahren erfolgte nochmals ein Leistungsschub. Im Juli 2018 lief Kambundji die 100 m erstmals unter 11 Sekunden (10,95), im August 2019 entriss sie Lea Sprunger den Schweizer Rekord über 200 m (22,26).

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