Wissenschaftlich untersucht Der Reiz des Todes in Videospielen

dpa / mar

28.1.2019

Für viele Spieler sind Computerspiele nur interessant, wenn darin der Tod vorkommt. Foto: Sebastian Willnow
Für viele Spieler sind Computerspiele nur interessant, wenn darin der Tod vorkommt. Foto: Sebastian Willnow
Bild: DPA / Sebastian Willnow

Der Tod im Computerspiel ist allgegenwärtig. Doch worin liegt die Faszination? Eine Wissenschaftlerin der TU Chemnitz ist in die Materie eingetaucht und hat Antworten gesucht.

Prächtige Farben, lebendige Grafik, volltönende Geräuschkulisse – die meiste Anziehung aber übt bei vielen Computerspielen ein archaisches Element aus: der Tod.

«Spiele ohne Tod sind langweilig», sagt Miriam Schreiter. Die 35-Jährige ist keine leidenschaftliche Gamerin. Vielmehr hat sie die Rolle des Todes beim Zocken für ihre mit «sehr gut» bewertete Dissertation an der TU Chemnitz drei Jahre lang wissenschaftlich unter die Lupe genommen.



Geist, Gespenst, Sensenmann, Friedhof, kopfloser Reiter oder auch schlichtweg als Leiche – der Tod begegnet dem Spieler in vielfältiger Form. Das betrifft nicht nur die grossen und umsatzstarken Konsolen- und Computerspiele wie «World of Warcraft», «Destiny», «Battlefield» oder «Call of Duty», sondern auch so genannte Gelegenheitsspiele.

Bei älteren Spielern immer beliebter

Auf diese Casual Games, die auch rasch mal während der Tramfahrt oder in der Mittagspause auf Handys oder Tablets gespielt werden können, hat sich Schreiter konzentriert. «Das ist ein neuer Forschungsbereich», erklärt die Wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Professur für Interkulturelle Kommunikation.

Für ihre Forschung hat sie sich besonders ein Spiel vorgenommen: «Cursed Fates – Der kopflose Reiter» des deutschen Entwicklers Purple Hills. Darin müssen Aufgaben gelöst und dafür versteckte Objekte (Hidden Objects) gefunden werden. Ihre Dissertation unter dem Titel «Wie kommt der Tod ins Spiel? Von Leichen und Geistern in Casual Games» hat mit 200 Seiten Romanstärke und eine interessante Erkenntnis. «Spieler von Hidden-Object-Spielen sind häufig ältere Leute über 35 Jahre und Frauen», berichtet Autorin Schreiter.

«Cursed Fates - Der kopflose Reiter» diente als Untersuchungsgegenstand für die wissenschaftliche Arbeit von Miriam Schreiter.

Bild: Youtube

Der Tod als grosser Gegenspieler

So vielfätig wie die Erscheinungsformen sind auch die Funktionen des Todes. Er sei sowohl Anfang als auch Ende und immer ein Spannungselement. «Der Tod schafft Unordnung. Man stellt permanent Ordnung her», sagt die Wissenschaftlerin. Reisst der kopflose Reiter, der schon in Volkssagen den Tod symbolisiert, zum Beispiel die Brücke über einen Fluss ein, muss man einen alternativen Weg auf die andere Seite finden.

20 Mal hat Schreiter das Spiel durchgespielt, oft auch aufreizend langsam, um die Struktur des Spiels zu erkennen. Zur Dokumentation hat Schreiter davon zwischen 200 und 300 Bildschirmfotos angefertigt.

Die Faszination für den Spieler besteht nach ihrer Erkenntnis darin, dem Tod ein Schnippchen zu schlagen und dafür belohnt zu werden. «Der Tod als Gegenspieler, das Böse, das man besiegen muss», beschreibt sie die Rolle des Spielers. Dabei fühle man sich gut, weil man das Schlechte bekämpfe und dafür auch noch Anerkennung in Form von Punkten oder Auszeichnungen bekommt.

Gerade damit würden die Entwickler die Spieler vorzugsweise langfristig an sich binden. «Ein gutes Spiel ist so konzipiert, dass es den Spieler zwischen Herausforderung und Frustration hält», sagt Schreiter. Die Wissenschaftlerin mahnt: «Dann ist das Suchtpotenzial hoch.»

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