Spielekritik «Little Nightmares 2»: Für den kleinen Horror zwischendurch

Von Domagoj Belancic

24.2.2021

«Little Nightmares 2» schöpft leider nicht sein volles Potenzial aus.
«Little Nightmares 2» schöpft leider nicht sein volles Potenzial aus.
Bandai Namco

Der Nachfolger des 2017 erschienenen Horror-Plattformers «Little Nightmares» entführt Spieler in eine noch grössere und noch groteskere Albtraumwelt. Leider scheitern die hohen Ambitionen des zweiten Teils an einer schwammigen Steuerung und frustrierendem Gameplay.

Auch wenn die kleinen Protagonisten von «Little Nightmares 2» auf den ersten Blick ziemlich niedlich aussehen – dieses Horror-Game ist nichts für schwache Nerven.

Das Spiel setzt weniger auf oberflächliche Schock- und Schreckmomente, dafür umso mehr auf eine beklemmende und makabre Atmosphäre, die sich im Spielverlauf immer weiter intensiviert.



Der Spieler hüpft, rennt und kämpft sich in der Rolle eines kleinen Jungen namens Mono durch eine verwunschene Stadt. Die trostlosen Umgebungen, verstörenden Gegner und der schaurige Soundtrack erzeugen auf Monos Reise eine albtraumhafte Stimmung, die auch erfahrene Horror-Fans in ihren Bann zieht.

Im Vergleich zum Vorgänger wirkt die Spielwelt insgesamt grösser und aufwendiger inszeniert. Und auch im Bezug auf das Gameplay kann der Nachfolger mit einigen Änderungen und Überraschungen auftrumpfen.

Zusammen im Kampf gegen die Monster

Eine entscheidende Neuerung ist, dass sich der Spieler nicht mehr ganz alleine durch die Albtraumwelt von «Little Nightmares» kämpfen muss. «Six», die Protagonistin aus dem Vorgänger, kehrt als nicht-spielbarer Charakter zurück und unterstützt Mono auf seiner Reise durch die mysteriöse Stadt. Das kleine Mädchen im gelben Regenmantel begleitet den Spieler auf einem Grossteil seiner Reise und hilft beim Lösen von Puzzles und beim Überwinden von zahlreichen Hindernissen.

Die Interaktionen zwischen den zwei Charakteren sind zwar insgesamt sehr simpel und nur auf bestimmte Punkte im Spiel beschränkt, trotzdem verleiht das Zusammenspiel der zwei kleinen Kinder dem sonst so trostlosen Abenteuer einen willkommenen emotionalen Kontrast.



Ebenfalls neu ist die Möglichkeit, Gegner aktiv anzugreifen. Herumliegende Äxte und Hämmer können im Kampf gegen kleinere Monster als improvisierte Nahkampfwaffen eingesetzt werden. Weil die Waffen für den kleinen Mono aber viel zu gross und schwer sind, sollten sie nur mit Bedacht verwendet werden. Ein verfehlter Schwung mit der Axt bedeutet meist den sicheren Tod im Kampf gegen die Albtraumkreaturen.

Doch trotz der Nahkampfwaffen und der Begleitung durch Six, fühlt sich die graue Stadt in «Little Nightmares 2» genauso unbarmherzig, einsam und unkontrollierbar an wie das Horror-Schiff aus dem Vorgänger. Die beiden Kinder wirken im Vergleich zu den überdimensionierten Häusern und Kreaturen winzig und machtlos. In vielen Situationen sind sie die den grotesken Gegnern hilflos ausgeliefert und können nichts anderes machen, als um ihr Leben zu rennen. Auch die improvisierten Waffen entpuppen sich schnell als Placebos, die dem Spieler nur für einen kurzen Moment das Gefühl geben, die Situation unter Kontrolle zu haben.

Gegen die riesigen und grotesken Gegner fühlt man sich als Spieler oft hilflos und unterlegen.
Gegen die riesigen und grotesken Gegner fühlt man sich als Spieler oft hilflos und unterlegen.
Bandai Namco

Träge Steuerung und Kamera

Leider wird die hervorragende Albtraum-Atmosphäre immer wieder von der sehr unpräzisen Steuerung und der oft ungünstig platzierten Kamera getrübt.

Aufgrund der seitlich fixierten Kameraperspektive ist es oft sehr schwer einzuschätzen, wo sich Spielcharaktere, Objekte und Gegner im dreidimensionalen Raum befinden. Die Folge davon sind unzählige verfehlte Sprünge und missglückte Angriffe, die oft mit dem Tod des Spielcharakters enden.

Die Problematik der schlecht einschätzbare räumliche Tiefe wird durch die sehr träge Steuerung leider noch weiter verschärft. Der Spielcharakter reagiert sehr langsam und verzögert auf die Inputs des Spielers. So verwandeln sich eigentlich komplett harmlose Situationen durch die harzige Steuerung immer wieder in unnötig frustrierende Drahtseilakte.

Nerviges «Trial and Error»-Prinzip

Apropos frustrierend: Ebenfalls problematisch ist die teilweise sehr inkonsistente visuelle Kommunikation des Games. In vielen Puzzle-Situationen wird dem Spieler nicht klar vermittelt, welche Möglichkeiten ihm zur Verfügung stehen und welche nicht.

So können einige hohe Hindernisse problemlos übersprungen werden, während andere (niedrigere) Hürden unüberwindbar sind. Einige Wände können problemlos erklommen werden, während andere (identisch aussehende) Wände sich nicht zum Klettern eignen. In einem Gewässer kann der Spielcharakter schwimmen und sogar tauchen, während er in einem anderen Gewässer sofort ertrinkt.



Diese scheinbar willkürliche Beschränkung der Handlungsmöglichkeiten führt in vielen Fällen zu frustrierenden «Trial and Error»-Puzzles, bei denen man stumpf alle möglichen Lösungswege abklappert, bis man zufällig bei der «richtigen» Lösung angekommen ist.

Wenn man das zehnte Mal vor einem Monster wegrennt und aus unerklärlichen Gründen immer wieder am gleichen Punkt scheitert, verlieren selbst die makabersten Kreaturen mit der Zeit ihren Horror-Charme. Schade. Denn mit ein bisschen mehr Feinschliff in der Steuerung und im Game-Design hätte «Little Nightmares 2» durchaus das Zeug zum Horror-Klassiker gehabt.

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