Suchtproblematik Neben Sexsucht ist auch Videospielesucht nun offiziell eine Krankheit

Fabian Gilgen

22.5.2019

Es ist offiziell: Videospiele können süchtig machen.
Es ist offiziell: Videospiele können süchtig machen.
Bild: FITBOOK

Am 21. Mai hat die Weltgesundheitsorganisation über die aktuelle internationale Klassifikation der Krankheiten abgestimmt – Videospielesucht ist nun offiziell als eine solche klassifiziert. Daran gibt es Kritik.

Der grosse Erfolg von «Fortnite» hat eine neue Diskussion über Videospielesucht ausgelöst. Viele Eltern sind besorgt über das exzessive Spielverhalten ihrer Kinder. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) ist sich der Problematik bewusst und hat nun Videospielesucht offiziell als eine Krankheit anerkannt. In der internationalen Klassifikation der Krankheiten (ICD) hat die WHO Videospielesucht wie folgt aufgeführt:

«Videospielsucht zeichnet sich durch ein Muster aus anhaltendem oder immer wiederkehrendem Verhalten in Bezug auf Videospiele aus. Sowohl online als auch offline kann sich dies wie folgt zeigen:

1. Beeinträchtigte Kontrolle über das eigene Spielverhalten (zum Beispiel in Sachen Häufigkeit, Intensität, Dauer, Beginn oder Ende des Spielens).


2. Zunehmende Priorität für das Spielen, bis zu dem Punkt, an dem es Vorrang vor anderen Lebensinteressen und täglichen Aktivitäten hat.


3. Weiterspielen, obwohl bereits negative Konsequenzen auftreten.»

An der ICD orientieren sich weltweit Ärzte und Krankenkassen. Also werden wohl in Zukunft Behandlungen und Therapien angeboten werden, deren Kosten von der Krankenkasse übernommen würden.

Die WHO erklärt die Videospielesucht.

Video: YouTube

WHO erntet Kritik

Dieser Entscheid der WHO wird nicht von allen Seiten kritiklos angenommen. Unter den Kritikern befindet sich etwa auch die Entertainment Software Association (ESA), eine der grössten Videospiel-Lobbys weltweit und Organisatoren der Spielemesse E3 in Los Angeles.

Bereits 2018 hatte sich die ESA zusammen mit internationalen Videospielverbänden in einer offiziellen Erklärung gegen eine Klassifizierung von Videospielesucht als eine Krankheit ausgesprochen. Die wissenschaftliche Grundlage sei schlichtweg noch nicht ausreichend, um eine solche Klassifizierung vorzunehmen, was auch von diversen internationalen Universitäten bestätigt werde. Diese fehlende Grundlage könnte zu Fehldiagnosen und Missbrauch führen, was höheren Kosten im Gesundheitssektor nach sich ziehe.

Weiter betonen die Videospielverbände die Wichtigkeit und den Nutzen von Videospielen für Bildung und Therapie – beides sei in jüngster Zeit durch diverse Studien belegt worden. So sei zum Beispiel in einer jener Studie bewiesen worden, dass 3D-Spiele zumindest präventiv gegen Demenzkrankheiten helfen könnten. Durch die Klassifizierung von Videospielen als Krankheit aber könnten solche neuen und vielversprechenden Therapien das Vertrauen von Patienten verlieren.



Gemäss Gameindustry.biz äussert die ESA Bedenken, «dass echte psychische Krankheiten wie Depression oder Angststörungen, die eine Behandlung und die volle Aufmerksamkeit der Medizin verdienen, leichtsinnig banalisiert werden.»

Es bleibt dabei: Videospielesucht ist eine Problematik, die polarisiert. Für aussenstehende und Nicht-Betroffene ist eine Suchtstörung häufig schwer fassbar. Wann eine Sucht beginnt, kann häufig nicht so einfach festgestellt werden. Dies macht es für viele Betroffene schwierig, weil sie so keine Gewissheit haben, ob es gerechtfertigt ist, professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen. Dennoch sollte man es nicht scheuen, darüber zu reden.

Zumindest wird es wohl in Zukunft durch die Klassifizierung von Videospielesucht als Krankheit für Betroffene einfacher, Hilfe zu bekommen.

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