Interview Traumziel Mars – Videospiele können dabei helfen

Sönke Siemens / Games.ch

30.1.2019

Charles White ist ein NASA-Urgestein und ein leidenschaftlicher Gamer – in der Szene ist er als «Weltraum-Bischof»  bekannt.
Charles White ist ein NASA-Urgestein und ein leidenschaftlicher Gamer – in der Szene ist er als «Weltraum-Bischof»  bekannt.
Bild: Bluewin

Charles White arbeitet seit über 30 Jahren für die NASA. Privat zählt er zu den schillerndsten Persönlichkeiten des Weltraum-Onlinespiels «EVE Online». Wenn Realität und virtuelle Welten verschmelzen. Ein Interview.

Charles White, Sie arbeiten für das Jet Propulsion Laboratory (JPL) der NASA. Was genau machen Sie dort? 

Erst kürzlich feierte die NASA ihren 60. Geburtstag. Ich selbst arbeite nun schon seit 31 Jahren beim JPL. Wir schreiben dort sogenannte «Lessons Learned»-Beiträge zu positiven als auch negativen Vorfällen, um auf diese Weise den Wissensschatz der NASA zu verbessern. Ich kümmere mich ferner darum, Wissen von Experten aus bestimmten Themengebieten abzufragen. Genau diese Prozesse begünstigen die hohe Missions-Erfolgsrate, die wir derzeit vorweisen können.



Privat spielen Sie das Weltraum-Rollenspiel «EVE Online», wo man Sie den Weltraum-Papst nennt. Wie sind Sie zu diesem illustren Amt gekommen?

Ich habe diesen Titel inzwischen akzeptiert und habe mich auf Cosplay-Wettbewerben sogar entsprechend angezogen. Im Spiel bin ich der Mitbegründer der Sixth Empire Alliance und wir verhalten uns so, als ob wir die Küstenwache des Weltraums sind. Wir retten Spieler, die eine schwere Zeit im Spiel, aber auch ausserhalb des Spiels haben. Ausserdem werben wir für eine Anti-Suizid-Bewegung, die sich «Broadcast For Reps» nennt. Da ich mit 59 Jahren einer der älteren Spieler bin, fing ich an, auf unserem Kommunikationskanal mit anderen Spielern über Probleme in der echten Welt zu sprechen. Ich bot ihnen Rat und Unterstützung an oder hörte manchmal auch einfach nur zu. Seither fingen die Spieler an, mich als den «weisen alten Typen» wahrzunehmen und nannten mich den Weltraum-Papst.

Beeinflusst «EVE Online» und Ihre Rolle dort auch Ihre Arbeit bei der Nasa?

Nicht direkt. Allerdings gibt es einen indirekten Weg, wie «EVE Online» der Weltraumwissenschaft hilft. Konkreter formuliert: In Zusammenarbeit mit der Universität Genf  nutzen «EVE Online»-Spieler Daten von Raumsonden, um sogenannte Datasets für das Projekt Discovery zur Verfügung zu stellen. Auf diesem Weg haben «EVE»-Spieler bereits 80 Millionen Daten klassifiziert. Diese Daten dürften sich nochmals verbessern, sobald wir neue Raumsonden losschicken, um Exo-Planeten zu finden.

In «EVE Online» geht es darum, im Weltraum zu kämpfen, zu handeln, Bergbau zu betreiben und vieles mehr. Wann wird die Menschheit tatsächlich in der Lage sein, zu den Sternen zu reisen? Was wird das Ganze zu einem lohnenden Geschäft machen?

Da ich kein offizieller Sprecher der NASA, des JPL oder von Caltech bin, kann ich hierzu nur meine ganz persönliche Meinung abgeben. Und die lautet: bald. Wir haben mittlerweile eine Schwelle erreicht, an dem die Kosten für Weltraum-Exploration durch neue Methoden und Technologien spürbar sinken. Sobald die Kosten von Weltraum-Operationen niedriger ausfallen als der Profit, der im All gemacht werden kann, dann wird ein wahrer Weltraum-Goldrausch ausbrechen. 

Charles White hilft anderen Spielern von «EVE Online» mit ihren Problemen im Spiel, aber auch in ihrem Privatleben.
Charles White hilft anderen Spielern von «EVE Online» mit ihren Problemen im Spiel, aber auch in ihrem Privatleben.
Bild: Bluewin

Angenommen, jemand würde in den nächsten zehn Jahren gerne zum Mond oder zum Mars reisen? Könnten Videospiele wie «EVE Online» dabei helfen?

Videospiele wie «EVE Online» können sicher helfen. Ganz einfach, weil es ziemlich harsch ist und nichts verzeiht – genau wie der Weltraum. Wenn man aus seinen Fehlern in «EVE» lernen kann, dann macht einen das zu einem besseren Piloten und Welten-Entdecker. Oder auch zu einem besseren Anführer der Sixth Empire Alliance. So war es zumindest in meinem Fall.

Und selber würden Sie auch mal gerne noch ins Weltall reisen?

Ich mag Bäume und bis nicht irgendjemand einen ganzen Wald auf einem Raumschiff bereitstellt, bleibe ich bei meinen hölzernen Freunden hier auf der Erde. Dasist auch einer der Gründe, warum ich beschlossen habe, das Sonnensystem mit Robotern und Sonden zu erkunden. Wir müssen noch viel in Erfahrung bringen, bevor wir Menschen da hoch schicken können.


Hinweis: Die GAMES.CH-Redaktion berichtet für das Bluewin-Portal über Spannendes aus der Spielewelt, egal ob für Smartphones, Konsolen oder PC

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