Twitch & Co. Warum werfen Jugendliche Streamern ihr Sackgeld hinterher?

Von Martin Abgottspon

11.2.2020

Bei gewissen Spenden können Streamer ihre Überwältigung kaum verbergen.
Bei gewissen Spenden können Streamer ihre Überwältigung kaum verbergen.
Bild: Twitch

Streamer und Youtuber sind die Stars der heutigen Jugend. Der schöne Nebeneffekt: Das Geld wird einem regelrecht nachgeschmissen. Aber warum?

Tausende von Streamern können mit der Produktion der hauseigenen Gaming-Inhalte bereits ihren Lebensunterhalt bestreiten. Direkt aus dem Wohnzimmer lassen sie ihre Communities Teil ihrer Welt sein. Es wird geplaudert und gespielt. Nebenbei fliessen über Werbeeinnahmen einige Franken in die Haushaltskasse. Doch das ist nur eine Seite des Vermarktungsmodells.

Erfolgreichere Streamer und Youtuber gehen immer häufiger direkte Partnerschaften mit Spielepublishern oder Geräteherstellern ein und testen dafür etwa die neusten Shooter oder setzen sich ein bestimmtes Headset auf. Immer öfter kassieren die Influencer aber auch direkt Spendengelder von ihren Fans, wobei auch gerne mal richtig geklotzt wird.

Eine Form des Danks

Eine der höchsten Spenden erhielt der «Fortnite»-Profi Exotic Chaotic. Sagenhafte 75'000 Dollar gingen aus dem Nichts auf seinem Konto ein und zwar von einem anderen «Fortnite»-Spieler. Alles nur Fake, sagen die einen. Die Reaktion von Exotic Chaotic wäre in diesem Fall aber schon hollywoodreif geschauspielert.

In der Regel bewegen sich die Spenden aber im einstelligen oder tiefen zweistelligen Bereich. Für die meisten Zuschauer geht es wohl darum, sich auf diese Weise für die Unterhaltung zu bedanken. In etwa so, wie man das lokale Gewerbe unterstützt, obwohl man einen Artikel bei einem Grosshändler vielleicht auch billiger bekommen würde.

Spenden für das Ego

Für gewisse User wird das Spenden aber beinahe schon zur Sucht. Hier geht es nicht mehr um Anerkennung und Wertschätzung, sondern vielmehr um das eigene Ego und ein wenig Aufmerksamkeit. Denn in der Regel kann man mit seiner Spende eine Nachricht an die Streamer mitschicken, die dann aufploppt und laut vorgelesen wird. Für ein paar Sekunden wird man damit zum Star im eigenen Lieblingsstream.



Ein junger Mann aus Florida erzählt gegenüber «Kotaku», wie er in den letzten vier Jahren so rund 5'000 bis 6'000 Dollar an Cory «King Gothalion» Michael überwiesen hat. «Dass mein Name bei seinem Stream eingeblendet wird, hat mir einfach ein gutes Gefühl gegeben. Ich habe das dann auch bei kleineren Streamern getan», erzählt der US-Amerikaner.

Einzelne Fans bekommen dadurch auch das Gefühl, eine Beziehung zu ihrem Lieblingsentertainer aufzubauen. Dass die Verbindung aber oft doch sehr einseitig ist, realisiert man erst, wenn die Summen wegbleiben, wie auch der Mann aus Florida feststellen musste.

Grosse Streamer ziehen die Notbremse

Wer nicht zu den allergrössten Streamern zählt, macht sich über solche Verhalten der Fans wenig Gedanken. Einen schnellen Franken hier und da, warum sollte man sich dagegen wehren? Für Vollzeit-Streamer, die inzwischen jedoch gut von ihrem Kanal leben können, beobachtet man in jüngster Zeit immer öfter, dass sie Spenden eher ablehnen oder sie sogar deaktiviert haben.



So etwa auch Jeremy «Disguised Toast» Wang. Bei ihm hat sich vor zwei Jahren ein Mann gemeldet, der nach einer Spende von 200 Dollar in Geldnot geriet und den Streamer um eine Rücküberweisung bat. Wang folgte dem Wunsch, der ihm auch die Augen öffnete.

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