Lootboxen-Diskussion Wie Videospiel-Giganten im Casino-Stil Milliarden erwirtschaften

Von Martin Abgottspon

21.6.2019

Man muss schon sehr viel Glück haben, um Cristiano Ronaldo beim FUT-Modus in «FIFA» zu bekommen.
Man muss schon sehr viel Glück haben, um Cristiano Ronaldo beim FUT-Modus in «FIFA» zu bekommen.
Bild: Electronic Arts

Lootboxen sind aufgrund ihrer Glückspielmechanik äusserst umstritten. Bei einer Anhörung vor britischen Behörden legten die Publisher jetzt ihre Sicht der Dinge dar – sie wirkt fast schon grotesk. 

Gerade Electronic Arts (EA) hat das Geschäft mit Lootboxen perfektioniert. Der Verkauf von Kisten, die gewisse Spiel-Gegenstände enthalten, ist zu einem wichtigen Umsatzzweig geworden. Spieler geben oft Hunderte von Millionen aus, um mit etwas Glück einen Top-Spieler für ihre «FIFA»-Mannschaft zu erbeuten oder eine spezielle Star-Wars-Figur freizuschalten.



Praktisch alle Spieleentwickler verdienen inzwischen einen Grossteil ihrer Einnahmen mit dem Verkauf von Lootboxen und Mikrotransaktionen. Das Geschäft mit dem Nervenkitzel boomt, ganz egal ob die Gegenstände aus den Kisten nur kosmetischer Natur sind – wie etwa ein Kostüm für einen Helden–  oder tatsächlich einen Effekt aufs Spiel haben, etwa wenn man beispielsweise Cristiano Ronaldo in seinem «FIFA»-FUT-Pack hat.

Bis im Jahr 2022 sollen die Einnahmen durch Lootboxen auf weltweit 50 Milliarden Dollar anwachsen. Diese Prognose geht aus einer Studie des Marktforschungsunternehmens Juniper hervor. Das Unternehmen spricht sich dafür aus, den Handel mit Mikrotransaktionen gesetzlich zu regeln: «Juniper empfiehlt ausdrücklich, den Handel von Skins und das Glücksspiel zu regulieren, um sowohl Jugendliche davon abzuhalten und Betrüger daran zu hindern, Spieler zu berauben.»

«Ethisch und spassig»

Diese gesetzliche Regelung beschäftigt inzwischen immer mehr Nationen und deren Spielbankkommissionen. Belgien und die Niederlande etwa haben die Lootboxen bereits verboten. Sie fallen unter das Glückspielgesetz. Die USA und Deutschland erwägen ähnliche Massnahmen. Und offenbar auch Grossbritannien, das zu diesem Zweck von EA persönlich eine Stellungsnahme zum Geschäftsmodell einholen wollte.



Wie zu erwarten war, stufte EA-Manager Kenny Hopkins die Lootboxen als komplett harmlos ein. Als «ethisch und spassig» bezeichnete er die Kisten und verglich sie von ihrer Mechanik her mit Kinderüberraschungseiern. Er streitet ab, dass in den Games von Electronic Arts Glücksspielelemente vorzufinden seien. Eine mutige Aussage, wenn aktuell sogar davon ausgegangen wird, dass Kundendaten gezielt genutzt werden, um noch höhere Absätze zu generieren und der Inhalt einzelner Kisten alles andere als zufällig sein soll.

Und was tut die Schweiz?

Hierzulande hat man sich bis anhin noch nicht vertieft mit den Themen Lootboxen und Mikrotransaktionen auseinandergesetzt. Maria Chiara Saracenci von der Eidgenössischen Spielbankenkommission erklärte 2018 in einem Interview mit «esports.ch»: «Die ESBK verfolgt die Entwicklungen im Spielbereich aufmerksam. Sollten sich konkrete Gründe für allfällige Verletzungen des Spielbankengesetzes ergeben, wird sie intervenieren.»

Grundsätzlich muss in der Schweiz bei einem Geldspiel ein geldwerter Vorteil für die Spieler gegeben sein. Und genau das ist der Knackpunkt, weil man den Gegenständen oft keinen genauen Geldwert zuordnen kann und die Nationen auch deswegen bis anhin sehr unterschiedlich mit der Beurteilung der Situation umgegangen sind.

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