IFA in Berlin Trotz US-Sanktionen: Huawei macht einfach weiter wie gehabt

Dirk Jacquemien, Berlin

6.9.2019

Richard Yu wollte in Berlin vor allem über seinen neuen Smartphone-Chip sprechen.
Richard Yu wollte in Berlin vor allem über seinen neuen Smartphone-Chip sprechen.
Keystone


Den Sanktionen aus Washington und drohender Android-Sperre zum Trotz: An der IFA in Berlin tut Huawei einfach so, als ob nichts wäre.

Huawei hat an der IFA in Berlin das offizielle Programm mit einer Keynote von Richard Yu, dem Chef der Smartphone-Abteilung, eröffnet. Doch während IFA-Direktor Jens Heithecker in seiner Einführung noch die Wichtigkeit ungehinderten globalen Handels hervorhob (und nebenbei auch noch die Pressfreiheit lobpreiste), erwähnte Yu die aktuellen Spannungen, die Huawei schwer ins Straucheln bringen können, mit keinem Wort.

Dabei hat Yu in vorherigen Auftritten sein Unternehmen durchaus offensiv verteidigt, doch diesmal hat man sich fürs bewusste Schweigen entschieden. Dabei könnte die Stunde der Wahrheit für Huawei schon in weniger als zwei Wochen kommen. Dann will der Konzern in München sein nächstes Flaggschiff, das Mate 30, vorstellen. Dies wird nach übereinstimmenden Berichten aufgrund der US-Sanktionen wohl ohne Android auskommen müssen und damit im Westen fast unverkäuflich sein.

In Berlin konzentrierte man stattdessen erstmal auf ein paar neue Produkte. Und vermutlich bleibt Huawei auch nichts anderes übrig, als einfach weiterzuentwickeln, denn die Lösung seiner Probleme wird aller Wahrscheinlichkeit eh nur auf viel höherer, politischer Ebene erfolgen können.

Smartphone-Chip mit 5G

Also gibt es nun zum einen den Kirin 990 5G, einen Smartphone-System-on-a-Chip (SoC) mit integriertem 5G-Modem. Damit ist Huawei zwar etwas später als Samsung dran, das seinen Exynos 980-Chip mit integriertem 5G bereits gestern lancierte, sollte aber dennoch Erster am Markt sein, da bereits das für den 19. September geplante Mate 30 den Kirin 990 5G bekommen soll.

Der Kirin 990 5G hat einen Achtkern-Prozessor sowie einen 16-kernigen Grafikprozessor und soll vor allem für mobiles Spielen sowie Künstliche-Intelligenz-Anwendungen optimiert werden.

Doch auch bei SoCs droht Huawei Ungemach. Denn wie alle Smartphone-Chips basiert auch die Kirin-Reihe auf dem ARM-Design des gleichnamigen britischen Entwicklers. Der hat im Zuge der US-Sanktionen seine Mitarbeiter bereits angewiesen, die Zusammenarbeit mit Huawei einzustellen. Der Kirin 990 5G war zu diesem Zeitpunkt offensichtlich schon weitgehend fertiggestellt, aber die Entwicklung zukünftiger Huawei-Chips könnte weitaus komplizierter werden.

AirPods-Kopie mit besserer Technik

Dann hat Huawei auch seine neusten Kopfhörer, die FreeBuds 3, lanciert. Diese sind vom Design her ziemlich eindeutig von den Apple AirPods inspiriert, sind aber technisch deutlich fortschrittlicher. So haben die FreeBuds 3 eine aktive Geräuschunterdrückung, eine Seltenheit bei so kompakten In-Ear-Kopfhörern. Sie sollen nächsten Monat erhältlich sein, zu einem niedrigen Preis als die Apple-Konkurrenz, so Huawei.

Sehen den AirPods zum Verwechseln ähnlich, können aber mehr: Die Huawei FreeBuds 3.
Sehen den AirPods zum Verwechseln ähnlich, können aber mehr: Die Huawei FreeBuds 3.
Keystone

Schliesslich wurde das derzeitige Flaggschiff P30 Pro noch mit zwei neuen Farboptionen ausgestattet und die Verfügbarkeit des erst gestern lancierten Android 10 für dieses bekannt gegeben. Für vor dem Mai 2019 lancierte Produkte – wie dem P30 Pro – gilt derzeit noch ein Moratorium von den Sanktionen, weshalb die Huawei-Welt hier noch in Ordnung ist.

Doch auch dieses Moratorium läuft im November aus und Google müsste dann jegliche Kooperation mit Huawei einstellen. Das Unternehmen bekräftigt, bestehende Handys selbstständig mit Sicherheitsupdates zu versorgen und bei neuen Modellen auf das eigene Betriebssystem HarmonyOS zu setzen. Aber ob dieser Plan wirklich aufgehen kann, ist noch völlig offen.

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