Nach Grenzkonflikt Indien verbietet chinesische Apps

dj

30.6.2020

Seit Wochen gibt es in Indien Boykottaufrufe gegen China.
Seit Wochen gibt es in Indien Boykottaufrufe gegen China.
Getty Images

Nach einem Grenzkonflikt mit China hat Indien 59 Apps des Nachbarlandes verboten. Betroffen sind Apps mit teils Hunderten Millionen Nutzern wie TikTok.

Die indische Regierung hat 59 Apps verboten. Alle stammen von chinesischen Entwicklern wie ByteDance, Alibaba oder Tencent. Ohne dass dies von der Regierung explizit erwähnt wurde, handelt es sich bei dem Verbot um eine offensichtliche Reaktion auf die seit Anfang Mai andauernden Grenzscharmützel mit China.

Im Himalaya-Gebirge streiten die beiden Ländern seit Ende eines Krieges in 1962 um die Grenzführung zwischen den von ihnen jeweils beanspruchten Regionen Kaschmir und Tibet. Letzten Monat wurde der Konflikt wieder gewalttätig. Am 15. Juni wurden bei Mann-zu-Mann-Kämpfen 20 indische und eine unbekannte Zahl chinesischer Soldaten getötet.

«Souveränität und Integrität» Indiens gefährdet?

Die Regierung in Neu-Delhi sagt, die Apps würden die «Souveränität und Integrität» Indien gefährden. Das Verbot im zweitgrössten Land der Welt ist ein schwerer Schlag für die internationalen Ambitionen chinesischer Tech-Firmen. Alleine TikTok von ByteDance hatte knapp 120 Millionen Nutzer in Indien, was knapp ein Sechstel aller TikTok-Nutzer weltweit ausmachte.

Auch betroffen war der UC Browser von Alibaba, der zu Spitzenzeiten 130 Millionen indische Nutzer hatte, allerdings nach Boykottaufrufen bereits auf dem absteigenden Ast war. Bei Tencent erwischte es unter anderem WeChat, den nach WhatsApp zweitgrössten Chatdienst der Welt.



Folgt ein Huawei-Verbot?

Chinesische Tech-Firmen hatten bisher einen ungeheuren Einfluss in Indien. Smartphones chinesischer Hersteller haben dort einen Marktanteil von knapp 60 Prozent, bei Investitionen in indischen Tech-Start-ups spielt chinesisches Kapital eine führende Rolle. Laut CNBC könnte als nächster Schritt der indischen Regierung ein Verbot der Beteiligung von Huawei und ZTE am 5G-Ausbau folgen.

Die Aktion zeigt erneut, wie schnell chinesische Firmen für das geopolitische Vorgehen ihrer Regierung verantwortlich gemacht werden können und wie asymmetrisch hier der Handlungsspielraum ist. China zensuriert beispielsweise von vornherein unzählige ausländische Apps, sodass es gar keine Möglichkeit zum direkten Gegenschlag hat.

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