Günstigere Abos geplantNetflix will auf Werbung setzen
Dirk Jacquemien
20.4.2022
Netflix hat erstmal seit mehr als 10 Jahren Abonnent*innen verloren. Mit einem vergünstigten Abo mit Werbung soll der Nutzerschwund nun abgewendet werden.
Dirk Jacquemien
20.04.2022, 11:54
Dirk Jacquemien
Netflix hat zum ersten Mal seit mehr als zehn Jahren Abonnent*innen verloren. Im ersten Quartal 2022 hatte das Unternehmen 200'000 zahlende Kund*innen weniger als im Quartal zuvor. Der Rückgang ist auch einem Sondereffekt geschuldet, denn durch die Aufgabe des Geschäftsbetriebs in Russland fielen 700'000 Abonnenten auf einmal weg.
Dennoch waren die Zahlen eine negative Überraschung. Denn Netflix hatte zuvor noch mit einem Plus von 2,5 Millionen Abonnent*innen gerechnet. Nun heisst es von Seiten des Unternehmen, für das zweite Quartal erwartete man einen noch höheren Rückgang um 2 Millionen Kund*innen. Die Nachricht war ein ähnlicher Schock für die Börse wie Facebooks Ankündigung im Februar, erstmals in seiner Geschichte Nutzer*innen verloren zu haben. Die Netflix-Aktie gab nachbörslich um 25 Prozent nach.
Für den Rückgang macht CEO Reed Hastings auch das Teilen von Passwörtern verantwortlich. 222 Millionen Haushalte würden für Netflix zahlen, aber 100 Millionen weitere Haushalte würden den Streaming-Dienst ebenfalls nutzen — eben mit von Freund*innen oder Verwandten geteilten Passwörtern.
Die Praxis des Passwort-Teilens war schon immer in den Netflix-Nutzungsbestimmungen verboten, wurde vom Unternehmen aber mehr als ein Jahrzehnt lang toleriert. Das dürfte sich bald ändern.
Im März startete Netflix bereits einen Test in mehreren lateinamerikanischen Ländern, bei denen die Kund*innen eine extra Gebühr zahlen müssen, wenn sie ihr Passwort an haushaltsfremde Personen weitergeben. Es scheint nun nur noch eine Frage der Zeit zu sein, bis Netflix diese Gebühr auch in weiteren Ländern verlangen wird.
Zum Schwund beigetragen haben dürften aber zweifellos die Preiserhöhungen, die Netflix in den ersten Monaten dieses Jahres weltweit umsetzte. In der Schweiz kostet das Standard-Abo mit HD und ohne 4k inzwischen 18,90 Franken im Monat.
Preissensible Kund*innen sollen daher nun mit einem günstigeren Abonnement, das dann allerdings Werbung enthält, zurückgewonnen werden. Hastings sagte, eigentlich sei er immer gegen Werbung gewesen. Er glaube allerdings, dass Kund*innen eine «Wahl» haben sollen.
Wann dieses neue Abo mit Werbung erhältlich sein soll und wie viel günstiger es sein wird, hat Hastings noch nicht genau verraten. Man werde versuchen, dies in den nächsten ein, zwei Jahren umzusetzen, so Hastings.