So geht TelemedizinDigitale Gesundheits-Dossiers: Ein Gewinn für Ärzte und Patienten
Roger Welti, Swisscom Health
20.7.2018
Nur die Wenigsten teilen heute schon Gesundheitsdaten elektronisch mit ihrem Arzt. Wie einfach und nützlich so ein Austausch sein kann, zeigt eine Forschungsgruppe unter Leitung des Kantonsspitals St. Gallen.
Heute macht das Wetter Brigitte Schneider zu schaffen. Die Ostschweizerin leidet unter der chronisch obstruktiven Lungenkrankheit COPD – wie rund 400'000 andere Menschen hierzulande. An gewissen Tagen bereite ihr das Atmen Schwierigkeiten und körperliche Anstrengungen seien kaum möglich, erzählt Schneider. Medikamente können die Symptome von COPD zwar lindern, eine Heilung der Krankheit ist bisher aber nicht möglich.
Umso wichtiger ist es, die Lebensqualität von Betroffenen so weit wie möglich zu verbessern – zum Beispiel dadurch, dass eine akute Verschlechterung des Gesundheitszustandes keinen Spitalaufenthalt nach sich zieht.
Digitalisierung ermöglicht innovativen Ansatz
«Ich bin überzeugt, dass der Einsatz von Telemedizin genau dazu beitragen kann», sagt Dr. med. Frank Rassouli, Oberarzt in der Pneumologie im Kantonsspital St. Gallen. Unter seiner Leitung führen fünf Schweizer und eine deutsche Klinik derzeit eine Studie mit 175 Teilnehmenden durch. Dabei wird das elektronische Gesundheitsdossier Evita für das Monitoring des Zustandes von COPD-Patienten eingesetzt. Mit dabei ist auch Brigitte Schneider: «Ich musste nicht lange überlegen, ob ich an der Studie teilnehme. Ich kann ja nur gewinnen – für mich und auch für andere COPD-Patientinnen.»
Sie und die anderen Studienteilnehmenden beantworten im Dossier Evita täglich Fragen zu ihrem Gesundheitszustand. In den beteiligten Spitälern laufen alle Informationen in Echtzeit zusammen. Weist ein Patient besorgniserregende Werte auf, wird er umgehend vom Studienteam kontaktiert. Die Behandelnden stellen ihm weitere Fragen zu seiner Verfassung und beraten ihn telefonisch. Das Ziel: Die Betroffenen werden rasch und nach Möglichkeit bei sich zu Hause versorgt.
Ihre Krankenakte kommt ins Internet: Das müssen Sie wissen
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Mit der Einführung des Bundesgesetzes über das elektronische Patientendossier (EPDG) kann die Speicherung unserer Gesundheitsdaten künftig elektronisch in der Cloud stattfinden. Was bedeutet das aus der Sicht des Datenschutzes?
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Wenn zwischen Arzt und Patient vertrauliche Daten ausgetauscht werden: Wer bestimmt, was geteilt wird und wer alles Einsicht in die Patientendaten hat?
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Diese Fragen beantwortet Rechtsanwalt Sergio Leemann für die Leser von «Bluewin». Für ihn ist klar:
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Wenn Patientendaten in der Cloud - also im Internet - gespeichert sind, sind sie sicherer als beim Arzt im Archiv oder auf dem Pult. Denn die Datenserver werden rund um die Uhr bewacht - kleine Arztpraxen sind oft weniger gut gesichert.
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Wenn alle Patientendaten ins Internet geladen werden - wer hat dann Zugriff darauf? Leserechte hat grundsätzlich nur der Patient selber. Gesundheits-fachpersonen, also Ärzte, Krankenhäuser, Apotheken etc., erhalten nur dann Zugriff, wenn sie ein explizites Zugriffsrecht vom Patienten zugesprochen bekommen.
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Damit ist die Online-Lösung für den Patienten eigentlich viel transparenter und besser organisierbar, als wenn Protokolle und Arztzeugnisse beim Arzt im Bundesordner lagern.
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Doch wie ist es mit Hackern: Können sie an meine Gesundheitsdaten gelangen? Wenn der Arzt seine Login-Daten nicht einfach herumliegen lässt und der Anbieter der Cloud-Datenbank - wie beispielsweise Swisscom - seine Arbeit ernst nimmt, sind die Daten sicher.
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Der Patient kann übrigens frei über die Daten im elektronischen Patientendossier verfügen - sie also jederzeit auch löschen (lassen). Die Daten sind allerdings Kopien der Originalberichte, die jeweils vom Arzt ausgegeben werden. Auch diese können auf Anfrage vernichtet werden.
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Ein Führen eines elektronischen Patientendossiers ist, sobald es Mitte 2018 eingeführt wird, sowohl für Patienten als auch Ärzte freiwillig. Anwalt Sergio Leemann geht allerdings davon aus, dass die meisten Arztpraxen es anbieten werden, da der Austausch von Dossiers mit anderen Gesundheitsfachpersonen damit einfacher wird.
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Studie zeigt: Lebensqualität steigt, Kosten sinken
Erste Ergebnisse der bis Sommer 2019 laufenden Studie zeigen, dass der Telemedizin-Einsatz qualitativ und quantitativ erfolgversprechend ist. Patienten fühlen sich mit Evita besser betreut als ohne. Mit Telemedizin-Betreuung verbesserte ein Viertel der Patienten seine Werte beim anerkannten COPD Assessment Test, mit dem der Gesundheitszustand mittels eines standardisierten Fragebogens beurteilt wird. Die Hospitalisierungsrate aufgrund akuter Zustandsverschlechterungen lag um ein Viertel tiefer als ohne Monitoring. Die COPD-bezogenen Behandlungskosten waren während des Telemedizin-Einsatzes um 44% geringer als ohne.
«Wir konnten bisher zeigen, dass wir mit dem Einsatz des elektronischen Gesundheitsdossiers die Lebensqualität von COPD-Patienten erhöhen und Hospitalisationen vermindern können», sagt Studienleiter Rassouli. Jeder vermiedene Notfalleintritt spare dem Gesundheitswesen einige tausend Franken.
Auch das Universitätsspital Zürich setzt auf Digitalisierung
An der COPD-Studie beteiligt ist auch das Universitätsspital Zürich. Prof. Dr. med. Gregor Zünd, CEO und Vorsitzender der Spitaldirektion, ist vom eingeschlagenen Weg überzeugt: «Wir müssen die Digitalisierung in der Medizin fördern, damit Patienten zunehmend auch zu Hause betreut werden können.» Damit ist das Potenzial der Digitalisierung aber noch lange nicht ausgeschöpft. «Digitalisierung ist der Schlüssel zum Erfolg, wenn wir die Lebensqualität und Sicherheit für unsere Patientinnen und Patienten verbessern und die Effizienz in unserem Betrieb erhöhen wollen», betont Zünd.
Mehr Sicherheit und Wissen
Damit die Nutzung des elektronischen Gesundheitsdossiers auch für ältere COPD-Patienten möglichst einfach ist, wurde Evita speziell auf die Bedürfnisse der Studie und deren Teilnehmenden angepasst. Mit Erfolg. «Das tägliche Ausfüllen des Online-Fragebogens ist in der Handhabung einfach und wird rasch zur Routine», sagt Brigitte Schneider. «Der enge Austausch mit dem Ärzte-Team gibt mir Sicherheit und erhöht meine Lebensqualität.»
Auch die beteiligten Mediziner sind vom elektronischen Gesundheitsdossier überzeugt. «Unsere Patienten schätzen den einfachen und intensiven Kontakt zu uns über Evita», sagt Frank Rassouli. Er stellt zudem einen wertvollen Nebeneffekt fest: «Die tägliche Auseinandersetzung mit ihrer Krankheit steigert bei den Patienten die eigene Kompetenz und das Wissen zu COPD.» Fachleute sind überzeugt, dass die Stärkung der Selbstverantwortung und der Gesundheitskompetenz der Betroffenen einen positiven Effekt auf den Krankheitsverlauf haben.
Mit einem Doktor kann man bald auch per Smartphone in Kontakt treten.
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Möglich macht das eine neue App von eedoctors.
Bild: eedoctors
Ab dem 8. Mai können sich Schweizer Patienten von überall aus in ein «virtuelles Sprechzimmer» einloggen, in welchem ein Arzt erreichbar ist.
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Videokonsultationen, wie die App sie ermöglicht, erlauben eine optische Beurteilung von Oberflächenveränderungen oder Belastungstests, wie sie am Telefon oder per E-Mail nicht oder nur erschwert durchgeführt werden können.
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Natürlich gibt es auch zahlreiche weitere Apps, die Ihre Gesundheit im Blick haben.
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«Healthmate» kann eine Vielzahl von Gesundheitsdaten sammeln, sei es die Herzfrequenz oder die gegangenen Schritte.
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Die App integriert sich auch mit Zubehör vom selben Hersteller, dies ist aber nicht zwingend zur Nutzung erfoderlich. «Healthmate» gibt es kostenlos für iOS und Android.
Bild: Withings
«MyFitnessPal» hilft vor allem beim Abnehmen. Die App berechnet detailliert, welches Essen wie viele Kalorien enthält und welche Aktivität wie viele von ihnen wieder verbrennt.
Bild: MyFitnessPal
Über drei Millionen Lebensmittel sind in der Datenbank der kostenlosen App für iOS und Android enthalten.
Bild: MyFitnessPal
Jawbone ist vor allem für seine Fitnessarmbänder bekannt. Doch die neuste App «Up» funktioniert auch ohne solche. Stattdessen nutzt sie die Sensoren im iPhone...
Bild: Jawbone
...oder in einer Android Gear-Smartwatch. «Up» gibt es kostenlos für iOS und Android.
Bild: Jawbone
«Motion X 24/7» analysiert Ihren Schlaf und weckt Sie zum idealen Zeitpunkt. Die App kostet einen Franken.
Bild: Motion X
Auf Android-Geräten kann diese Aufgabe «Sleep Cycle alarm clock». Auch diese App kostet einen Franken.
Bild: Northcube
Healthkit kann messen, wie viel Vitamin K man zu sich genommen hat oder wie hoch der Blutalkohlwert ist. Doch die weiblichen User interessieren noch ganz andere Analysen.
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Die App «Clue» ist speziell für Frauen gemacht: Sie erfasst detailliert den Menstruationszkylus. «Clue» gibt es kostenlos für iOS und Android.
Bild: Clue
Gesund-digital.com – Gesund & Digital ist ein Blog rund um das persönliche Gesundheitsmanagement und die zunehmende Vernetzung, Digitalisierung und Demokratisierung des Gesundheitswesens. Der Blog wird unterstützt von Swisscom Health und steht allen interessierten Konsumenten oder Patienten als Plattform zur Verfügung.
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