Alpen-Angelina im Interview Alizée Gaillard: «Die Männer sind nervöser und vorsichtiger geworden»

von Marlène von Arx aus Hollywood

11.8.2018

Paparazzi verwechseln sie mit Angelina Jolie. Schweizer Model und Schauspielerin Alizée Gaillard über das Leben in Hollywood, Nacktfotos und einen bedenklichen Trend.

Alizée Gaillard sitzt nachdenklich beim Lunch im Sunset Tower Hotel am legendären Hollywood Sunset Strip. Ihre Kollegin, die ehemalige Miss Schweiz Lauriane Gilliéron, hat letzten Monat bekannt gegeben, dass sie Hollywood desillusioniert den Rücken gekehrt hat: «Ich kann verstehen, dass das für sie der richtige Schritt ist», so die Walliserin zwischen Club Sandwich und Pommes Frites. «Meine Mutter fragt mich auch immer, ob ich noch glücklich sei in Los Angeles. Und ja, das bin ich. Vielleicht geht es mir in zehn Jahren auch anders, aber jetzt ist Hollywood der Ort, wo ich hingehöre.»

Im Gegensatz zu Gilliéron hat Gaillard, die vor fünf Jahren nach Los Angeles kam, gleich zu Beginn ein gutes soziales Umfeld gefunden. «Es stimmt, dass es schwierig ist, mit Amerikanern Freundschaften zu knüpfen. Man macht zusammen Yoga und geht wandern, aber tiefe Freundschaften entstehen nicht. Meine engen Freunde sind daher Franzosen und Amerikaner, die mal in Europa gelebt haben.»

Verheiratet zu sein, hat Auswirkungen 

Sowohl Gilliéron als auch Gaillard haben Erfahrungen mit sexueller Belästigung gemacht. Produzenten und Regisseure laden zum Drink ein. Sie wollen angeblich Projekte diskutieren und machen jungen Frauen Hoffnung auf einen Karrieresprung. «Mich hat zwar niemand angefallen, aber es gibt immer eine gewisse sexuelle Spannung, was ich zu einem gewissen Grad noch verstehen kann, denn als Schauspielerin muss man ja auch das Publikum verführen können», findet die Beauty aus den Bergen. «Aber sobald ich sage, dass ich verheiratet bin, ändert die Stimmung und man hört nichts mehr von ihnen. Das ist schon enttäuschend.»

Seit der Harvey Weinstein-Skandal und die #MeToo-Bewegung ins Rollen kamen, sei aber eine Veränderung spürbar. «Die Männer sind nervöser und vorsichtiger geworden. Ich frage mich jedoch, ob das vor allem die guten Männer sind, die jetzt Angst haben, missverstanden zu werden, während die schlechten nach wie vor ihr Unwesen treiben.»

«Als Schauspielerin Erfolg zu haben, ist ein Marathon und kein Sprint.»

Die Gewinnerin von «Frankreichs Next Top Model» 2005 absolviert in Hollywood seit Beginn Schauspielkurse und arbeitet als Model. An Castings geht sie erst seit zwei Jahren regelmässig und hat Rollen in Kurz- und Werbefilmen, wie beispielsweise im BMW-Spot mit Scott Eastwood, gelandet. Via Model-Agentur kam sie zu einer Statistenrolle in Tom Fords Thriller «Nocturnal Animals». Diesen Sommer hat sie eine eigene Casting-Firma gegründet und sich auf die Suche nach einem neuen Agenten begeben. Der alte tat zu wenig für sie: «Aber ich weiss: Als Schauspielerin Erfolg zu haben, ist ein Marathon und kein Sprint. Wer hier mit 25 bekannt wird, hat meistens schon als Kind angefangen, und es stecken fünfzehn Jahre Arbeit dahinter.»

Von Haiti in die Schweiz

Als Kind hatte die Tochter eines Haitianers und einer Schweizerin noch anderes im Kopf. Bis acht lebte sie in Haiti. Sie erinnert sich an die Märkte, den bunten Karneval, sowie Wochenenden am Strand mit Boot, aber auch an Bilder des Militärputsches am Fernsehen und wie bei ihnen zu Hause eingebrochen wurde. «Meine Mutter brachte uns in die Schweiz, weil sie keine Zukunft für sich und uns Kinder da sah.» Nachdem sich die Eltern trennten, waren Haiti und der Vater, mit dem sie bis 21 keinen Kontakt mehr hatte, kein Thema mehr. Inzwischen ist er verstorben und die Mutter führt mit ihrem zweiten Mann einen Bauernhof. Die Anfangszeit in Euseigne im Wallis war für Alizée Gaillard ein Kulturschock: «Da wir zuerst zu Hause noch kreolisch sprachen, hatte mein Französisch einen dicken Akzent. Ich identifizierte mich in Haiti mit der schwarzen Kultur und hier waren alle weiss. Dazu war es kalt, und es gab immer Käse und Joghurt, was ich mich überhaupt nicht gewohnt war.»

Abnehmen wegen Model-Karriere

Sie profilierte sich in Kunst, Sprachen und Sport, spielte Basketball in der Nationalliga B, aber zu welchem Beruf das führen sollte, war ihr unklar. Sie wollte das KV machen, aber bei der Bank hielt man die Älteste von acht Geschwistern mit vier Mal Basketball-Training pro Woche für zu engagiert. So ging sie weiter zur Schule, machte schliesslich die Matura - unterbrochen von einem Zwischenjahr als «Frankreichs Next Top Model»: «Ich hatte anfänglich wirklich keinen Model-Look und hätte mich selber nie engagiert», erinnert sich Gaillard und verdreht ihre grossen Augen. «Ich musste auch abnehmen. Ich machte viel Sport und ass oft zwei Menüs. Ich hatte keine Ahnung, wie man sich anzieht. Aber in High Heels laufen konnten ich sofort, während andere das zuerst lernen müssen.»

Alizée Gaillard lässt sich nicht nur für Louis Vuitton oder Prada ablichten, sondern posiert auch immer mal wieder nackt - was für Hollywood-Schauspielerinnen unüblich ist. Dabei sagte sie zu Beginn ihrer Karriere noch, dass sie das nie tun würde. «Da war ich noch konservativer und prüder», erklärt die 33-Jährige. «Mit Anfang dreissig fühle ich mich als Frau sexier und stärker denn je. Das wird nicht immer halten. Und warum sich nicht darüber freuen und im Bild festhalten? Ich fühle mich frei und akzeptiere mich voll.»

Alpen-Angelina Alizée Gaillard in Aktion

Alpen-Angelina Alizée Gaillard in Aktion

Man könnte meinen, es sei Angelina Jolie, die hier in einem Werbespot von Biotonique beim Workout ist. Dabei ist es das Schweizer Model Alizée Gaillard. Sie lebt in Los Angeles und arbeitet auch an einer Schauspielkarriere.

07.08.2018

Sie wird oft verwechselt

Akzeptiert hat sie auch ihr Label als «Alpen-Angelina». Kein Tag vergeht, dass sie nicht jemand auf ihre Ähnlichkeit mit Angelina Jolie aufmerksam macht. Oder mit Charlize Theron vergleicht. Geht sie in einen Nachtclub, stellen ihr Paparazzi nach und rufen «Angelina!» Die Ähnlichkeit hat ihr schon Jobs verschafft, obwohl Alizée zehn Jahre jünger ist, wie sie lachend betont. «Ein Problem wird nur, was man selber als solches wahrnimmt: Ich sehe jemandem ähnlich und habe einen Akzent. Mein Mann ist 2 Meter gross - zu gross, finden einige. Jeder hat eine Herausforderung.»

Ihren hünenhaften Mann Darrin Charles, ebenfalls Schauspieler und Model, hat sie kurz nach ihrer Ankunft in Los Angeles in einem Shopping Center kennengelernt. Ihre Wege kreuzten sich, er blieb bei einer Info-Tafel stehen, sie ging zurück und tat so, als müsste sie ebenfalls etwas auf der Tafel nachschauen. Die beiden kamen ins Gespräch, und ein halbes Jahr später waren sie verheiratet. «Ich hätte nie gedacht, dass ich für jemanden so schnell so viel empfinden könnte», strahlt Alizée Gaillard. «In zwei, drei Jahren wollen wir auch Kinder haben - aber das sagen wir schon, seit wir uns kennen. Für Frauen ist es halt schwieriger. Wir sind eine Weile wirklich weg aus dem Beruf, und die Prioritäten ändern sich als Mutter dann ja auch.»

Zunehmender Schönheitswahn

Vorher will sie die Karriere noch weiter vorantreiben. Angst zu scheitern hat sie nicht, aber den Druck des Schönheitswahns spürt auch sie: «All diese Beauty-Trends, diese Operationen und Injektionen, die sie hier machen, sind beängstigend. Als Model geht mehr durch, weil alles retuschiert wird. Auf der Leinwand sieht man breiter aus. Und wieso darf man nicht ein paar Falten haben?» Nicht, dass sie ein bisschen Nachhilfe zu einem späteren Zeitpunkt völlig ausschliesst. Aber so, dass man es nicht sieht natürlich. Überhaupt: Es werde immer eine Schönere geben: «Man muss zufrieden sein, mit dem, was man hat und nicht aussehen wollen, wie andere. Sonst hätte ich meinen Busen schon längst vergrössert!»

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